Den Range Rover im Geiste: Die Special Editions des Land Rover Defender von Twisted Performance vereinen den nützlichen und markigen Charakter der Geländelegende mit einem Plus an Luxus und Leistung. Für einen ersten Fahreindruck haben wir einen Ausflug durch das zugegeben urbane London unternommen.
Twisted! Ende Januar hatten wir das Unternehmen und seine jüngsten Interpretationen des klassischen Land Rover Defenders in unserem Auto der Woche ausführlich vorgestellt. Tatsächlich blickt der Land-Rover-Enthusiast Charles Fawcett aus North Yorkshire auf reichlich 4x4-Erfahrung zurück. Im Jahr 2000 gründete er sein Unternehmen. Schnell erwarb er sich in engagierten Landy-Kreisen einen Ruf für seine Upgrades und Umbauten. Vor drei Jahren arbeitete man noch zu dritt an den Fahrzeugen. Mittlerweile zählt die Belegschaft 14 Mitarbeiter und die Expansion dauert an. Das liegt unter anderem an der nochmals entfachten Begeisterung an der kantigen Gelände-Ikone. Twisted selbst erwarb im vergangenen Jahr 80 Fahrzeuge, um diese nach eigenem Gusto zu verfeinern und der geneigten Kundschaft anzubieten. Seit längerem schon reifte die Idee zur Special Edition. Derzeit werden rund zehn Fahrzeuge pro Monat umgebaut. Für eine Kleinserie bemerkenswert viele, was auch daran liegt, dass Twisted auch ältere Fahrzeuge umrüstet und auf den neuesten Twisted-Stand bringt.
Der ungewöhnliche Ansatz von Twisted erlaubt es der Firma, ihre Fahrzeuge einem gänzlich anderen Publikum anzubieten, als es der Defender in seiner nun schon über 64 Jahre dauernden professionellen Karriere je im Sinn hatte. Wenn ein neuer Twisted verkauft wird, nehmen die Briten nicht selten einen Audi RS5, einen BMW M3 oder einen Porsche 911 dafür in Zahlung. Das dokumentiert, aus welcher Ecke die Twisted-Fahrer kommen. Die Special Edition bietet schlicht einen unverfälschten und sehr authentischen sportlichen Charme, gepaart mit ordentlich Leistung. Das Gesamtergebnis ist ein Ausdruck an sichtbarer Wertigkeit. In dieser Kombination ist das andernorts kaum erhältlich.
Die meisten dieser Fahrzeuge allerdings dürften nach ihrer Kur eher als Road Rover, denn als Land Rover unterwegs sein. Deswegen haben wir uns auch für einen Ausflug in die Innenstadt von London entschieden, um exakt hier die Tugenden des Twisted zu erfahren. Auto fahren in London? Moment mal, da war doch was! Zugegeben, das ist nicht immer ein Vergnügen. „Schöner Schlange stehen“, lautet oft das Motto - auch in dieser Übung muss sich ein Fahrzeug behaupten, um den Test zu bestehen. In einem luxuriösen Range Rover ist das kein Thema. Hier weilt man, wie in einem Gentleman‘s Club an der Pall Mall. Doch wie ist das Erlebnis im Twisted?
Äußerst angenehm, wie wir feststellen dürfen. Als Testwagen haben wir einen Land Rover 90 aus der Retro-Linie mit Soft-Top und einen 110er aus der Alpine-Reihe zum Dienst gerufen. Neben den optischen Veränderungen erhalten alle Fahrzeuge einige grundsätzliche Änderungen: Es kommen weichere Federn zum Einsatz, ein behutsames Motor-Tuning und akustische Verbesserungen in Gestalt von Dämmungen der üblichen Defender-Dröhn-Geräusche. Darüber hinaus können Kunden eine Reihe weiterer Optionen wählen, beispielsweise auch einen Td5 Motor mit rund 250 PS Leistung und einer Gewehrhalterung in der Kabine. Einige Kunden machen hiervon durchaus Gebrauch. So haben die Profis von Twisted bereits auch ein Dusch-System eingebaut, um sich den Schmutz von den Wellingtons zu spülen. Aber auch edle Ausstattungen, analog des Holland & Holland Range Rovers, sind machbar.
Auf der Straße zeigt sich, dass die Twisted Land Rover spürbar weicher zu Werke gehen, als das ungefilterte Original. Dennoch bleibt der typische Defender-Charakter erhalten. Sie sind immer noch echte Männer-Autos, die eine starke Hand am Steuer verlangen, ein gut trainiertes linkes Bein für die Kupplung und einen kräftigen Arm für die erforderlichen Gangwechsel im verstärkten Getriebe. Aber sie sind gleichzeitig auch leiser, komfortabler und insgesamt einfach feiner im Ausdruck, als man gemeinhin bei deren Anblick erwarten würde. Wer damit nicht zufrieden ist, kann jedoch auch eine direktere Lenkung ordern oder auf ein ZF-Automatikgetriebe umsatteln. Jeder vierte bei Twisted umgebaute Defender wird mittlerweile damit ausgerüstet. Nichts ist unmöglich? Nicht ganz: Die oftmals als störend empfundene Position der Handbremse lässt sich kaum ändern.
Dafür bietet die Firma ein Feder- und Dämpfersystem in Zusammenarbeit mit Eibach und Billstein an, welche sowohl Handling als auch Komfort gleichermaßen verbessern sollen. Bei alledem bleibt die Steigerung der Motorleistung die Kernkompetenz von Twisted - ganz gleich bei welcher Motorvariante. Auch der legendäre V8-Benziner lässt sich noch upgraden. Und zwar so weit, dass der Offroader dem G 55 AMG von Mercedes ebenbürtig sei, so Twisted Performance. Wir würden ein solches Fahrzeug in einer dezenten Farbe wählen und es als „Q-Car“ des Jahres favorisieren.
Da vom Werk ausgelieferte Land Rover Defender immer noch vergleichsweise spartanisch daher kommen, bieten sie zahlreiche Möglichkeiten der Aufwertung. Twisted bietet zahllose Änderungen und Upgrades an, inklusive Recaro-Sportsitzen, Bezügen und Verblendungen aus Nappa Leder sowie ein verbessertes Multimedia-System. Am geschmackvollsten ist vielleicht das hölzerne Lenkrad, welches beim Retro-Modell montiert ist. Alle Achtung: Tatsächlich kann ein gut gedämmter Twisted Land Rover mit voller Lederausstattung in punkto Komforterlebnis im Londoner Stadtverkehr mit einem Range Rover durchaus mithalten.
Viele der eingesetzten Teile stammen aus eigener Fertigung. Der Qualitätsstandard sei dabei so hoch, dass Twisted die Werksgarantie für das Fahrzeug übernimmt und in diese Eintritt. Im Ergebnis liefert Twisted mit den Special Edition Modellen richtig gute Defender ab. Die optischen Änderungen überzeugen aufgrund ihrer schlüssigen Bezüge zur großartigen Modellhistorie des Defenders. Die technischen Upgrades machen das Auto für neue Zielgruppen interessant. Und deswegen prognostizieren wir den Defendern mit dem speziellen Dreh auch eine äußerst vitale Zukunft.
Text: Joe Breeze (aus dem Englischen von Mathias Paulokat)
Fotos: GF Williams