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Mit einem Porsche GT2 durch den Eurotunnel nach Le Mans

Es ist 19.00 Uhr am Donnerstagabend und in wenigen Stunden muss Classic Driver als Gast von TAG Heuer beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans sein. Also nichts wie rauf aufs Gaspedal in Richtung Eurotunnel mit anschließender Nachtfahrt durch Nordfrankreich.

 

Der englische Begriff ‚peak car‘ für ein Auto oder ein Modell, das seinen Höhepunkt erreicht hat und in technischer Hinsicht nicht mehr verbessert werden kann, bewegt seit einem Jahr die Gemüter der Autoenthusiasten. Er kann angewendet werden auf großartige Klassiker, die alles bieten, was man braucht, um echte Fahrfreude zu erleben. Ihn auf moderne Autos anzuwenden, ist schon etwas kniffliger. Die meisten Super- und Hypercars sind einfach zu schnell, um sie auf der Straße genießen zu können, und das Lenkgefühl und die schiere Größe der Fahrzeuge verhindern das Aufkommen dieses so überaus wichtigen Eindrucks.

Der Porsche 997 gilt, egal in welcher Ausführung, in den Augen vieler als solch ein ‚peak car‘, aber vor mir steht gerade die extremste Ausführung, der GT2. Er wurde Classic Driver für das Wochenende freundlicherweise von einem privaten Besitzer überlassen – mit dem Auftrag, gut auf ihn aufzupassen, aber auch die Spinnweben wegzupusten und ihn damit für einen Renntag im September in Spa startklar zu machen. Auftrag angenommen.

Die Fahrt nach Folkestone dauert eineinhalb Stunden, und uns wurde mitgeteilt, dass wir aufgrund der derzeitigen Beschränkungen eine Stunde vor der Abfahrt da sein müssen. Zum Glück haben wir flexible Tickets gebucht, aber vorher sind da noch die Autobahn M25 und zahlreiche Straßensperrungen zu bewältigen, und nach der Ausschiffung in Frankreich erwartet uns eine fünfstündige Fahrt durch die Nacht. Ach, wir von Classic Driver lieben solche Herausforderungen!

Man ist geneigt zu denken, dass keine Eile besteht, weil das Rennen erst am Samstag beginnt, aber TAG Heuer hat für Classic Driver eine Runde auf der legendären Rennstrecke an der Sarthe in einem Porsche am Freitagmorgen arrangiert, und diese Gelegenheit lassen wir uns auf keinen Fall entgehen. Damit wir diese heiße Verabredung nicht verpassen, haben man uns eine TAG Heuer Carrera-Uhr geschickt, mit der wir die Zeit perfekt im Auge behalten können – jetzt gibt es keine Ausreden mehr!

Es ist 22.30 Uhr, als wir in Folkestone ankommen, und der nächste verfügbare Zug fährt um 23.20 Uhr. Nach einem kurzen Nickerchen wecken wir um 00:55 Uhr französischer Ortszeit auch den GT2 wieder auf. Unsere Route führt uns die nordfranzösische Küste entlang, bevor es hinunter nach Rouen und dann südwestlich nach Le Mans geht. Unsere voraussichtliche Ankunftszeit ist 5.24 Uhr und wir hoffen, dass wir wenigstens duschen können und ein Croissant bekommen, bevor wir auf die Strecke gehen!

Dabei müssen wir auch an einen Tankstopp denken und an unsere Verpflichtung, dieses Ereignis optisch festzuhalten, damit es zu dieser Geschichte auch ein paar Bilder gibt. Es fühlt sich gut an, wieder auf französischen Autobahnen unterwegs zu sein, und mit aufgewärmtem Motor haben wir uns vorgenommen, die berechnete Ankunftszeit nach vorne zu korrigieren. Der 997 GT2 vermittelt ein wunderbares analoges Feeling. Ich hatte die Befürchtung, der Turbo könnte sich bei der Leistungsentfaltung etwas altmodisch gebärden, aber der 997 GT2 ist auf überraschende Weise brauchbar, selbst auf den rauen Straßen in Großbritannien.

Heute sind 523 PS und 680 Nm Drehmoment keine Schlagzeilen mehr wert, aber 2008 war das eine Sensation. In Verbindung mit Elementen des GT3-Chassis war der 997 der bis dato brauchbarste GT2, und während wir durch Nordfrankreich flitzen, wächst unser Vertrauen in ihn stetig. Es gibt keinen beunruhigenden Turboschub, der uns in den nächsten Graben schicken könnte, lediglich eine sanfte, aber kraftvolle Leistungsentfaltung, die uns schon bald dazu verleitet, in den unteren Gängen härter aufs Gas zu treten.

Es ist kurz vor 3 Uhr morgens, als wir rund um Rouen versuchen, ein paar Straßensperrungen zu umgehen. Porsche und Fahrer brauchen jetzt eine Stärkung, also legen wir einen Tankstopp ein und gönnen uns einen schnellen Espresso, um alle Maschinen wieder auf Höchstleistung zu bringen.

Von Rouen aus sind es noch 200 Kilometer nach Le Mans, die Straßen sind verwaist und wir machen kurzen Prozess mit der letzten Etappe. Unser Plan ist es, an der Mulsanne-Kurve anzuhalten, um ein paar Fotos zu machen, aber ein schneller Check über das Navigationssystem verrät uns, dass die Straße gesperrt ist. Wir hatten gehofft, dass sie am Vorabend der Aktivitäten auf der Strecke noch geöffnet ist. Stattdessen stellen wir unser Auto am Haupteingang ab, machen dort einige Fotos und fahren dann weiter zu unserer Unterkunft, dem Château de La Vaudère. Es ist 6.00 Uhr, als wir dort ankommen, und TAG Heuer ist bereits vor Ort, um uns zu begrüßen.

Nach einem kurzen Nickerchen, einer Dusche und einem Croissant (hurra!) machen wir uns wieder auf den Weg zur Rennstrecke, wo uns ein Wochenende mit spektakulären Motorsportaktivitäten erwartet. Der 997 GT2 führt uns auf perfekte Weise vor Augen, warum wir Autos lieben. Die Interaktion, mit der uns analoge Autos begeistern, ist ein wichtiger Faktor, dieser sollte von einigen Herstellern wieder mehr berücksichtigt werden. Zum Glück ist Porsche darin ziemlich gut, und beim Blick auf die analoge TAG Heuer an meinem Handgelenk ereilt mich der Gedanke, dass es Zeit ist, diese Aussage auf der legendären Rennstrecke von Le Mans auf die Probe zu stellen.

 

Fotos: Nine3Co für Classic Driver © 2021