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Guy Berryman von Coldplay zeigt uns seine geheime Autosammlung

Jeder kennt ihn als Bassisten von Coldplay. Doch Guy Berryman hat noch eine zweite, unbekannte Passion. Wie wir am Vorabend der aktuellen Coldplay-Tournee in einer Garage in England erfahren durften, geht seine Begeisterung über das Klischee „Berühmter Rockstar kauft tolle Autos“ weit hinaus.

Mit über 80 Millionen verkauften Platten ist Coldplay ohne Zweifel eine der erfolgreichsten Bands des neuen Jahrtausends. Da könnte man annehmen, die Musik würde das Leben von Guy Berryman bereit svollends bestimmt. Doch wunderbarerweise hat der 39-jährige gebürtige Schotte noch Zeit genug, sich seiner zweiten großen Leidenschaft zu widmen: klassischen Automobilen. Wir haben Berryman an seinem Wohnsitz in den englischen Cotswolds besucht, um herauszufinden, woher sein Interesse an Autos herrührt und welche seltenen Stücke seine Traumgarage füllen. 

Wie sind Sie zu den Autos gekommen?

Ich habe mich noch vor der Musik für sie interessiert. Was ich mit meinen Autos, meiner Sammlung und meinen Restaurationen mache, basiert auf reiner Passion. Ich liebe die Vorstellung, etwas Altes und Rostiges wieder zum Leben zu erwecken. Viele der Autos, die ich kaufe, müssen neu aufbereitet werden. Daher habe ich auch noch nie ein bereits restauriertes Modell erworben, da habe ich keinen Spaß dran. Die Befriedigung kommt vielmehr dadurch, etwas Altes wieder zu verjüngen. Das grenzt mitunter an Masochismus, denn man denkt ja immer, das dauert nur ein paar Wochen. Dabei habe ich Autos, an denen ich auch nach fünf Jahren noch arbeite.

Mit Blick auf Ihre Kollektio, die vom Citroën SM bis zum Bugatti Veyron reicht  – was inspiriert Sie bei der Auswahl?

Ich kaufe Autos, die ich mag. Die meisten erwarb ich, bevor die Preise verrückt spielten. Daher ist ein spezieller Teil meines Gehirns zwar nun auf die Investment-Abwägungs-Schiene gepolt, doch das ist nicht der Hauptgrund für meine Kaufentscheidung. Ich überlege mir sehr genau, welche Autos bleiben – es gibt eine feine Linie zwischen einem Sammler und einem, der Autos nur hortet. Nach einigen Autos suche ich konkret, andere kommen auf teils bizarre Weise eher zufällig zu mir. 

Können Sie uns ein Beispiel für solch ein Auto nennen?

Ja, diesen kleinen Abarth Zagato. Ein Freund aus den Staaten rief mich an und sagte, dass er ihn entdeckt hätte. Ein Mann aus Milwaukee habe ihn zuvor seit Jahrzehnten besessen. Auf den Bildern, die er mir schickte, war das Auto noch rot lackiert, hatte aber zugleich auch diese seitlichen Lüftungsschlitze. Niemand konnte mir sagen, warum die da waren. Mich reizte es, die Herkunft des Autos herauszufinden, also schlug ich spontan zu. Ich liebe es, Nachforschungen anzustellen, und habe ein großes Archiv mit Büchern und alten Magazinen. Darin vertiefte ich mich und fand heraus, dass es sich um den ursprünglich im Besitz von Elio Zagato befindlichen Monza-Rekord-Prototypen von 1957 handelte. Ich entdeckte alte italienische ASI-Dokumente mit seinem Namen drauf. Der Wagen wurde in den 1950er Jahren von Zagato und anderen italienischen Herrenfahrern intensiv eingesetzt. Ich fand Hunderte von Bildern, und auf dieser Grundlage rekonstruierten wir die Original-Lackierung und haben das Auto auch sonst originalgetreu restauriert. 

Und am anderen Ende der Fahnenstange haben wir diesen Veyron hier...

Für mich ist das der größte Superstar unter allen Autos. Es gibt eine kleine Tankstelle hier in der Nähe, an der ich immer die verschiedensten Autos auffülle. Manchmal kommen Leute vorbei, sagen ‚Hallo’ und kommentieren mein Auto. Als ich erstmals mit dem Veyron anhielt, verursachte das einen regelrechten Volksauflauf. Die Kassierer, Leute beim Einkaufen und Tanken, alle strömten zusammen. Mir war das fast schon peinlich. Das Auto war eine Sensation, als es herauskam. Und selbst wenn man sonst nichts über Autos weiß – der Veyron sagt allen etwas. Das Fahrerlebnis ist mit keinem anderen Auto vergleichbar — wenn Du das Gas runterdrückst, wird so viel Luft von oben in Richtung Motor gedrückt und angesaugt, dass Du Dich wie in einem Raumschiff fühlst. Einfach herrlich.

Woher rührt Ihre Liebe zum Ferrari Dino?

Ganz einfach: Von seiner Form. Das ist eines der Autos, die ich als Matchbox-Spielzeugmodell hatte. Für mich ist das noch immer der schönste Ferrari aller Zeiten. Die Form hat mich schon begeistert, als ich erst zwei oder drei Jahre alt war. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

War es schwer, den richtigen Dino zu finden?

Ich kaufte ein silbernes Exemplar in gutem Zustand, doch es gab einige Dinge, die mir nicht gefielen. Kleine Mängel hier und da. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich viele Autos, und meine Freundin Keshia war auch nicht scharf darauf, noch mehr anzuschaffen. Doch ich fand einen anderen Dino, auch in Silber. 

Welche Story verbirgt sich hinter Ihrem Jaguar E-type?

Das Auto ist Nummer sechs der ersten Produktionslinie, also einer der allersten E-types überhaupt. Erstbesitzer war der legendäre Ferrari-Importeur für das Vereinigte Königreich, Colonel Ronnie Hoare. Er nahm den Jaguar mit zu einem Ferrari-Händler, damit die Jungs dort sehen konnten, welche Konkurrenz ihnen hier erwuchs. Sie nahmen ihn komplett auseinander, setzten ihn wieder zusammen und verkauften ihn dann an Mike Hailwood. Ich werde dem E-type jetzt bald restaurieren, doch sehr behutsam. Allein das Interieur könnte Einiges erzählen, ganz sicher.

Hegen Sie noch Sympathien für andere Maschinen?

Ich tourte einmal mit einer Vorgruppe und freunde mich mit dem Schlagzeuger an. Wir entdeckten bald unsere gemeinsame Vorliebe für Spitfires und entschlossen uns, ein Exemplar anzuschaffen. Wir waren regelrecht besessen von der Idee und fanden endlich ein „Projekt“. Im Grund nicht mehr als in Kartons verpackte Einzelteile und eine Identifikationsnummer. Wir kamen recht weit mit der Restaurierung, kamen aber irgendwann zum Schluss, dass es unsere Fähigkeiten übertraf. Stattdessen kauften wir dann eine Tiger Moth. Bald stellten wir aber fest, dass wir auch für dieses Fluggerät nicht qualifiziert genug waren. Also schickte ich das Ding zu einem Spezialisten, der es wieder in seinen ursprünglichen militärischen Originalzustand zurückversetzte und es weiterverkaufte. Auch wenn das nicht reibungslos lief, ist es schön zu wissen, dass wir wieder einen dieser Flieger zurück in die Luft gebracht haben. Doch danach blieb ich ganz bei den Autos hängen. 

Wie zeitintensiv ist Ihr Hobby?

Am meisten Zeit verschlingen die Nachforschungen. Jedes Mal, wenn ich jetzt ein Auto kaufe, stelle ich mir die Frage: Habe ich wirklich Zeit genug, ab jetzt zwei Jahre in Forschungen zu diesem Fahrzeug zu investieren? Dennoch verbringe ich mittlerweile meine gesamte Freizeit mit Autos. Ich interessiere mich zwar auch für Fotografie, Kunst, Design und so weiter, doch mein Hauptinteresse gilt Automobilen. Selbst wenn wir auf Tournee sind, schicke ich E-Mails an Zulieferer, auf der Suche nach Teilen. Und zugleich arbeiten während meiner Abwesenheit die Jungs hier in der Werkstatt voll weiter.

Sie gehen ja der Vergangenheit Ihrer Modelle sehr akribisch auf den Grund und archivieren diese auch. Wie weit treiben Sie diese Recherchen?

Zeitweise engagierte ich sogar Privatdetektive, die in meinem Auftrag frühere Besitzer ausfindig machten. Manchmal dauern Recherchen Jahre, doch lohnt sich der Aufwand. Nehmen Sie nur meinen Alfa Romeo 6C Villa d’Este, der eine unwiederholbare, aber zuvor völlig unbekannte Vergangenheit besitzt. Ich fand ihn in Atlanta. Als ihn sein früherer Besitzer 1964 erstand, war er Weiß lackiert und hatte schon einen PS-gewaltigen Corvette-Motor unter der Haube. Dazu seitlich austretende Auspuffrohre. Und wieso? Nun, weil er zuletzt bei Dragster-Rennen an den Start gegangen war, wovon noch zahlreiche Bleistift-Markierungen auf der Karosserie zeugten! Können Sie sich das vorstellen: Solch ein wundervolles Auto, 1961 in Italien gebaut, danach nach Deutschland geliefert, wird 1964 in Atlanta nach einem Leben als Dragster verkauft?

Gibt es noch Autos, von denen Sie träumen?

Im Moment habe ich so ziemlich alles, was ich mir vorstelle. Es sind jetzt 25 Autos in der Sammlung, dabei sollte es bis auf Weiteres bleiben. Mein Ferrari 275, ein Miura und ein Vignale Spyder sind alle gerade zur Restaurierung, und das sind ja alles Traumwagen. Ich halte jetzt ab und an auch Ausschau nach Rennwagen. Doch in Bezug auf Autos, die ich wirklich liebe – elegante europäische Modelle aus den 1960er-Jahren – bin ich bestens sortiert. Ich schätze mich wirklich glücklich. Ich liebe Autos und die Musik – zwei große Passionen, die mein Leben ausfüllen. 

Fotos: Tom Shaxson for Classic Driver © 2017

 

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