Mercedes-Benz baut überaus komfortable Reiselimousinen und – in Zusammenarbeit mit AMG – einen der besten Achtzylindermotoren der Welt: den AMG 5,5 Liter V8-Kompressormotor. Classic Driver Steve Wakefield kam in den Genuss, diesen Motor im CLS 55 AMG zu „erfahren“.
Während ich mich das erste Mal in den Fahrersitz des Mercedes-Benz CLS 55 AMG fallen lasse, frage ich mich, ob der CLS mehr Limousine oder mehr Coupé ist? Auf dem Sitz hinter dem Volant kommt man der Windschutzscheibe und dem Innenspiegel gefährlich nah, doch möchte man aus Rücksichtnahme auf die Beinfreiheit der Fond-Passagiere nicht weiter mit dem Gestühl nach Hinten weichen. Die Sorge um die Beine meiner Mitfahrer ist jedoch völlig unberechtigt, denn die Interieur-Designer bei Mercedes haben es geschafft, den Fond der Coupé-Limousine großzügig zu gestalten.
Von meinem – jetzt weit nach hinten gestellten – Sitz übe ich mich in Selbstbeherrschung und studiere erst den Innenraum, bevor ich den PS-Boliden die Sporen gebe. Das Cockpit ist schön und dabei ebenfalls funktional. Mir fehlt ein wenig die Extravaganz, wie man sie zum Beispiel in einem Bentley Continental GT vorfindet. Sie haben völlig recht, der Vergleich krankt ein wenig, muss man doch den hohen Preisunterschied bedenken. Nichts desto trotz erinnert mich das Innenraumkonzept der Stuttgarter Autoschmiede an die wahren Werte, oder wie wir in England sagen: „European old-money-style“.
Doch kommen wir nun zum Wesentlichen: Dank des Keyless-Go-Systems brauche ich nur den Startknopf zu drücken – und da ist es! Das zurückhaltende, aber trotzdem fordernde Grollen des V8-Motors. Den Automatikwahlhebel auf D stellen. Das Gaspedal erst sanft, dann etwas energischer in Richtung Bodenblech pressen. Und die Beschleunigung ergreift mich mit beeindruckender Wucht. Ich habe das Gefühl, als werden der CLS und ich gerade von einem F-16 Kampfjet abgeschleppt. Das Leistungsfeuerwerk endet bei 6.100/min, aber es sind die 700 Nm zwischen 2.650/min und 4.500/min die diesen V8 zu einem der Besten seiner Zunft machen. Im normalen Fahrbetrieb lässt sich das Motorgeräusch lediglich erahnen, aber sobald man die Drehfreude des Motors fordert, ist das Brüllen der acht Zylinder nicht zu überhören.
Für die Richtige Bodenhaftung sorgt das von AMG speziell eingestellte Airmatic-Fahrwerk zusammen mit den 19“ Rädern. Beide Komponenten verleihen dem CLS das richtige Fahrverhalten, egal ob sportliches Fahren auf der Schnellstrasse oder bequemes Gleiten durch den Großstadtverkehr. Der CLS ist wohl die sportlichste Limousine, die ich bis jetzt gefahren bin – jedoch eine Nuance mehr Bissigkeit würde dem Wagen gut tun. Wer schnell unterwegs ist, braucht gute Bremsen. Dieser Punkt geht eindeutig an die Stuttgarter. Die als Option erhältlichen Composite-Bremsen bringen den Wagen souverän zum Stillstand. Hätten wir hier im westen Englands Berge, würde ich mit Freuden die Serpentinen hinauf und herab fahren – und könnte wahrscheinlich nicht genug davon bekommen.
Wie es sich für einen Mercedes-Benz gehört, ist die Liste der Extras lang und umfangreich. Mein ganz persönliches „CLS-Menü“ würde ungefähr so aussehen: Der radargesteuerte Abstandssensor mit integriertem Tempomat Distronic – am Anfang ist dieses System etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach kurzer Zeit ein sehr angenehmes Feature. Als zweiter Gang kämen bei mir die „Multikontur-Sitze“ auf den Tisch. Besonders die Luftkühlung ist eine Option die einen langen Trip durch Südeuropa angenehmer gestalten kann. Etwas verwundert war ich darüber, dass auf der Optionsliste das Comand APS auftaucht. Ich würde von einem Wagen in dieser Preisklasse eigentlich erwarten, dass ein Entertainment- und Navigationssystem im Preis inbegriffen ist oder zumindest nicht fast 2.000 Pfund kostet. Wie auch immer, so ein System gehört heute einfach dazu – also gekauft. Dagegen kann ich sehr gut auf Spielereien wie die Linguatronic oder die Reifendruckanzeige verzichten.
Teuerster Posten in der Extraliste ist das Performance Paket! Es beinhaltet die oben erwähnten Composite-Bremsen zusammen mit einer speziellen Anti-Schlupf-Regelung, dem Sportlenkrad mit Alcantara-Bezug und dem bis auf 300 km/h einstellbaren Tempomaten. Sie fragen sich, ob diese Dinge 6.800 Pfund wert sind? Definitiv! Und zwar jeden einzelnen Penny.
Mein Urteil: Der CLS 55 AMG ist eine fantastische Limousine mit einer sehr sportlichen Attitüde. Ich habe noch nie ein Auto erlebt, das vier Personen bequem Platz bietet und gleichzeitig die Performance eines Sportwagens vermittelt. Die Fahreigenschaften entsprechen genau dem, was man von einem Mercedes-Benz erwartet. Egal ob Beschleunigung oder Bremsverhalten, der CLS ist absolut zuverlässig. Obwohl man merkt, dass der CLS in hohen Stückzahlen produziert wird, tut das dem guten Gesamteindruck keinen Abbruch. Wer etwas sportlich-elegantes, gewürzt mit etwas Extravaganz sucht, hat es mit dem Mercedes-Benz CLS 55 AMG definitiv gefunden.
Text: Steve Wakefield
Fotos: Classic Driver
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