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Magazin

Mercedes-Benz 560 SL

American Beauty

Text: Sven Jürisch
Fotos: Sean Smith © 2011 Courtesy of RM Auctions

Mercedes-Benz SL aus Kalifornien – was bei Sammlern vor wenigen Jahren noch für Naserümpfen sorgte, eröffnet heute eine neue Nische auf dem Youngtimer-Markt. Seit moderne US-Modelle nur noch marginale Änderungen aufweisen, sind die aufwändig umgebauten Heimkehrer der 80er Jahre umso mehr begehrt.

Die Nischen auf dem Old- und Youngtimer-Markt sind knapp gesät. Der Beutezug ist fast vorbei, Schweiz, Italien und auch England sind abgegrast. Doch es gibt sie immer noch, die Lücke im Sortiment. Der amerikanische Reimport. Nicht nur dass der Preis interessant ist, es sind vielmehr die teilweise umfangreichen Umbauten für den amerikanischen Markt, die die Fahrzeuge als Zeugen einer vergangenen Zeit wertvoll machen – so auch die Mercedes-Benz Roadster Baureihe R107. Der 1971 erschienene Entwurf des Mercedes Designers Friedrich Geiger fand schon früh Anklang bei den Stars und Sternchen Amerikas und erfuhr bereits zu Beginn seiner Karriere eine Anpassung an die dort geltenden Gesetze.

Mit wuchtigen Stoßstangen, die sich dank Stoßdämpferelementen sogar bis zu einem gewissen Grad selbst reparierten, wurde der SL fit gemacht für den rauen Parkplatzalltag in den amerikanischen Metropolen. Für die aktive Fahrsicherheit sorgten die einteiligen Sealed Beam Scheinwerfer, die Mercedes in die europäischen Breitbandscheinwerfer einsetzte. Optisch gewöhnungsbedürftig, aber auch im Dienste der Sicherheit, war die auf den Heckdeckel aufgesetzte dritte Bremsleuchte. Ein Accessoire, das später auch in Europa zur Grundausstattung gehörte. Im Innenraum herrschte hingegen, sieht man einmal von der serienmäßigen Vollausstattung mit Ledersitzen und der aufwändigen Klimaautomatik ab, europäisches Serieneinerlei. Lediglich die Farbauswahl lies den Kundenkreis erkennen, denn in den USA waren traditionell weiche Farben wie Champignon oder Dunkelbraun gefragt. Töne, die in Europa erst zwanzig Jahre später in Mode kamen.

Die Technik

Sorgt die opulente Sicherheitsausstattung der US-Heimkehrer heutzutage bei den hiesigen Zulassungsbehörden für wenig Freude, verhält es sich mit der Technik genau andersherum. Im Falle des 560 SL sorgte exklusiv der hubraumgrößte Motor aus der S-Klasse (W126) für Vortrieb. Für das Exportmodell ersetzte Mercedes den europäischen 5,0-Liter-Motor durch den 5,6-Liter-V8 mit 231 PS. Großer Hubraum, wenig Leistung und dazu eine samtweich schaltende Viergangautomatik – es gab nichts Besseres für den „American Way of Life“.

Auch heute noch bietet diese Antriebseinheit Genuss ohne Reue, denn dank einer modernen Einspritzanlage schaffte der US-SL bereits bei seinem Erscheinen im Jahr 1985 spielend die scharfen Abgasprüfungen der US-Länder und gehört somit heute auch in Deutschland zu den Youngtimern, die dank grüner Umweltplakette keinen Stillstand befürchten müssen. Eine niedrige Verdichtung, geringe Belastung durch die örtlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen und eine solide, weil wenig von Korrosion heimgesuchte Karosse sind Pluspunkte, die das Investment in einen amerikanischen SL zu einer sichern Sache machen.

Doch bevor es auf die Internetseiten amerikanischer Anbieter geht, sei nicht verschwiegen, dass auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht alles Gold ist, was einen Stern trägt. Denn nicht selten werden gerade europäische Luxuskarossen nach einem Unfall nur unzureichend wieder zusammengesetzt und lackiert. Kommt der Auswanderer dann via Container nach Deutschland, herrscht ratloses Entsetzen. Gewährleistungsansprüche sind dann in der Regel kaum bei dem fernen US-Händler durchzusetzen, und es bleibt nur die kostenintensive Instandsetzung, bei der es mitunter zu Schwierigkeiten bei der Beschaffung teurer US-Spezialteile kommt.

Auf Nummer sicher

Wer dem speziellen Charme des 560 SL nicht widerstehen kann, tut also gut daran, sich mit einem bereits nach Deutschland eingeführten Modell eines seriösen Händlers zu beschäftigen. Diese Modelle verfügen in der Regel über alle notwendigen Papiere, sind vom deutschen TÜV abgenommen und haben eine Gewährleistung, die vor allzu großen Malaisen bewahrt. So gerüstet ist der Spaß mit dem Spätheimkehrer kein unkalkulierbares Risiko, und wer Freude an der Erscheinung eines US-Modells hat, kann in diesem Segment durchaus das besondere Auto finden, dessen Wertentwicklung sich keinesfalls hinter einem Europäer zu verstecken braucht.

Technische Daten

Bauzeit: 1985 - 1989

Motor und Leistung: 5,6 Liter V8 (geregelter 3-Wege-Katalysator) mit 231 PS

Höchstgeschwindigkeit: 223 km/h

Beschleunigung 0 - 100 km/h: 7,5 sec

Stückzahl (nur US-Markt): 49.349

Kraftübertragung: Viergangautomatikgetriebe, Heckantrieb


Zahlreiche Mercedes-Benz SL der Baureihe W107 finden sich im Classic Driver Marktplatz.

Die Fakten

Fotogalerie

Mercedes-Benz 560 SL
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