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Klassikerjahr 2011: Eine Marktanalyse von Simon Kidston

Automobil-Experte Simon Kidston kommentiert für Classic Driver die Marktentwicklung des Klassikerjahres 2011. Seine Beobachtungen fußen auf Auktionsergebnissen der letzten 17 Jahre. Das Ergebnis liefert einfache Handlungsempfehlungen, die jeder befolgen kann.

Das vergangene Jahr startete mit enormen Tumulten an den Finanzmärkten und es endete in einer Krisensituation, die mit der großen Rezession der 1920er und 30er Jahre verglichen wurde. Der Markt für klassische Automobile indes reagierte auf den ersten Blick gegensätzlich. Scheinbar unendliche Geldquellen beflügelten den Verkauf hochwertiger Fahrzeuge und sorgten für Rekorderlöse. Klassiker werden mittlerweile als Diversifikation der Asset Allokation angesehen. Der erste Investment Fund, der in klassische Fahrzeuge investierte, eröffnete bereits im Jahr 1989. Oder denken Sie an den Verkauf des Ferrari 250 Testa Rossa, der in einem beinahe aberwitzigen Bieterwettstreit endete. Da stellt sich die Frage: Was ist denn nun die Realität?

Der nachfolgende Chart zeigt einige interessante Daten. Wir haben hierfür Auktionsergebnisse zusammengetragen. Es handelt sich um bestätigte und öffentlich zugängliche Daten, insgesamt um 23.000 Transaktionen weltweit aus dem Zeitraum von 1994 bis 2011. Danach haben wir die Mehrfachverkäufe ein und derselben Fahrzeuge isoliert. Damit ist klar, dass wir eine Objektivität erzielen, die viel deutlicher ist, als wenn wir ähnliche Fahrzeuge in annähernd gleichem Zustand gegenüberstellen würden. Diese Fahrzeuge und deren Erlöse haben wir indiziert, beginnend mit dem Wert 1.000 im Jahr 1994. Schauen Sie sich die Entwicklung an:

Klassikerjahr 2011: Eine Marktanalyse von Simon Kidston


Einige Punkte sollte man bedenken:

– Auktionsergebnisse weichen leicht von den privat erzielten Verkaufspreisen ab. Diese sind meist niedriger. Der Trend indes ist ähnlich.

– Die bewusst einfach gewählte Darstellungsform interpoliert in gewisser Weise "besondere Vorkommnisse" wie Bieterschlachten um bemerkenswerte Fahrzeuge, wie beispielsweise den ersten Stahlflügeltürer, der letzten Januar in Arizona für 1,4 Millionen US-Dollar versteigert worden ist.

– Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Mehrfachverkäufen innerhalb der letzten 18 Jahre. Mit jedem weiteren Klassikerjahr, jeder weiteren Auktion wächst die Datenbasis und wird präziser.

Im nächsten Schritt haben wir eine Rendite-Überlegung angestellt, dahingehend, welchen Return ein Investor erzielt hätte, wenn er sein Geld in einer Mischung aus den veräußerten Fahrzeugen angelegt hätte. Das Ergebnis stellt sich so dar:

Klassikerjahr 2011: Eine Marktanalyse von Simon Kidston


Erneut sollte man bedenken:

– Sehr viele Fahrzeuge wurden zwischen 1994 und 2011 nur einmal veräußert. Wenn sie jedoch zukünftig erneut auf den Markt kommen, wird dies die Aussagekraft deutlich erhöhen.

– In beiden Grafiken stellen die gepunkteten Linien einen von uns prognostizierten Trendkorridor dar - abgeleitet aus aktuellen Daten und ermittelten Durchschnittswerten.

Damit wird letztendlich deutlich, dass in beiden Fällen der Klassikermarkt sich insgesamt eher investiv und stetig denn spekulativ entwickelte. Wichtig für eine Invest-Entscheidung ist die richtige Auswahl der Fahrzeuge. Wir werden zukünftig präziser auf Modelle eingehen und uns hierbei auch auf einzelne Marken, wie beispielsweise Ferrari, konzentrieren. Auch planen wir, mit diesem Ansatz einzelne Modelle zu tracken und so sehr präzise Aussagen zu treffen.

Es wird deutlich, dass der Markt um 2008 schwächelte, Mitte 2010 wieder Fahrt aufnahm und in eine neuerliche Wachstumsbewegung in 2011 einlenkte. Diese ist verhaltener als in früheren Phasen. Die Meinungen, warum dies so ist, gehen auseinander. Doch es scheint, dass sich die gesamte Wirtschaftsentwicklung eben auch hier niederschlägt. Denn es gibt verstärkt auch Situationen, in denen Eigentümer sich bewusst von einzelnen Fahrzeugen trennen oder trennen müssen. Das sorgt für Druck auf der Verkaufsseite. Auktionen sind hierbei willkommen, weil sie meist zu einem schnellen Ergebnis führen.

Der Lamborghini Marzal aus der Bertone-Sammlung erzielte 2011 ein Auktionsergebnis von 2,1 Millionen US-Dollar.

Kann man belastbare Vorhersagen treffen? Es wurde oft gesagt, dass in unsicheren Zeiten allenfalls die Lücke zwischen Fahrzeugen im Bestzustand und den übrigen Fahrzeugen wächst. Sobald ein Exemplar auf den Markt kommt, welches das jeweils beste seiner Kategorie darstellt und nicht reproduzierbar scheint, werden solvente Käufer auch zukünftig antreten - selbst in einer Rezession. Wenn die genannten Kriterien auf ein zu veräußerndes Fahrzeug nicht zutreffen - was den Regelfall darstellt - muss der Verkäufer geduldig, pragmatisch und nüchtern vorgehen.

Unser Ratschlag für 2012 fällt einfach aus: Wer unter Investment-Gesichtspunkten im Klassikermarkt einsteigen möchte, sollte sich auf absolut hochklassige Fahrzeuge konzentrieren. Hier muss man "nur noch" über den Preis reden. Denn für solche Fahrzeuge wird es praktisch immer einen Käufer geben, der allerdings nicht zwingend auch einen höheren Preis bezahlt. Denn das wäre zu einfach. Wer allerdings einfach nur Fahrfreude hinter dem Steuer erleben möchte, sollte alles andere vergessen, und sich immer vor Augen führen, dass der Preis in kein Verhältnis zum subjektiven Empfinden gesetzt werden kann.

Der Artikel gibt die Meinung von Simon Kidston wieder. Für weitere Informationen: www.kidston.com.

Text: Simon Kidston
Fotos: Gooding & Co/ Kidston/ Classic Driver