Bereits drei Jahre nach ihrem Debüt starten Porsche Cayman und Cayman S in die zweite Runde. Strafferer Look, überarbeitete Details, neue Motoren, mehr Leistung bei weniger Verbrauch charakterisieren das Remake des kompakten Sport-Coupés. – Doch kann die Summe aller Dinge auch auf der Piste überzeugen? Manche Porsche-Liebhaber wähnten schließlich schon in der Erstauflage des agilen Cayman den ungekrönten Erbfolger luftgekühlter 911-Modelle. Classic Driver hat den neuen 320 PS starken Cayman S in freier Wildbahn gestellt: In Südspanien zwischen Conil de la Frontera und San José des Valle bilden kurvenreiche Straßen das Revier der Cayman-Zähmung.
Tadellos! Auf dem Papier hat Porsche die Hausaufgaben gemacht. Die ewige Aufgabe bei einem Generationswechsel, ein neues Fahrzeug stärker, aber gleichzeitig auch sparsamer zu machen, ist bei den neuen Cayman Sportwagen bravourös gelöst. Wenigstens wenn man den Daten und Fakten Glauben schenkt. Der Cayman wird jetzt von einem 2,9 Liter großen Sechszylinder-Boxermotor angetrieben, der nunmehr 265 PS leistet. Der 2,7-Liter-Motor hat damit ausgedient. Der Verbrauch konnte im Idealfall – mit Doppelkupplungsgetriebe (PDK) - auf 8,9 Liter pro 100 Kilometer reduziert werden. Dafür beschleunigt er schneller: je nach Getriebewahl in nur 5,7 beziehungsweise 5,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nun bei 265 km/h respektive 263 km/h.
Der Cayman S kann naturgemäß noch mehr und das noch schneller: Hier optimiert ein ebenfalls neu entwickelter 3,4-Liter-Sechszylinder-Boxermotor dank Benzindirekteinspritzung sowohl Verbrauch als auch Fahrleistungen. Der Kraftstoff wird nun mit 120 bar schräg in die Brennkammer injiziert. Die Ölpumpe soll in ihrer Wirkung besser sein, der gesamte Motor rund sechs Kilogramm leichter, da das Kurbelgehäuse höher in den Block integriert wurde. 320 agile PS Leistung ermöglichen so einen Verbrauch von 9,2 Liter auf 100 Kilometer. Der Sprint aus dem Stand kann in nur 5,1 Sekunden absolviert werden. Bei Sechsgang-Schaltung gelingt die Übung in 5,2 Sekunden. Der Top Speed klettert gemäß Porsche-Datenblatt auf 277 km/h. Alle Achtung!
Doch wie bissig ist er nun wirklich, der neue Cayman S? Für die Fahrprobe steuern wir den nachgeschärften Porsche mit Mittelmotor durch Südspanien. Entlang der Grenze – de la Frontera. Wir starten in Jerez und suchen eine Strecke nach Westen zur Sierra de la Cabras. Von dort führen kurvenreiche Straßen über Paterna de Rivera, Medina gen Süden nach Vejer de la Frontera. Endstation: das Hotel Barcelo Sancti Petri an der Küste des Lichts. 180 Kilometer Fahrstrecke für den neuen Cayman S.
Die Wahl fällt auf einen eleganten Vertreter seiner Art. Im edlen Malachit-Grün wirkt der kompakte Porsche distinguiert. Die neuen Scheinwerfer in Zwei-Tuben-Optik stehen der Front gut und geben ihr einen wachen Ausdruck. Dank neuer gestylter Bugpartie wirkt der Wagen erwachsener. Am Heck blinken LED-Leuchten so warm wie Mandelaugen. Stilsicher und frei von Spielereien präsentiert sich das Interieur: Sandbeige farbiges, sicht- und fühlbar hochwertig verarbeitetes Alcantara und Glattleder harmonieren perfekt zum tiefgrünen Korpus. Die Ledersitze sind bequem, bieten dennoch den notwendigen Halt.
Das Coupé wirkt knackig und „tailored“: es ist nicht beengt, aber doch fühlbar auf Körper geschnitten. Die Großzügigkeit eines Porsche 911 ist ihm fremd. Eben Sportprogramm pur. Als technische Finesse gibt es das PDK-Getriebe, welches wir ebenfalls schon vom Neunelf kennen. An Bord ist im Cayman auch das Sport-Chrono-Paket-Plus, mithin ein Garant für maximale Fitneß und Sportlichkeit.
Der Cayman S pariert den Schlüsselbefehl sofort. Er muss sich nicht erst frei tönen. Stante pede brüllt er aus dem kreisrunden Doppelendrohr. Und wie! Nicht krawallig, sondern sonor und souverän. Klarer Fall: genau so soll sich ein Porsche Luft machen. Ich zögere nicht und lege gleich den Sportgang ein. Nochmals füllt sich das Stimmvolumen. Spontan schnappt der Cayman zu. Fulminant geht es nach vorn. Zackig wechselt die PDK die sieben Gänge. Gierig hängt der Porsche am Gaszug. Unverzagt schnalzt die Drehzahl in die Höhe. Spielerisch leicht geht das und es fühlt sich sicher an.
Präzise folgt der Wagen den Lenkbefehlen. Er frißt Kurven. Ein echter Räuber unter den Sportwagen. Eindeutig: der Vorgänger war schon gut, fährt gegenüber dem Neuen jedoch in jeder Beziehung um mindestens eine Wagenlänge hinterher. Besonderes Vergnügen bereitet die Bändigung im manuellen Fahrmodus. Es hat einfach besonderen Reiz, über Gang, Drehzahl, Lautstärke noch selbst entscheiden zu dürfen. Vor allem im famos klingenden Cayman S.
Wer das Spiel ausreizen will, startet auf gerader Strecke im Launch-Control Modus: dafür muss jedoch das Sport-Chrono-Paket-Plus an Bord sein. Dann prescht der S um 0,3 Sekunden eher in den dreistelligen km/h-Beeich, als der Sechsgang-Schalter. Wer lieber der Effizienzkurve nacheilt, sollte die sportlichen Helfer allerdings ganz abschalten. Plötzlich wird der Cayman handzahm. Es geht ihm ums Energie sparen. Und das ernsthaft. Sanft moduliert er Gasannahme und frühe Gangwechsel - alles dem optimalen Verbrauch zu liebe. Aufregend ist das nicht, alleine die Tankkarte wird geschont und man staunt ob eines tatsächlichen Verbrauch von unter zehn Litern. Auf 100 Kilometer – mit 320 PS im Rücken wohlgemerkt. Schöner könnte man Vernunft kaum ausdrücken. Nur skeptische Nörgler fragen jetzt noch nach dem Nutzwert in punkto Lademöglichkeiten. Bitte: 410 Liter sollten auch sie zufrieden stellen. Der Stauraum langt für mehr, als nur den Weekend-Turn zur Rennstrecke.
Nun denn, was kostet das Bisswunder? Weniger als man vermutet, wenn man an den 911 denkt. Aber immer noch mehr, als es für einen echten Breitensportler zuträglich wäre. Der Cayman ist und bleibt eben ein Porsche – vielleicht aber der mit dem besten Gegenwert. Die Preise starten bei 49.831 Euro für den Cayman inklusive Mehrwertsteuer und 61.493 Euro für den Cayman S. Aufschläge sind für Bi-Xenon-Scheinwerfer mit dynamischen Kurvenlicht (rund 1.600 Euro), PDK (rund 2.950 Euro), Sport Chrono Paket Plus (rund 1.100 Euro), Sportabgasanlage (knapp 2.000 Euro) fällig. 19-Zoll Carrera S II Räder schlagen mit rund 2.600 Euro zu Buche. Weitere vierstellige Beträge können problemlos in die Individualisierung von In- und Exterieur investiert werden. Für knapp 80.000 Euro steht dann ein gut ausgestattetes und sehr potentes Sportgerät bereit. Immerhin: dafür gibt es den Elfer noch nicht einmal als Einstiegsmodell in der Basisausstattung. Das Urteil fällt dann auch eindeutig aus. Der neue Cayman S, er ist scharf. Er ist bissig. Al dente! Zum Zugreifen gut.
Text & Fotos: Mathias Paulokat
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