Können Sie uns ein wenig mehr über ihren beruflichen Werdegang vor Auctomobile.com erzählen?
Klassische Autos waren schon mein Hobby, als ich erst vier Jahre alt war. Da hat mich mein Vater zum ersten Mal zu einem Classic Car-Event mitgenommen. Mein beruflicher Werdegang hatte mehr mit Zahlen zu tun – fast 20 Jahre lang war ich als Makler im Börsen- und Termingeschäfte-Sektor tätig. 2006, als ich anfing, gutes Geld zu verdienen, begann ich meiner Passion zu frönen: interessante, spezielle und seltene Autos zu sammeln. Ich suchte überall nach ihnen: kleine Anzeigen, eBay, Bring a Trailer und die großen Auktionen quer durch Europa. Meine erste Sammlung rankte sich um britische Modelle. Zum Beispiel besaß ich zwei Morgan Plus 4 Plus, die seltenen Glasfaser-Coupés, von denen nur 26 gebaut wurden.
Wie kam es zur Entscheidung, Auctomobile.com zu gründen?
Ich erkannte, dass ich meine mit Zahlen verbundene Karriere mit meiner Liebe zu Autos verbinden konnte und hob einen Investmentfonds für klassische und Sammlerfahrzeuge aus der Taufe. Da ich immer mehr besondere Fahrzeuge ankaufen und verkaufen musste, suchte ich nach einer effektiven, schnellen und kostengünstigen Methode, mit der ich solch ein Geschäft zu fairen Marktpreisen umsetzen konnte. Die traditionellen Auktionshäuser sind zu teuer, die spezialisierten Händler zu langsam und Online-Anzeigen nicht wirksam genug. eBay war kein Experte auf diesem Gebiet, und Bring a Trailer zeigte sich gegenüber europäischen Autos verschlossen, obwohl sie mit dem Aufbau eines modernen Online-Portals für die USA einen tollen Job gemacht haben. Collecting Cars betreibt nun das Gleiche für rechtsgelenkte Wagen im Vereinigten Königreich. Doch niemand betreute auf gleiche Weise Kontinental-Europa, sodass ich mich vor zwei Jahren entschloss, eine solche Plattform selbst zu entwickeln.
Warum sehen Sie so viel Potential in diesem Projekt?
Der Sammlermarkt muss sich digitalisieren und online gehen, gerade jetzt in Zeiten des Corona-Virus. Darin liegt die Zukunft für diesen Markt, und man kann das schon jetzt in den USA beobachten. Die traditionellen Medien sind zu teuer, ineffizient und langsam. Die Digitalisierung des Marktes führt zu radikal sinkenden Kosten und das abgesicherte Zahlungssystem schützt Käufer und Verkäufer mehr als jemals zuvor.
Wie fiel die erste Reaktion auf das Projekt aus?
Sehr positiv, der europäische Markt hungert geradezu nach solchen Möglichkeiten. Natürlich sind wir eine neue Plattform und noch nicht sehr bekannt, daher müssen wir uns das Vertrauen der Käufer und Verkäufer erst noch verdienen. Doch es geht sehr schnell vorwärts.
Ich habe ein Auto und will es verkaufen – wie geht Auctomobile.com mit so einer Anfrage um?
Man muss sich nur auf unserer Website registrieren, das Auto auf der Plattform hochladen und Belege vorweisen, dass man entweder Eigner des Autos ist oder die Legitimation zu dessen Verkauf besitzt. Man muss das Auto nicht zum Ort einer Auktion transportieren, was schon mal Kosten spart. Wir helfen auch bei einer Beschreibung des Fahrzeugs und präsentieren ihn in unserer Social Media und auf unseren Partner-Websites wie Classic Driver. Wenn wir uns auf die Verkaufskonditionen geeinigt haben, wird das Auto publiziert und nach einigen Wochen erhalten sie einen fairen Marktpreis ausgerechnet.
Wie teuer kommt das für mich?
Die Registrierung und das Einreichen des Fahrzeugs ist umsonst. Die Einstellgebühr beträgt 99 Euro, doch wenn Sie das Auto ohne Mindestpreis einreichen, fällt nicht nur die Gebühr weg, sondern Sie erhalten auch noch ein Prozent vom finalen Verkaufspreis, der für den Käufer je nach Gebot einen vier- bis fünfprozentigen Bonus auf den Zuschlagpreis inkludiert. Diese Prämie beträgt maximal 5000 Euro für Fahrzeuge mit einem Wert von über 100.000 Euro.
Kann ich ein zum Verkauf stehendes Modell persönlich inspizieren oder ich muss ich mich auf Fotos und Videos verlassen?
Es beginnt alles mit einer „coming soon“-Phase. Das heißt, Sie können um einen Termin zur persönlichen Besichtigung anfragen. Doch gehen mittlerweile 95 aller Transaktionen ohne einen solchen Termin über die Bühne. Potentielle Kunden fragen aber schon mal nach zusätzlichen Dokumenten, Fotos und Videos. Kunden nutzen zumeist die „Trusted Checkout“-Option für eine abgesicherte Zahlung, ein in ihrem Namen von der französischen Bank Credit Mutuel erstelltes Treuhandkonto. Nachdem die Bank die Zahlung bestätigt hat, wird das Auto zum Kunden transportiert. Wurde das Auto übergeben, überweist die Bank das Geld an den Verkäufer. Das mag nicht persönlich sein, aber effektiv, schnell und sicher. Und das ist die Zukunft für diesen Markt.
Wer sind Ihre Kunden?
Aktuell die jüngere Generation, die mit der Online-Welt vertraut ist. Die meisten unserer Anbieter sind in ihren Dreißigern und Vierzigern. Das gleiche kann man über die Verkäufer sagen, doch kooperieren wir auch mit anderen Sammlern und Händlern, die neuartige Verkaufsmethoden für ihre Autos ausprobieren wollen.
Welche Fahrzeuge wollen Sie in Zukunft anbieten?
Wir werden uns auf Autos fokussieren, für die es nur wenige Optionen gibt. Das Hauptaugenmerk liegt bei Fahrzeugen in der Preisspanne zwischen 5000 und 100.000 Euro. Wir möchten nur Autos anbieten, die speziell sind, eine Geschichte erzählen können oder eine interessante Vergangenheit haben. Die auch viel Fahrspaß bieten oder ganz einfach von ihren Besitzern besonderes geliebt wurden.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Wir wollen speziell Autos mit einer Garage in Kontinentaleuropa an neue Besitzer in aller Welt vermitteln – und zwar auf eine für alle involvierten Parteien effiziente Weise. Wir begannen dieses Projekt, um unsere eigenen Bedürfnisse als Sammler und Enthusiasten zu erfüllen – wir sind keine Autohändler und wir leben auch nicht vom Verkauf der Autos. Doch wir wären sehr glücklich, wenn dieses Projekt anderen Sammlern und Enthusiasten helfen kann.
Können Sie uns etwas zu Ihrem Team sagen?
Das Projekt wäre nicht möglich ohne mein wunderbares Team. Ich kann nicht alle aufzählen, doch habe ich heute das Gesicht des Projekts mitgebracht – die B2B-Leiterin Katerina Trnkova. Katerina verfügt über viel Erfahrung in der Classic Car-Welt und hat einige Jahre bei Scuderia Prague gearbeitet, dem offiziellen Ferrari- und Maserati-Vertreter für die Tschechische Republik. Sie war darüber hinaus acht weitere Jahre bei einem der landesweit größten Sammler klassischer Autos tätig.
Warum haben Sie Ihren offiziellen Firmensitz in der Hauptstadt von Estland, Tallinn?
Weil das Land in punkto digitales Business sehr fortschrittlich ist und auch unsere Buchhalter und Anwälte dort ihren Sitz haben. Unser operativer Hauptsitz ist dagegen hier in Prag, wo wir das beste Programmier-Team haben. Daneben unsere erfahrene Mannschaft von Spezialisten zum Evaluieren der Autos, unser Marketingteam, zu dem auch kundige Journalisten für unseren Blog zählen – und unseren großartigen Fotografen. Die tschechische Republik blickt auf eine lange Tradition mit klassischen Autos zurück. Ich bin stolz darauf, dass wir im letzten Jahr bei der Chantilly Arts & Elegance gewinnen konnten und mit einem hier in Tschechien restaurierten Modell einen zweiten Platz in Pebble Beach erzielten. Wir bereiten gerade die Eröffnung von Satelliten-Büros mit unseren ausländischen Partnern vor. Köln wird das erste sein, und wir denken auch über Italien und London nach. Ein besonderer Dank geht an alle Autosammler und Enthusiasten, die uns von Anfang an unterstützt haben. Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen.
Text: Frantisek Vahala / Fotos: Ondrej Kroutil für Auctomobile.com © 2020