British at its best! Zum 15. Mal öffnete Lord March vom 22. bis zum 24. Juni die Tore zu seinem Goodwood Estate im englischen Sussex und damit zum größten Event rund um den historischen Motorsport – dem „Goodwood Festival of Speed“. Das Versprechen der Organisatoren klang vollmundig: „Even bigger and better“ sollte es bei der diesjährigen Auflage zugehen. Rekorde allenthalben: Ausstellerrekord, Teilnehmerrekord und Zuschauerrekord wurden angekündigt – und tatsächlich erneut gebrochen. Alleine das Wetter war nicht rekordverdächtig: es schüttete am Wochenende aus allen Kübeln und verwandelte Goodwood Park in ein „Waterville“. Doch Stars wie Formel 1 McLaren Mercedes Youngster Lewis Hamilton, Rennlegenden Jackie Stewart und Stirling Moss sowie einzigartige Fahrzeug-Pretiosen aus über 100 Jahren Motosportgeschichte heiterten die Stimmung auf. Goodwood 2007 - Wasserspiele mit sonnigen Momenten auf zwei und vier Rädern.
Rund 150.000 Anhänger und Fans des Motorsports aus aller Welt pilgerten auch in diesem Jahr wieder Ende Juni ins englische Goodwood nahe Chichester in der Grafschaft Sussex. Der Earl of March hatte zur 15. Auflage des mittlerweile wohl schon legendär zu nennenden Festivals of Speed geladen – für viele Enthusiasten der verlockendste Weckruf in der Mitte der Motorsportsaison. Das Motto des diesjährigen Festivals wählte March nicht ohne Grund mit einem Schwerpunkt auf die Geschwindigkeit: „Spark of Genius – Breaking Records, Pushing Boundaries“, so lautete die Devise – eine Hommage an die vielen Privatfahrer und Ingenieure, die in über 100 Jahren Motorsportgeschichte immer wieder neue Geschwindigkeitsrekorde einzustellen vermochten, sei es auf der Rennstrecke in Brooklands, Bonneville, der Isle of Man oder anderen Pisten und Tracks dieser Motorsportwelt.
Einen Coup landete Lord March in diesem Jahr mit der Zusage des jungen Formel 1 Stars Lewis Hamilton. Der gerade erst 22 Jahre alte Rennfahrer aus dem McLaren Mercedes Stall beehrte Goodwood am Sonntag. Sichtbar stolz schlenderte March mit Hamilton Seite an Seite am späten Vormittag aus dem Dunhill Drivers Club herunter zum Formel 1 Paddock, wo Hamiltons MP4-21 Bolide bereits auf ihn wartete. Hamilton fackelte nicht lange und peitschte seinen Silberpfeil mit aller Macht auf dem regennassen Asphaltband den Hügel hinauf. Hamilton danach: „Goodwood ist fantatisch. Ich bin das erste Mal als Teilnehmer beim Festival of Speed dabei. Früher war ich bereits einmal als Besucher hier, wobei ich mich eigentlich nur an einen Crash meines Lieblingsautos erinnere.“ Glücklicherweise blieb Hamiltons Formel-Renner bei den rutschigen Turns unbeschadet. Weitere Formel-1 Fahrer wie David Coulthard, Jenson Button und Anthony Davidson steuerten ebenfalls blessurenfreie Showeinlagen am Hillclimb bei.
Weniger Glück und wohl auch weniger fahrerisches Können hatten andere Piloten. Gerade am feucht-fröhlichen Sonntag ondulierten oder zerlegten gar einige der Piloten ihre Wagen in den schlüpfrigen Kurvenkombinationen des Hillclimb. Wer die Kontrolle über seinen Boliden verlor, sah Grasgrün und rutschte über den Turf geradewegs in die Strohballen, die in den meisten Fällen das Schlimmste verhindern konnten. Nicht jedoch den heftigsten Unfall: Der geschah bereits am Freitagnachmittag nach einem kurzen Regenguss. Die Piste war nur partiell abgetrocknet, als der Privatfahrer Steven Smith mit seinem Aston Martin Rallye GT den Berg hinauf stürmte. In der Molecomb, der wohl heikelsten Kurve in Goodwood passierte es: Smith verlor vis-a-vis der Grandstand Tribüne bei hoher Geschwindigkeit die Kontrolle über seinen Aston, als er mit einem Vorderrad das nasse Grün touchierte. Der Brite zerlegte den Cumberland-grauen Supersportwagen in einer mehrfachen Pirouette. Totalschaden. Soweit bekannt, wurde niemand der Zuschauer verletzt, jedoch soll ein Streckenposten von einem der wegschleudernden Teile getroffen worden sein. Die Goodwood-Macher warnen nicht ohne Grund auf Tafeln, Shirts und Hinweisschildern: „Motor Sport can be dangerous!“ – insbesondere dann, wenn sich Fahrer überschätzen.
Das Festival of Speed bietet alljährlich bald unzählige motorsportliche Attraktionen. Eine größere Vielfalt an Aktivitäten gibt es nirgendwo sonst. Tatsächlich gibt es mehr zu sehen, als die meisten Besucher an nur einem Wochenende aufnehmen können. Die Attraktionen reihen sich zu einem einzigartigen gigantischen Spektakel um den Rausch der Geschwindigkeit, welches Teams und Besucher in seinen Bann schlägt. Auch die heftigen Regengüsse konnten der guten Stimmung nur wenig anhaben, selbst wenn viele Zuschauer buchstäblich im Schlamm versanken und Besatzungen offener Vorkriegsboliden der Marken wie Bentley, Delage, Sunbeam und Rapier-Nailton, mit Gischt und Fontänen über die Piste eher schwammen als fuhren. Lediglich am Freitag hatte das Wetter Erbarmen und schenkte Goodwood einige sonnige Momente.
Quasi die Nervenader alljährlich stattfindenden Festivals ist das 1,6 Meilen lange Asphaltband, das sich von der Startlinie durch den Park, vorbei am Goodwood House, bis hinauf auf die Hügelkuppe zieht. Hier stürmen Motorräder, Vorkriegsklassiker, Rennwagen, Supersportwagen und Motorräder in 30 verschiedenen Fahrzeugklassen hinauf. Unterhalb von Goodwood House finden sich einige der Fahrerlager, in den die Boliden aus nächster Nähe bestaunt werden können. So zum Beispiel den Auto Union Typ C Rennwagen von 1936, den Nick Mason steuerte – aufgrund besserer Traktion mit Doppelbereifung an der Hinterachse. Audi feierte in Goodwood ferner 75 Jahre Jubiläum der vier Ringe, 100 Jahre DKW und 70 Jahre Auto Union Geschwindigkeitsrekord.
BMW hingegen zelebrierte mit insgesamt neun Rennikonen das 90-jährige Bestehen der Marke. Für BMW gingen unter anderem Andy Priaulx, Chris Bangle, Marc Surer und Helmut Daehne an den Start. Unter den Rennwagen waren auch zwei Fahrzeuge, die gemeinsam im vergangenen Jahr für Furore gesorgt haben: Zum einen das BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé aus dem Jahr 1939, Sieger in Le Mans, bei der Mille Miglia und eines der erfolgreichsten Rennsportfahrzeuge in der Geschichte der Marke BMW. Zum anderen das BMW Concept Coupé Mille Miglia 2006 als eine Hommage an die Fähigkeiten, die Erfolge und die Leidenschaft der Motorsport-Pioniere von einst. Beide Fahrzeuge gemeinsam konnten bislang nur bei der Mille Miglia 2006 und beim Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2007 bestaunt werden. Doch im Gegensatz zu diesen Auftritten beschränkten sich beide Wagen in Goodwood nicht auf eine statische Ausstellung, sondern demonstrierten ihren Drive erstmals auf einer Rennstrecke. Auch die Macher des zukünftigen Hamburger Prototyps gingen mit ihrem Petermax Müller Streamliner an den Start.
Hauptsponsor Mercedes-Benz war in Goodwood mit fünf eigenen Fahrzeugen aus dem Museumsbestand vertreten. Darunter fanden sich der W125 Rennwagen von 1937, den Jochen Mass lenkte und auch einer von drei originalen 300 SLR sowie der 5,0 Liter Achtzylinder Sauber-Mercedes C11 von 1990. Auch einige Privatfahrer setzten in Goodwood auf Fahrzeuge von Mercedes. Classic Driver Händler Florent Moulin ging mit einem originalen Mercedes-Benz 190 Evo 2 in der Klasse 19 auf den Track, den früher Klaus Ludwig in der DTM pilotierte. Im „Sunday Times Ingear Supercar Run“ donnerten unter anderem Aston Martin DBS, Bugatti Veyron 16.4, Italdesign-Ford Mustang, Lamborghini Gallardo Superleggera und der neue Maserati GranTurismo über die Piste. Und auf der durchweichten Rallye Stage scheuchten neben anderen Fahrern auch Colin McRae und Carloz Sainz ihre WRC Boliden durchs Gehölz.
Eindeutig besonnener ging es auf dem Cartier-Stand zu. Die Luxusmarke präsentierte in diesem Jahr im Rahmen eine „Style et Luxe“-Präsentation ausgewählte Fahrzeugklassiker in Gestalt eines Concours d´Elegance. Und gleich nebenan zeigte ein spektakuläres Display gleich mehrere Bugatti Royale. Ferrari war in der Goodwood Stallanlage mit einer Sonderausstellung ausgewählter Fahrzeuge anlässlich der 60-Jahr Feier vertreten. Den Ehrenplatz unmittelbar vor dem Goodwood House erhielt jedoch in 2007 Toyota anlässlich des 70-jährigen Markenjubiläums und der auch schon 50-jährigen Motorsporttradition der Japaner. Beeindruckend erheben sich die „Golden Gates“ mit fünf schwebenden Fahrzeugen über Goodwood Estate, während die Red Arrows über das Anwesen donnerten. In dem FOS-TECH Pavillon konnten Besucher zudem Unikate wie den Peugeot 908 RC und den Giugiao VAD.HO bestaunen, die Classic Driver bei deren Premiere umfänglich als ‚Auto der Woche’ gefeatured hatte. Auf einem gesonderten Display zeigten die Macher um Lord March ferner eine gut sortierte Auswahl von Bonneville Salzsee-Rennfahrzeugen, darunter auch „The Blue Flame“ von 1970 oder der MG Ex181 von 1959, den Stirling Moss pilotierte.
Alles in allem überzeugte das Festival of Speed 2007 durch die extreme Themenvielfalt und das wie minutiös choreografiert erscheinende Zusammenspiel aus einzigartigen Fahrzeugen mit ihren Fahrern. Kaum weniger geschmiert tourte die ausgeklügelte Marketing-Maschinerie von Lord March anlässlich der Jubiläumsausgabe, die auch bei Ticketpreisen von 47 Pfund für die Tageskarte am Sonntag nicht ins Stottern geriet. Im Gegenteil: Hieß es doch auf den Schildern rund um Goodwood kurz und bündig: „Sold out“. Bis zum nächsten Jahr.
Text: Mathias Paulokat
Fotos: Roger Dixon - all strictly copyright. Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf www.rogerdixonphotography.com.
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