HBH-Designer Christian Brandt, Jesper Hermann. |
Im Mai verkündete die dänische Firma HBH ihren Plan, einen Mittelmotor-Supersportwagen auf Basis des Aston Martin V12 Vantage zu bauen. Wir haben mit Chefdesigner Christian Brandt über Kreativprozesse und Designtraditionen gesprochen.
Herr Brandt, was ist die Idee hinter dem Design Ihres Sportwagenprojekts – und wie kann man sich den Schöpfungsprozess vorstellen?
Die Idee ist es, die Le-Mans-Rennwagen und Straßensportwagen von Aston Martin in einem neuen Modell zusammen zu bringen. Der Anspruch des Designs ist es nun, das Mittelmotor-Layout mit der klassischen Designlinie der Marke zu verbinden. Wir beginnen immer mit der Definition eines Gesamtkonzepts, bevor wir uns an den Zeichentisch setzen. Wir diskutieren das Design zunächst in der Theorie und arbeiten einen konzeptuellen Rahmen aus. Erst dann steht die Basis für den visuellen Prozess. In diesem ging es schließlich darum, dem zeitlosen Aston-Martin-Look treu zu bleiben – und doch ein eigenständiges, unabhängiges Design zu schaffen, das für die Einstellung von HBH steht: klassisch und doch modern, elegant und dennoch aggressiv.
Wie wirkt sich der Mittelmotor auf das Design aus?
Alle Seriensportwagen von Aston Martin haben Frontmotoren. Abgesehen von den LMP1-Rennwagen hat Aston Martin bisher erst einen Mittelmotor-Prototypen gebaut – das Bulldog Concept von 1979. Die Proportionen und Formgebung der Straßenmodelle wie etwa dem DB9 stehen natürlich in direktem Zusammenhang mit der Motorenanordnung, aus der sich die langen Frontpartien und kurzen, muskulösen Heckabschlüsse ergeben. Deshalb musste mit der neuen Motorarchitektur auch das gesamte Volumen neu konzipiert werden. Das visuelle Gewicht ist von der Front ins Zentrum gerückt.
Wie sehr wurden Sie dabei von der Designtradition von Aston Martin beeinflusst?
Das Design unseres Supersportwagens nimmt Elemente verschiedener historische Aston Martin in sich auf. Es ist zunächst einmal deutlich länger, breiter und flacher als der V12 Vantage, den wir als technische Grundlage nutzen. Auch die Räder sind weiter nach oben gerückt, was sich in muskulös geschwungenen Radhäusern nach Vorbild des wunderbaren DBR1 manifestiert. Der Kühlergrill ist dagegen eine Interpretation der Front des DB3. Der Grill steht auch für den Supersport-Anspruch, er ist deutlich breiter als bei den aktuellen Aston-Modellen. Das Kamm-Heck bezieht sich derweil auf den DB6, dient aber vor allem der aerodynamischen Optimierung und Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Auch zu den DBR9-Rennwagen kann man hier Parallelen ziehen.
Welchen Stellenwert hat denn die Form bei einem derartigen Einzelprojekt?
Das Design ist natürlich besonders wichtig. Es ist ja offensichtlich, dass sowohl die Produktionsqualität als auch die technischen Lösungen einem sehr hohen Anspruch gerecht werden müssen. Dennoch ist es gerade der Look und die Straßenpräsenz, die dem Sportwagen seine Identität verleihen. Gutes Design ist natürlich auch eine Wertanlage: Sowohl was die Fahrfreude angeht, als auch finanziell. Einige der schönsten Autos der Welt sind ja auch die teuersten. Ich glaube, dass unser Supersportwagen nicht nur ein fantastisches Automobil für Fahrer und Sammler ist, sondern auch für Investoren.
Möchten Sie dem Designteam von Aston Martin etwas sagen mit Ihrem Projekt?
Ganz und gar nicht. Wie ich schon gesagt habe, ist das Projekt ein Tribut an Aston Martin und das Markendesign. Es ist nicht an uns, Aston Martin bei seiner Designpolitik zu beraten. Wir versuchen nur, auf Basis der fantastischen Grundlage des Aston Martin V12 Vantage unsere eigenen technologischen und stilistischen Ideen umzusetzen. Dennoch hoffen wir natürlich, dass auch dieses externe Projekt einmal zu den Meilensteinen des Markendesigns gezählt werden wird. Wir glauben einfach daran, dass es unter den Aston-Martin-Besitzern und Sportwagenenthusiasten ganz allgemein solche Individualisten geben muss, die gerne einen Super-Aston mit Mittelmotor-V12 besäßen.
Interview: Classic Driver