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Art & Revs ist der siebte Himmel für Langstrecken-Rennlegenden

Wer hätte gedacht, dass sich der Himmel für Langstrecken-Rennwagen ausgerechnet im kleinen Luxemburg befindet? Bei Art & Revs werden die Le Mans-Helden vergangener Tage von Florent Moulin liebevoll gepflegt.

Eine junge Generation von Sammlern und Enthusiasten drängt auf den Markt und steigert das Interesse an Langstreckensportwagen aus der modernen Ära. Zeugnis dieser Entwicklung sind prosperierende neue Serien wie die Global and Masters Endurance Legends. Florent Moulin, Gründer von Art & Revs in Luxemburg, hat diesen Trend maßgeblich mit beeinflusst. Während sein Kerngeschäft auf der Vermittlung traditioneller Sammlerautos beruht, begann er vor rund zehn Jahren, sich zusätzlich auf den Kauf und den Einsatz von Rennwagen aus den Neunziger- und 2000er-Jahren zu fokussieren. 

Art & Revs ist mittlerweile eine der wichtigsten Anlaufstellen für Fahrer, die in der neuen und jungen Subkultur des historischen Rennsports einsteigen wollen. So stehen im 3000 Quadratmeter großen Showroom nicht nur vielfache Le Mans-Sieger, sondern auch weniger bekannte Rennwagen – wann haben Sie beispielsweise zum letzten Mal einen Panoz gesehen? Art & Revs organisiert aber auch die Restaurierung, den Transport, die Rennvorbereitung und den Service der anspruchsvollen Sportgeräte. Das Angebot richtet sich vom Fahrer eines Lola T70, der bei einer historischen Rennserie startet, bis zum Piloten eines Alpine LMP2, der an einem Testtag den Ground Effect seines Fahrzeugs am eigenen Leib erspüren will. Und wer den atemberaubenden Showroom einmal betreten hat, kommt so schnell nicht mehr heraus.

Was sind Ihre frühesten automobilen Erinnerungen?

Ich bin im französischen Saint Chamond aufgewachsen – jenem Ort, in dem auch die Eltern von Alain Prost lebten. Unsere Häuser lagen nur 200 Meter weit auseinander. Wir haben ihn regelmäßig in der Stadt gesehen und meine Großeltern nahmen mich in das gleiche Restaurant mit, das Alain zusammen mit seinen Eltern besuchte. Wenn Prost gewann, stand der ganze Ort gefühlt mit ihm auf dem Siegertreppchen, er war der „Local Hero“. Meine Begeisterung für Rennwagen wurde vermutlich durch Alains Karriere inspiriert – und vom Renault 12 Gordini meines Vaters mit seinen seitlichen Auspuffrohren. 

Wie haben Sie diese Leidenschaft als Jugendlicher weiter genährt? 

Meine Elternwaren Mitglieder in einem Club für klassische Automobile, jedoch nicht im Motorsport involviert. Mein Vater, ein Architekt, hatte eine kleine Sammlung von Jaguar- und Bentley-Modellen. Mein Interesse an Autorennen erwachte an den Sonntagen, an denen ich vor dem Fernseher saß und mit Alain Prost mitfieberte. Der Höhepunkt kam 1990, als Prost für mein damaliges Lieblingsteam Ferrari die ganze Saison über mit Ayrton Senna im McLaren um den WM-Titel kämpfte. Ich war erst 12 Jahre alt, doch war Senna für mich der Teufel in Menschengestalt! Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch noch nie ein Rennen live erlebt. Zugleich hatte aber ein starkes Interesse an der Motorsporthistorie und liebte es, in Magazinen über die Entdeckung und anschließende Restaurierung alter Jaguar und Ferrari zu lesen. 

War eine mit Autos verbundene Karriere also quasi vorgezeichnet?

Nein, meine Familie wünschte sich von mir zunächst ein langwieriges Studium, doch war mir bald klar, dass das kein Leben für mich war. Also hängte ich das Jurastudium mit 21 Jahren an den Nagel und begann 1999 mit dem Handel von klassischen Autos, anfangs mit Simca 1000. Zu Beginn ohne jede Hilfe und finanzielle Rücklagen. 

Wie kam es dazu, dass die im Jahr 2009 ihre Firma Art & Revs in Luxemburg gegründet haben?

Nachdem ich zehn Jahre in Frankreich gearbeitet hatte, wollte ich einen Schnitt machen und entschied mich aus vielerlei guten Gründen zum Umzug nach Luxemburg. Es ist ein schönes Land im Herzen Europas und ein großartiger Platz für Unternehmer. Ich hatte Glück, dort einige tolle Menschen zu treffen, darunter meine zukünftige Frau! Der Name „Art & Revs“ steht für die Symbiose aus Ästhetik und Leistung, weil viele Autos den Rang künstlerischer Meisterstücke erfüllen – und zwar bei hoher Drehzahl. Skulpturale Formen, Emotionen und Performance sind Schlüsselelemente in meiner Welt.

Warum liegen ihnen die modernen Langstrecken-Rennwagen so sehr am Herzen? 

Als ich in den Neunzigerjahren die 24 Stunden von Le Mans entdeckte, war das für mich eine echte Offenbarung. 1999 übertrug das französische Fernsehen erstmals die komplette Nacht des Rennens, was meine Begeisterung noch einmal richtig anfachte. BMW und die Oreca Viper gewannen das Rennen, was mich sehr freute, waren sie doch meine Favoriten. Von da an verlagerte ich mein persönliches Interesse auf Langstreckenrennwagen. In den 2000er-Jahren hatte ich viele denkwürdige und prägende Erlebnisse und traf zugleich einige der „richtigen“ Leute wie Oreca-Chef Hughes de Chaunac. Ich habe während dieser Zeit sehr viel gelernt und nutzte die Erfahrungen zur Entwicklung meines Geschäfts. Ich bin so etwas wie ein Pionier beim Sammeln solcher Autos – ich kaufte meinen ersten Le Mans-Wagen 2005 und dann 2007 mehrere Dodge Viper. In den letzten zehn Jahren habe ich Zugang zu den Autos und den dazu gehörenden Leuten bekommen, ergänzt um das Wissen über die Technik. Ich habe diese Autos sozusagen aus dem Markt für gebrauchte Rennwagen in den Sammlermarkt überführt. 

Man nennt Sie ja auch den „Viper Charmer“ – woher rührt Ihre Faszination für die Giftschlange von Dodge? 

Eines der ersten Automagazine, die ich 1989 kaufte, hatte eine Viper Konzeptstudie auf dem Titel. Ich fand das Auto auf Anhieb faszinierend – mit seinem V10-Motor und den voluminösen Kurven. Obwohl ich nie wirkliches Interesse an amerikanischen Autos hatte, versprühte die Viper ähnlich viel Charisma wie ein Ferrari oder Porsche. Als Chrysler damit anfing, Rennen zu fahren, lachten noch alle. Doch am Ende schlugen die Dodge Viper in GT-Rennen sogar Porsche und gewannen vier Jahre lang mit Oreca fast alle Trophäen. Der GTS-R ist selten, leicht zu fahren und wunderschön anzusehen. Am meisten Respekt aber habe ich vor seinem Erfolg. Daher werde ich das Le Mans-Siegerfahrzeug von 1999 nie verkaufen – es ist schließlich das Auto, das ich an diesem denkwürdigen Abend auf seiner Siegesfahrt verfolgte. 

Wie erklären Sie sich, dass diese Rennwagen in den letzten Jahren derart populär geworden sind?  

Das ist ein zyklisches Phänomen. Ein Rennwagen ist im Neuzustand begehrenswert und teuer, doch nach im Schnitt fünf Jahren ist er nicht länger der Schnellste oder wegen Auslaufens der Homologation nirgendwo mehr startberechtigt. An diesem Punkt geraten solche Autos oft in Vergessenheit oder werden von den Besitzern vernachlässigt, weil sie kein Geld für ihren Erhalt investieren wollen. Das war schon bei Bugatti aus den 1950er-Jahren und Ferrari aus den 1970er-Jahren der Fall. Als ich begann, diese jüngeren Le Mans-Wagen zu kaufen, unkten die alteingesessenen Sammler: „Diese modernen Wagen werden nie wertvoll sein.“ Doch genau das ist heute eingetreten. Das Leben ist ein Kreislauf, und das Rad dreht sich immer weiter. 

Glauben Sie, dass das Interesse an diesen Autos weiter zunehmen wird?

Als ich vor zehn Jahre meine Autos erstmals zu Rennen mitnahm, sagten mir viele Sammler, dass sie niemals Autos mit so viel Elektronik einsetzen würden. Heute besitzt jeder ein Smartphone und checkt alle fünf Minuten seine E-Mails. Die Elektronik in einem Auto ist dein Freund. Sie erhöht die Zuverlässigkeit, erleichtert das Setup und überwacht den Fahrstil. Viele Sammler werden in diesen Markt einstiegen, weil sie ein höheres Sicherheits- und Leistungsniveau anstreben. Oder weil sie schlicht etwas Neues ausprobieren wollen. Seit 30 oder 40 Jahren haben wir Ford GT40 und Lola T70 bei historischen Motorsportevents gesehen – jetzt hält die nächste Sammlergeneration eben nach etwas Neuem Ausschau!

Wie beurteilen Sie die allgemeine Situation auf dem Sammlermarkt in den letzten Monaten? Wohin geht die Entwicklung? 

Der Gesamtmarkt für Sammlerautos mit Straßenzulassung ist eher rückläufig, der für Rennwagen, speziell für solche aus den 1990er- und 2000er-Jahren, dagegen steigend. Mit Blick in die Zukunft denke ich aber, dass beide Segmente auch weiterhin gute Perspektiven haben. Denn historische Autos sind nur begrenzt verfügbar und werden auf einem expandierenden Markt angeboten. In den 1960er-Jahren noch ganz auf Europa beschränkt, erreichte der Markt für klassische Automobile in den 1970er-Jahren die USA, in den 1980er-Jahren Japan und wurde spätestens seit 2000 global. Die einzig variable Stellschraube auf jedem Markt ist der Preis.  

Sie sind ein ehrgeiziger Rennfaher und von Le Mans bis Daytona fast überall gestartet. Welches Rennen mit welchem Auto verursachte denn das größte Kribbeln? 

Ich betrachte mich eher als Sammler, und meine wirkliche Passion liegt im Aufspüren von Autos sowie in der Restaurierung meiner eigenen Autos und von Kundenfahrzeugen. Aber klar, natürlich führe ich meine Autos auch gerne bei prestigeträchtigen Events aus. Doch eine ganze Meisterschaft wäre nichts für mich. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Meinen Dallara LMP900, der 2001 mit seinem 4,0 Liter großen und von einem Formel 1-Triebwerk abgeleiteten V10 auf Platz vier im Gesamtklassement von Le Mans einlief, siegreich bei den Daytona Classics bewegt zu haben, ist meine bislang schönste Motorsport-Erinnerung. Inzwischen bin ich aber in die Rolle des Teammanagers geschlüpft, was ebenfalls eine überraschende Quelle der Freude ist.

Ihren Showroom füllt eine sehr erlesene Mischung an Autos – nach welchen Kriterien wählen sie sie aus?

Ich denke, dass die Sammlung, die zum Großteil aus Kundenautos besteht, zum Teil die Ursprünge meiner eigenen Passion widerspiegelt. Wie schon gesagt, wurde ich schon in jungen Jahren sowohl von der klassischen wie der motorsportlichen Autowelt beeinflusst. Während meiner Karriere habe ich mich dann vor allem auf seltene Straßen- und Rennwagen fokussiert, die zugleich auch eine Geschichte zu erzählen haben. Bei allen ist Seltenheit das Schlüsselmotiv.

Sie unterhalten auch eine Werkstatt, die Restaurierungen und Servicearbeiten durchführt. Wie finden Sie Personal, das das nötige Fachwissen mitbringt, um an diesen Fahrzeugen zu arbeiten? 

Es gibt zwei Methoden, um die richtigen Leute an Bord zu holen. Zunächst muss man hocherfahrenes Personal suchen, ausgestattet mit den notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen. Dann im zweiten Schritt motivierten und begeisterungsfähigen Youngstern die Möglichkeit geben, von den „alten Hasen“ zu lernen. Ich erlebe immer wieder, dass die jungen Kerle sehr schnell lernen, wenn die Kommunikation stimmt. Methodik, Disziplin und Motivation sind die Schlüssel. Im letzten Jahr haben wir vier Autos in Daytona an den Start gebracht, zwei von ihnen gewannen ihre Klasse. Nicht schlecht für ein junges Team aus Luxemburg, oder?

Fotos: Rémi Dargegen for Classic Driver © 2018

Das gesamte Angebot von Art & Revs finden Sie im Classic Driver Markt.