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Magazin

Ferrari Mondial

Der Ferrari für Jedermann?

Text: Sven Jürisch
Fotos: Schlegelmilch Photography

Ein Ferrari zum Preis eines aktuellen VW Golf? Kein Problem, wenn man sich in den Mondial verguckt. Dass bei Bedarf sogar die Kinder Platz finden, macht die Sache noch besser.

Wie überzeugen Sie Ihre Frau von Ihrem Traumwagen? Ganz klar mit logischen Argumenten. Sprechen Sie von der Größe des Kofferraums (300 Liter), der übersichtlichen Bedienung (nur Rundinstrumente) und dem großzügigem Platzangebot. Ja, Sie haben richtig gehört: Bei diesem Ferrari taugt sogar dieses Argument zur Überzeugung, denn die 1982 von Pininfarina entworfene Karosserie des Mondial löst erstaunlicherweise auch die Transportprobleme einer Kleinfamilie. Im Fond des ab 1985 auch als Cabriolet erhältlichen Mittelmotorsportwagens finden zumindest zwei Kinder bequem Platz. So kann man den Nachwuchs sogar im italienischen Rennpferd zur Schule bringen und fällt dabei nicht einmal ungebührlich auf. Denn der Stil des Ferrari Mondial ist von einem angenehm zurückhaltenden Wesen. Ihm stehen gedeckte Metallicfarben ebenso wie traditionelles Rot.

Zurückhaltung ist jedoch auch in Sachen Motorisierung angesagt, jedenfalls wenn es um einen frühen Mondial geht. Wenig klassengerechte 214 PS leistete der zweiventilige V8 vor der Hinterachse. Erst ab 1985 hatte Ferrari ein Einsehen und spendierte dem quer eingebauten Motor zwei Vierventilzylinderköpfe. Damit stieg die Leistung auf zunächst 240 PS. Das reichte immerhin für eine Höchstgeschwindigkeit von 243 km/h. Genug für einen Hurrikane im offenen Cabrio, zu wenig jedoch für eine Spitzenstellung im Kreis der damals schon nicht gerade schwächlichen Konkurrenz. Die setzte mit Modellen wie dem BMW M6 oder dem Porsche 928S auf den damals noch leeren Autobahnen schon mal den linken Blinker, um den vermeintlich flügellahmen Ferrari von der Bahn zu scheuchen.

1985 war es mit dieser Schmach vorbei und ein im Hubraum vegrößerter Achtzylinder sorgte mit 270 PS für standesgemäßen Vortrieb. 250 km/h waren nun ohne Probleme drin und auch die Beschleunigung konnte sich bei gekonnter Bedienung des Fünfgang-Getriebes sehen lassen. Den Spurt auf 100 km/h erledigte der Mondial 3.2 binnen 7,4 Sekunden. War die Karosserie bis dato ohne große Änderungen ausgekommen, so bot der Jahrgang 89 die wohl tiefgreifensten Modifikationen. Mit der Umstellung von Quer- auf Längseinbau wartete der Mondial mit einem deutlich verbesserten Fahrverhalten auf. Der Einsatz von zeitgemäßer, wenngleich anfangs auch nicht besonders zuverlässiger Elektronik, einer geregelten Abgasreinigung sowie einem deutlichen Facelift machten den Mondial T in seinem letzten Lebenszyklus wieder zu einem alltagstauglichen Luxussportwagen, für den sich zwischen 1989 und 1993 immerhin 1.850 Käufer entschieden.

Die Technik

Neben seinem elegant-unspektakulären Äußeren profitiert der Mondial von einer ausgereiften Technik. Allen Unkenrufen zum Trotz gehört der Ferarri dank robuster Konstruktion nicht zu den Modellen, mit denen eine Urlaubsreise zwangsläufig auf dem Pick up Shuttle des ADAC endet. So glänzt der V8-Motor bei regelmäßiger Wartung durch mechanische Zuverlässigkeit. Zwar muss das Ventilspiel von Hand korrigiert werden und auch der Steuerriemen verlangt vor allem im Alter einen prüfenden Blick (Gummi altert, auch wenn es nicht bewegt wird), doch das war es auch schon. Vorsicht ist angebracht, wenn das Kaufobjekt über die bis 1989 eingesetzte mechanische Einspritzung von Bosch verfügt und nur wenig Kilometer auf dem Tacho hat. Dann drohen teure Standschäden an der Benzinversorgung. Scheppert es gar nach dem Anlassen aus dem Bereich der Abgaskrümmer eines frühen Mondial, so ist dies ein Indiz für einen Schaden an einem der beiden Krümmer, die zu Beginn noch aus wenig rostresistentem Stahlblech hergestellt waren. Kritisch bei typischen Sammlerwagen sind ebenfalls sämtliche Simmeringe. Sie härten durch lange Standzeiten aus und leiden, sobald sie wieder regelmäßig ihrer zugedachten Aufgabe nachkommen sollen, an kostenintensiver Inkontinenz.

Von Alterserscheinungen ebenfalls nicht unbehelligt, geben sich Stoßdämpfer und Gummibuchsen des aufwändigen Fahrwerks. Autos, bei denen hier regelmäßig eine Durchsicht erfolgte (Servicehistorie beachten!), sind in jedem Fall der bessere Kauf. Dank der guten Rostvorsorge, eine Dinol-Versiegelung war serienmäßig, präsentiert sich das elegante Blechkleid unfallfreier Fahrzeuge meist in einem makellosen Zustand. Einzig der Frontspoiler ist bisweilen Opfer zu hoher Bürgersteigkanten geworden. Und da selbst die Verarbeitung der Blechteile auf einem erstaunlich hohen Niveau lag, enttarnen ungleichmäßige Spaltmaße den Bruchpiloten schneller, als dem Verkäufer lieb ist.

Die Kosten

Ferrari fahren zum Golf-Preis. Sofern ihre bessere Hälfte bis hierhin mitgelesen hat, lenken Sie jetzt bitte ab. Denn der günstige Kaufpreis des Mondial ist nur die halbe Wahrheit. Was dann kommt, ist grausam und verschlingt im Jahr mindestens einen Urlaub. So dürften bei frühen Mondial-Modellen mit den Michelin TRX-Reifen Standplatten die Regel sein. Macht für vier neue Gummis rund 2.500 Euro. Einmal Wartung mit Ventile einstellen, Steuerriemen- und Ölwechsel (10 Liter feinstes Castrol): macht 5.000 Euro. Sie merken, kaputt ist bis jetzt noch nichts. Schleift die Kupplung (800 Euro) oder zieht die Frontscheibe Wasser, wird es teurer. Kleinigkeiten, wie der Sprung im vorderen Blinker (350 Euro/Stück) oder der Ersatz des gespachtelten Kotflügels (1.200 Euro) belasten das Budget zusätzlich.

Angesichts dieses Preisniveaus bieten sich frühe Modelle nur für unerschrockene Liebhaber an, denn die fast 30 Jahre alten Autos bedürfen technisch in der Regel einer Totalsanierung. Deutlich besser stehen dagegen die späten T-Modelle da. Sie verfügen zwar über mehr Elektronik, wenn diese aber funktioniert, bietet die deutlich jüngere Mechanik eine bessere Basis für eine lange und unproblematische Beziehung. Doch auch für diese Modelle gilt, je weniger sie bewegt wurden, desto schlechter ist dies für die Technik. Unproblematisch sind indes die Innenräume und das Verdeck, welches aus handelsüblichem und robustem Sonnenland-Verdeckstoff gefertigt wurde. Aber auch hier lauert die Kostenfalle im Detail. So schlägt ein abgerochener Blinkerhebel mit üppigen 900 Euro zu Buche und das sich häutende Armaturenbrett ist ein Fall für einen Verhandlungsmarathon mit dem Sattler ihres Vertrauens.

Fazit & Fakten

Eigentlich ist der Traum vom preiswerten Ferrarifahren mit einem Mondial ausgeträumt. Wartung und letztlich auch der Unterhalt bewegen sich auf dem gleichen exorbitanten Niveau, wie bei allen Rennpferden aus Maranello. Und doch sorgt das günstige Kaufpreisniveau dafür, dass die Versuchung groß ist. Zumal die praktischen Argumente auch die bessere Hälfte auf Anhieb überzeugen dürften. Wenn nicht, empfehlen wir eine Probefahrt. Am besten im Mondial T Cabrio, offen, am Strand. Und wenn Sie dann auf der tablettartigen Motorhaube zwei volle Champagnergläser abstellen, haben sie ein weiteres Argument für den Mondial gefunden.

Karosserie:

Zweitürige Ganzstahlkarosserie wahlweise als Coupé oder als Cabriolet mit Stoffdach

Motor:

Achtzylinder V-Motor mit 3,0 bis 3,4 Liter Hubraum

Leistung: 214 bis 300 PS, ab 1982 Vierventilzylinderköpfe

Fahrleistungen:

Höchstgeschwindigkeit je nach Motorleistung zwischen 225 bis 255km/h, Beschleunigung 0 bis 100 km/h 6,3 Sekunden (Mondial t)

Besonderheiten und Preise

Anfangs quer, später längs eingebauter V8 Motor vor der Hinterachse, aufwändiges Fahrwerk mit Einzelradaufhängung rundum.

Preisspanne:

Circa 28.000 Euro für Fahrzeuge mit Laufleistungen um 100.000 Kilometer, Cabriolets erfordern ein Aufgeld von rund 4.000 Euro.

Classic Driver Empfehlung:

Mondial t Cabriolet aus den letzten Baujahren mit einer Laufleistung zwischen 50.000 bis 100.000 Kilometer, kompletter Wartungshistorie. Kaufpreis circa 32.000 Euro zzgl. 6.000 Euro Rücklage für anstehende Wartung.

Fotogalerie

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