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Mercedes-Benz C 111-III


Eine elegante, nach aerodynamischen Gesichtspunkten geformte Frontpartie, große Glasflächen sowie Flügeltüren sind die optisch herausragenden Merkmale des Weltrekord-Experimentierfahrzeuges C 111-III

Pünktlich um 0 Uhr des 30. April 1978 begannen die fünf Kolben des Dieselmotors des Mercedes-Benz C 111-III zu röhren, befeuert von einem Abgas-Turbolader mit Ladeluftkühlung, der mit seinen 130.000 Umdrehungen pro Minute dem Motor soviel Luft in die Brennräume drückte, dass dabei 230 PS herauskamen. Kraft genug, um den optimal auf Rekordjagd getrimmten Mercedes-Benz auf ein Tempo von rund 325 Stundenkilometer zu beschleunigen. Er brauchte allerdings, wegen der sehr „langen“ Übersetzung, eine volle Runde auf dem 12,66 Kilometer langen Rundkurs im süditali-enischen Nardo, bis dieses Tempo in den Anzeigen „stabil“ anlag.

Wankelmotor für die Serie?

Was für Autos waren die Mercedes-Benz Experimentalfahrzeuge C 111 – C 111/IV ? Fest im Blick hatten die Entwickler Ende der sechziger Jahre die Erprobung des Wankelmotors, an dem Daimler-Benz seinerzeit mit dem erklärten Ziel eines Serieneinsatzes arbeitete. So sollte der C 111 zunächst als Forschungsfahrzeug dienen, zur Erprobung von Wankelmotoren, neuen Fahrwerkskomponenten im Hinblick auf breitere Reifen bis hin zu Rennreifen, der Verwendung von Kunststoffen im Karosseriebau und der Optimierung der Aerodynamik sportlicher Straßenfahrzeuge.

Der Dreischeiben-Wankelmotor des ersten C 111 von 1969 leistete 206 kW/280 PS, was für rund 260 Stundenkilometer gut war. Erste Probefahrten absolvierte der Neuling im April und Mai 1969 in Untertürkheim, auf dem Hockenheimring und dem Nürburgring. Aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen, besonders beim Fahrwerk, das sowohl Anfahrmoment- und Bremsnickausgleich erhielt, dessen Vorderachskomponenten später in die Serie einflossen und dessen Hinterachse erste Ansätze der heutigen Raumlenkerachse erahnen ließ, entstanden weitere fünf Versuchsfahrzeuge. Diese boten allen Komfort, den ein straßengängiger Mercedes-Benz Sportwagen dem Kunden bieten sollte und wurden am Rande der IAA von 1969 Journalisten, Technikern und prominenten Zeitgenossen vorgestellt.

Nur fünf Monate später erhielt ein C 111-II betitelter Versuchsträger einen Vierscheiben-Wankelmotor, der bei einer Leistung von 258 kW/350 PS den Wagen 300 Stundenkilometer schnell machte, die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden bewerkstelligte und dessen Karosserie gegenüber dem C 111-I deutliche Verbesserungen aufwies, sowohl in der Aerodynamik, der cW-Wert lag bei seinerzeit niedrigen 0,325, als auch in den Sichtverhältnissen für den Fahrer. Wichtigster Punkt war jedoch die deutlich verbesserte Elastizität des Wankeltriebwerkes samt höherem Drehmoment von nun 40 mkg, womit der C 111-II auf der Straße nun keine Mitstreiter mehr fand.

Diesen Wagen stellte das Unternehmen im März 1970 auf dem Genfer Automobilsalon dem Publikum vor. Wie schon die erste Version entwickelte er sich ab diesem ersten öffentlichen Auftritt spontan zu einem Objekt der Begierde für alle jene Fans der Marke, die einen spektakulären Nachfolger des 300 SL Flügeltüren-Coupés herbeisehnten. Diese Wünsche versickerten zusehends in den immer schärfer werdenden Abgasgesetzen vieler Länder und endgültig in der Ölkrise von 1973, denn den Schadstoffemissionen der Wankelmotoren war nur sehr schwer beizukommen, und außerdem hatten sie einen vergleichsweise hohen Kraftstoffverbrauch, waren also alles andere als zeitgemäß.

Zeitgemäßer Renndiesel

Wankel raus, Diesel rein hieß die Devise nach der Überwindung des ersten Schocks wegen der Ölkrise. Dies galt allgemein in der Branche, denn der Dieselmotor hatte ja nun mal den Vorzug, sparsam mit dem Kraftstoff umzugehen. Andererseits galt er gemeinhin als lahm, und dieser nicht ganz unbegründeten Meinung musste entgegengetreten werden. Die Entwicklungs-Ingenieure und der Vorstand wussten Rat: Verkaufsfördernde Dieselrekorde sollten das Ziel sein.

Als Basis bot sich der starke, fünfzylindrige 3-Liter-Saugdiesel des 240 D 3.0 und 300 D an, der reichlich „Substanz“ hatte und daher ohne weiteres für eine Leistungssteigerung in Frage kam. So wurden, befeuert durch einen Garret-Turbolader und bestückt mit einem Ladeluftkühler, aus den 80 Serien-PS stolze 190, die den zum Diesel-Rekordwagen umfunktionierten C 111-II am 12. Juni 1976 auf der nagelneuen Versuchsbahn in Nardo antrieben.

Die vier Fahrer, die sich alle 2 ½ Stunden ablösten, trieben diesen Diesel ohne Probleme in sechzig Stunden von einem Dieselrekord zum nächsten, insgesamt wurden es 16, wovon die 5000 Meilen, 10 000 Kilometer und 10 000 Meilen sogar motorunabhängige Weltrekorde waren. Die durchschnittliche Geschwindigkeit lag um die 252 km/h. Der Diesel konnte also durchaus rennen, und wenn er die entsprechenden Übersetzungen bekam, brauchte der C 111-II nur 6,8 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h.

Die Rekorde des C 111-III

Für die am Projekt Beteiligten war dies jedoch bloß ein Anfang, es hätte noch schneller sein können, über 300 Stundenkilometer. Allerdings, so räumten sie ein, nicht mit dem für normale Strassen bestimmten C 111, sondern nur mit einem „richtigen“ aerodynamisch optimierten Rekordwagen. Es ist dem damaligen Vorstand hoch anzurechnen, dass er sich dieser Meinung anschloss und einer entsprechenden Entwicklung Raum gab.

Mercedes-Benz C 111-III Die Design-Abteilung legte sich also Anfang 1977 ins Zeug und schuf auf Basis der Vorgaben des C 111-Teams den C 111-III. Ein reines Rekordfahrzeug, dessen bis in kleinste Nuancen hinein ausgefeilte Aerodynamik den bis dato noch nicht erreichten cW-Wert von 0,183 erreichte.

Er hatte einen längeren Radstand als der C 111-II, eine schmalere Spur, abgedeckte Räder, einen sehr tiefen Bug mit versenkt angeordneten, lichtstarken Scheinwerfern sowie ein sehr lang und schmal auslaufendes Heck samt Mittelflosse, die der Fahrstabilität bei Seitenwind dienen sollte.

Die schmale, lang gestreckte Fahrerkabine wies nur einen Sitz auf, denn die Beifahrerseite durchquerte ein dickes Rohr, durch das die Luft zum Ladeluftkühler strömte. Außerdem fand sich noch Raum für die von Mercedes-Benz extra für die Rekordfahrten entwickelte, automatisch Daten übertragende Telemetrieanlage sowie das Sprechfunkgerät für die Kommunikation der Fahrer mit dem Team.

Am 30. April 1978 war der Diesel-Rekordwagen endlich auf der Piste von Nardo und zog mit gleichbleibender Geschwindigkeit seine Bahn. Entgegen dem Uhrzeigersinn, denn dadurch war die bahnbegrenzende Leitplanke rechts, was im Falle eines Unfalles für den Fahrer im linksgelenkten Wagen einen größeren Sicherheitsabstand bedeutete. Der Sprechfunk rettete in der Nacht einem Igel das Leben, der rechtzeitig, bevor er in die Spur des Renners geriet, gerettet werden konnte. Als dem dritten Fahrer in der Nacht der rechte Hinterreifen platzte und in die Karosserie große Löcher riss, waren die Abschlepper schnell zur Stelle, um den beschädigten Wagen samt unverletztem Fahrer zu bergen, und die Monteure konnten den identischen Reservewagen in der Zwischenzeit startklar machen. Nach diesem Zwischenfall gingen die Uhren zurück auf Null und die Rekordjagd begann auf’s Neue.

Der Reservewagen lief sogar noch einen Hauch schneller als der ursprüngliche Einsatzwagen, auch etwas sparsamer, sodass die Tankstops von 62 auf 67 Runden verlängert werden konnten. Außerdem gesellte sich zur Entlastung der drei eingeteilten Fahrer noch der auch sehr „schnelle“ Projektleiter Dr. Hans Liebold.

Mercedes-Benz C 111-III Alle bis zum „Platzer“ gefahrenen Rekorde wurden mit noch etwas besseren Zeiten wiederholt, und auch ein weiterer Igel, der unglücklich in die Bahn des Rekordwagens geriet und den Frontspoiler zertrümmerte, änderte nichts am Ergebnis. Die Reparatur kostete lediglich zwei Minuten. Die Tankstops übrigens, einschließlich Fahrerwechsel, Reifenkontrolle und Öl nachfüllen dauerten, minutiös geplant und trainiert, zwischen 15 und 20 Sekunden.

Als nach 12 Stunden die ansonsten problemlose Fahrt endete, gehörten der Marke Mercedes-Benz neun neue absolute Weltrekorde, d. h. ungeachtet des Motortyps und des Hubraumes. Und das mit einem noch weitgehend der Serie entsprechenden 3-Liter-Dieselmotor, dessen Verbrauch sich am Ende als knapp unter 16 Liter pro 100 Kilometer herausstellte. Auch dies schließlich ein einsamer Rekord – bei einem Durchschnittstempo von über 300 km/h.

Der Rundstrecken-Weltrekord: 403,978 km/h

Mercedes-Benz C 111-III Seit 1975 existierte ein Rundstrecken-Weltrekord von 355,854 km/h, gefahren mit einem 1000-PS-Rennwagen der amerkanischen Can-Am-Rennserie. Obwohl von der FIA nicht anerkannt, war er dennoch begehrenswert und erschien den Mercedes-Benz Ingenieuren nach den Erfolgen mit dem C 111-III leicht angreifbar. Nur 100 PS mehr würden reichen, die aber aus dem seriennahen Diesel nicht mehr herauszuholen waren. Also entschied sich das Team für den 4,5-Liter- V8-Benzinmotor aus der Serienproduktion, bohrte ihn auf 4,8 Liter auf, bestückte ihn mit natriumgekühlten Ventilen, zwei KKK-Turboladern und einer Dreischeibenkupplung, die das hohe Drehmoment von 600 Nm verkraftete.

Mit den so recht preiswert gewonnenen 500 PS unter der Haube machte sich ein zum C 111-IV modifizierter Renner, aerodynamisch weiter optimiert, mit zwei Flossen und zusätzlichen Spoilern bewehrt, am 5. Mai 1979 in Nardo auf den Weg, um den Rundstrecken-Weltrekord nach Untertürkheim zu holen. Die neue Marke lautete nach einer problemlosen Fahrt: 403,978 km/h. Außerdem verbesserte er zusätzlich die Distanzen von 10 und 100 km sowie 10 und 100 Meilen.

Text & Fotos: DaimlerChrysler