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Meilenwerk Berlin: Neue Autostadt für Oldtimer

Man könnte sagen, es ist ein Stall für die besten Pferde, die man hat. Oder man könnte darüber sagen, es ist ein Luxushotel für sein bestes Stück. Denn Vorbilder gibt es keine, weltweit nicht, für das Automobilzentrum, das Martin Halder und sein Team gerade in Berlin baut. Der 31-jährige Wirtschaftsingenieur aus dem Schwäbischen hat die Weltmetropole Berlin ausgewählt, um mit seinem 16.000 Quadratmeter großen „Meilenwerk“ einen neuen Meilenstein in der Oldtimer-Liebhaberei zu setzen. Das Service-, Einkaufs- und Erlebniszentrum entsteht hinter der historischen Fassade des ehemaligen Straßenbahndepots im Zentrum Berlins und wird im Mai 2003 eröffnet.

Ein Blick durch den lückenhaften Holzzaun lässt nichts Gutes erahnen. Das Auge erspäht lediglich gelbliche Klinker, vom Großstadtregen abgewaschene, die Pracht der gründerzeitlichen Fassade längst verblichen. Doch Martin Halder lässt sich nicht abschrecken. Als er die sogenannten Wiebehallen besichtigt, leuchten ihm die Augen, obwohl die großen Pfützen den Hallenboden eher wie die Brachlandschaft draußen erscheinen lassen. Denn Halder hat hier Großes vor. Man muss schon ein Phantast sein, oder eben Unternehmer, um die Ausstrahlung dieser einsturzgefährdeten Ruine zu erspüren.

Seit einigen Jahren ist das Areal geschlossen, zuvor waren wenigstens noch ein paar Künstler hier aktiv. Die Wiebehallen haben in ihrer über hundertjährigen Geschichte schon so manches erlebt. Waren Lager und Schrottplatz, als man Mitte der 60-er Jahre die Straßenbahn in West-Berlin demontierte. Die Kriegsbomben richteten nur wenig an, wohl wegen der neuen Stahlsteindecke, die Mitte der 20-er Jahre kam. Aber ein technisches Wunderwerk waren die vier neben einander liegenden Hallen schon seit ihrer Fertigstellung im Jahre 1899. 22 Gleise standen für die damaligen Berliner Straßenbahnen – mit 900.000 Fahrgästen täglich ein wahres Massenverkehrsmittel – bereit, damit das wohl größte Depot seiner Art zu jener Zeit. 100 Jahre Verkehrsgeschichte sollen nun mit dem „Meilenwerk“ eine Renaissance erleben.

„Wir errichten Kulissen des Glücks für Oldtimerbesitzer und Automobilenthusiasten“, erklärt Halder. Nach drei Jahren Recherche und Planungen blies der Immobilienökonom Mitte August zum Baustart. Hinter der historischen Klinkerfassade entsteht nun ein Mix aus sechs Restaurationswerkstätten, Shops für Oldtimerzubehör und –Accessoires, Büros, Werkstätten für Dienstleister und natürlich passender Gastronomie. Zukünftig rollen hier also majestätische Stahl- und Blechkarossen in ihr „Betriebswerk“. 10 Millionen Euro umfassen die Investitionen – noch ohne die Ladenausbauten.

Meilenwerk Berlin: Neue Autostadt für Oldtimer Nicht ohne Stolz berichtet Martin Halder, der sonst eher nüchterne Wirtschaftsberatung bei Immobilien bietet, vom seiner „einzigartigen Konzeption“: ein Forum für Fahrkultur. Die Gefälligkeit der Berliner Politik und denkmalschützenden Öffentlichkeit wird durch den sensiblen Umgang mit der denkmalgeschützten Substanz gewahrt. „Wir wollen dem Gebäude die Spuren der Geschichte an verschiedenen Stellen belassen- sozusagen als Fenster in die Vergangenheit“, so Halder. Das mit privaten Abstellboxen für Autokaliber wie Rolls-Royce und Bentley als Luxusgarage prädestinierte Center wird sicherlich auch reichlich Schaulustige anziehen – eine Galerie führt quer über die Werkstätten, um einen besten Standort für Schnappschüsse zu bieten. Nein, dagegen haben kann keiner etwas. Denn ohne Halders „Meilenwerk“ wären diese Hallen längst abgerissen.

Meilenwerk Berlin: Neue Autostadt für Oldtimer Im „Meilenwerk“ können zwei- und vierrädrige klassische Fahrzeuge bei Spezialfirmen restauriert, gewartet, gehandelt, begutachtet und gewartet werden. Dienstleister und Einzelhändler ergänzen das Angebot – von der Oldtimervermietung über eine Autobuchhandlung, von der Gutachterzentrale über einen Versicherungsanbieter, vom Modellauto-Shop bis zum Veranstaltungs- und Rennservice wird das Spektrum dieser Autostadt für Oldtimer reichen. Auf einem 1.000 Quadratmeter großen Eventareal werden Fahrzeuge und neue Technik präsentiert oder Auktionen durchgeführt. Für Clubs und Firmen stehen mit Multimedia bestückte Räume von über 200 Quadratmetern zur Verfügung.

Meilenwerk Berlin: Neue Autostadt für Oldtimer Die rund 90 privaten Garagen sind entsprechend abgesichert, doch bieten stets einen Blick auf den Millionen-werten Gast. Die wohltemperierten Boxen haben zum Teil Übergröße, so dass auch US-Oldies bequem eingeparkt werden können. Für ihre Besitzer sind die Oldies dank eines neuen Sicherheitssystems stets zugänglich. Und Potenzial sieht Martin Halder im Großraum Berlin-Brandenburg reichlich: 10.000 bis 15.000 Oldtimer weist die Statistik aus, jeder Fünfte davon besonders wertvoll. Dass Einmaligkeit und Gesamtkomposition ihren Preis haben werden, ist klar. Aber da sich die Mietpreise im unteren Drittel des berlinüblichen Vergleichsniveaus bewegenm zeigt sich schon jetzt, dass das „Meilenwerk“ seinen Preis wert sein wird.

Schon kurz nach der offiziellen Eröffnung wird das „Meilenwerk“ in ganz Berlin ein Begriff sein. Denn die Zuverlässigkeitsfahrt „2000 km durch Deutschland“ wird 2003 die Hauptstadt – nach mehrjähriger Abstinenz – wieder als Etappenziel ansteuern. Natürlich ist das „Meilenwerk“ das Ziel. Für wahrscheinlich 180 teilnehmende Oldtimer und tausende Schaulustige. Autos, Menschen und Verkehr – mit dem „Meilenwerk“ bekommt Berlin ein zentrales Verkehrskreuz wie es der Potsdamer Platz einst war wieder. Zumindest für Oldtimer.

Weitere Informationen: www.meilenwerk.de

Text: car. / Fotos & Visualisierung: Meilenwerk Berlin GmbH