
Benannt ist der Dino-Motor nach Dino Ferrari, dem Sohn von Enzo Ferrari, der im Jahre 1956 im Alter von 24 Jahren an den Folgen von Muskelschwund starb. Die Geschichte erzählt, dass der junge Dino Ferrari noch von seinem Krankenbett aus maßgeblichen Anteil an der Konzeption des Ferrari-V6-Motors hatte, den der begnadete Konstrukteur Vittorio Jano für die Formel 2 Saison 1957 entwarf. Das Ergebnis war ein 1,5 l V6 Motor mit dem ungewöhnlichen Zylinderwinkel von 65°, der dank einer speziellen Kurbelwelle dennoch gleichmäßige Zündabstände hatte. Der Zylinderwinkel von 65° wurde gewählt, um Platz für zwei obenliegende Nockenwellen je Zylinderreihe zu schaffen. Zur Erinnerung an seinen Sohn wurde dieser Motortyp „Dino“ genannt, ebenso wie viele der Autos, die damit ausgerüstet wurden. Es handelt sich dabei um einen zunächst ausschließlich für den Renneinsatz entwickelten Motor, der von Anfang an extrem leistungsfähig war.
Die erste Version, der Dino 156 für die Formel 2 im Jahr 1957, leistete bei einem Hubraum von 1.489 ccm bereits 180 PS. Bereits beim ersten Renneinsatz, dem GP von Neapel im Jahre 1957 erzielte der kleine F2 Dino einen dritten Platz hinter zwei F1 Ferrari. Seinen ersten Sieg feierte er dann im F2 Rennen von Reims mit Maurice Trintignant am Steuer. Mit dem Dino wurde übrigens eine alternative Nomenklatur für die Ferrari Motoren eingeführt: 156 bedeutet 1,5 l Hubraum und sechs Zylindern. Diese Nomenklatur wurde übrigens bis in die Neunzigerjahre mit dem Typ 348 für die kleinen Sechs- und Achtzylinder Ferrari beibehalten. Traditionell gab die Bezeichnung bei Ferrari den Hubraum eines Zylinders an – z.B. „250“ stand zum Beispiel für 250 ccm und 12 Zylinder, also 3 Liter Hubraum.
1958 wurde die nächste Entwicklungsstufe des Dino-Motors als „246“ in der Formel 1 eingesetzt und Mike Hawthorn wurde damit auch Weltmeister mit nur einem Punkt Vorsprung auf Stirling Moss auf Vanvall. Der erste WM-Titel für einen Dino und auch der erste Erfolg für einen Engländer in der Formel 1! Der erste Meilenstein in der Dino-Geschichte war somit erreicht. In diesem Jahr wurden auch die ersten Sport-Prototypen mit dem Dino Motor in verschiedenen Motorvarianten von 2 bis 3 l Hubraum getestet.
In den Folgejahren wurde in der Formel 1 weiter der Dino 246 eingesetzt, der auch unter Piloten wie Tony Brooks, Phil Hill oder Wolfgang von Trips bei insgesamt sechs WM-Läufen erfolgreich war. Im Jahr 1959 konnte auch noch der Konstrukteurs-WM-Titel erobert werden.
In diese Jahre fiel auch die Weiterentwicklung der Dino Sportprototypen 196 S, 246 SP und 248 SP, die zum Beispiel bei Langstreckenrennen wie der Targa Florio oder auf dem Nürburgring äußerst erfolgreich waren. Der Dino 246 SP des Jahres 1961 war übrigens der erste Ferrari-Prototyp mit Mittelmotor und stellt somit einen Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte von Ferrari dar.
Das Jahr 1961 brachte auch ein neues Reglement für die Formel 1: Hubraumlimit 1,5 l. Ferrari entwickelte auf Basis des vorherigen Dino F2 den Ferrari Dino 156-F1 mit dem markanten Haifischmaul. Um den Schwerpunkt zu reduzieren und noch mehr Platz für Vergaser oder Einspritzung zu schaffen, wurde der Zylinderwinkel auf 120° vergrößert. In den Händen von Phil Hill und Wolfgang von Trips war der Dino 156 das dominierende Auto in der Saison 1961 und holte insgesamt sechs GP-Siege. In Monza kam es leider zu dem tragischen Unfall zwischen Wolfgang von Trips und Jim Clark, bei dem „Taffy“ Trips sein Leben verlor. Den WM-Titel errang Phil Hill und Ferrari holte sich auch noch die Konstrukteurs-WM. In den Jahren 1962 und 1963 waren die Dino 156 F1 nicht mehr voll konkurrenzfähig gegen die Achtzylinder von BRM und Lotus und konnten nur einen GP-Sieg (Nürburgring 1963) unter John Surtees erringen. Erfolgreicher waren dagegen die Sportwagen-Prototypen, die erfolgreich in Rennen wie der Targa Florio oder in Brands Hatch waren. Ludovico Scarfiotti konnte mit dem Dino 196 SP/62 im Jahre 1962 den Titel eines Berg-Europameister erringen und dabei erstmals die sieggewohnten Porsche hinter sich lassen.

1964 war für Ferrari ein extrem erfolgreiches Jahr, das durch John Surtees mit seinem WM–Titel mit dem Ferrari 158 gekrönt wurde. Aber der V8 war kein Dino mehr... Auf österreichischem Boden, beim GP von Zeltweg 1964, erzielte Lorenzo Bandini mit dem Ferrari 156 F1 den letzten GP-Sieg mit einem Sechzylinder Dino-Motor. Die „Waschrumpel“ des Zeltweger Flughafenkurses zerbeutelte die F1-Autos aber derart, dass der nächste F1 WM-Lauf erst nach dem Bau des Österreichringes möglich war.
Damit, so dachten viele, wäre die Dino–Geschichte bei den Rennwagen und Prototypen abgeschlossen. Aber im Herbst 1964 kündigte Enzo Ferrari an, dass im Jahr 1965 ein Dino 1,6 l Sport-Prototyp geplant sei, der die Basis für den Ferrari F2 nach dem ab 1967 gültigen Reglement bilden solle. In Monza 1965 erschien dann der Dino 166 P Prototyp als Coupé in einer völlig neuen Form, die ein Vorgriff auf die künftigen Ferrari P3 und P4, die wahrscheinlich schönsten je gebauten Prototypen, war. Der 1,6 l Motor stellte sich trotz eines vierten Gesamtranges am Nürburgring für die Langstreckenrennen aber bald als zu anfällig heraus und wurde durch ein 2 l Triebwerk (206) ersetzt. Als „Bergspyder 206“ wurde er von Ludivico Scafiotti in der EM eingesetzt und er errang damit 1965 seinen zweiten Europameisterschaftstitel vor Gerhard Mitter (Porsche) und Hans Herrmann (Abarth).
Bei der Präsentation des Ferrari P3 (4,4 l 12 Zylinder) im Frühjahr 1966 wurde auch der neue Dino 206 SP präsentiert. Ursprünglich sollten von diesem Auto 50 Stück gebaut werden, um ihn als Sportwagen zu homologieren. Zufolge der typischen Streiks in Italien und des Engagements der Rennabteilung von Ferrari in F1 und Prototypen-Rennen konnten aber nur 18 Stück erzeugt werden. Jeder von ihnen ist heute einer der begehrtesten Rennsportwagen der Sechzigerjahre. Die Dinos kämpften bei den Langstreckenrennen immer gegen eine Armada von Porsche Carrera 6 und hatten dabei insbesondere auf anspruchsvollen Strecken wie der Targa Florio und dem Nürburgring die Nase vorn. Ludivico Scarfiotti wurde in der Berg-EM Zweiter hinter Gerhard Mitter (Porsche). Aber auch in der neuen 3 l Formel 1 wurden die Dino–Motoren in ihrer traditionellen 2,4 l-Version als Ergänzung zu den 3 l-Zwölfzylindern nochmals eingesetzt. Lorenzo Bandini erzielte damit trotz des Hubraumhandicaps die Plätze 2 und 3 in Monaco und Spa– und das mit einem nun schon 10 Jahre alten Motor in der Königsklasse des Motorsports!
Im Jahr 1967 wurden bei Fiat die 500 Stück Dino-Spider und Coupe gebaut, die nötig waren, um den Dino–Motor für die Formel 2-Saison 1968 zu homologieren. Die Leichtmetallmotoren des Fait Dino 2000 und des späteren Ferrari Dino 206 sind somit direkte Abkömmlinge der erfolgreichen Dino-Rennmotoren. Bei den Renneinsätzen 1967 begnügte man sich mit einigen Starts der alten Dino 206 SP, die aber wenig erfolgreich waren.
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Umso erfolgreicher begann die Saison 1968 für die Dino-Monoposti. Den Auftakt machte Chris Amon bei der Tasman-Serie mit einem Dino 246/TT, der im neuen F2-Chassis einen der alten 246-Motoren hatte. Amon wurde damit überlegener Sieger in dieser Serie in Australien/ Neuseeland. In der Formel 2 dauerte es dagegen etwas, bis die Dinos wirklich erfolgreich waren. Gesamtsiege erzielte Tino Brambilla aber mit dem Dino 166 F2 in Hockenheim und Vallelunga. Bei der argentinischen Temporada-Serie siegte dann Andrea de Adamich mit einem Dino F 2. Ihr Debut in Österreich gaben die Dino F2 am 14. Juli 1968 in Tulln-Langenlebarn mit Chris Amon und Derek Bell am Steuer. Bei diesem Rennen war der Autor dieser Zeilen übrigens als jugendlicher Fotograf dabei. Ein Fiat Dino Spider 2000 war beim 24 h–Rennen von Le Mans am Start und belegte dabei sogar den 18. Platz im Gesamtklassement – unglaublich für einen Serienspider.
1969 konnte Chris Amon seinen Erfolg bei der Tasman-Serie wiederholen und wurde mit dem Dino 246 T/69 wieder Gesamtsieger. Derek Bell belegte mit dem zweiten Dino 246 den vierten Platz im Gesamtklassement. Die Formel 2-Saison 1969 brachte es dann aber endgültig ans Tageslicht – der nun schon 13 Jahre alte Dino–Motor war in einer Formel-Klasse nicht mehr in der Lage, mit den modernen Aggregaten von Ford-Cosworth oder BMW mitzuhalten, sodass auch keine Top-Platzierungen mehr erzielt werden konnten. Auch die noch aus den Jahren 1966 und 1967 stammenden Sport-Prototypen waren nicht mehr wirklich konkurrenzfähig und konnten über Ehrenplätze nicht mehr hinauskommen. Bei der Targa Florio ging übrigens auch ein FIAT Dino Spider an den Start und belegte den beachtlichen 30. Platz – er schuf damit die Basis für die Teilnahme des Autors an der Targa Florio 2001 im Fiat Dino Spider 2400.
Im Winter 1970 konnte Gaeme Lawrence den „alten“ Dino 246 T/69 bei der Tasman-Serie noch einmal auf Erfolgskurs bringen und holte den dritten Tasman-Titel in Serie für Ferrari. Vereinzelt wurden in den Folgejahren dann auch die Seriensportwagen Ferrari Dino 246 GT auf Rundstrecken eingesetzt, wobei ein 17. Platz im Gesamtklassement der 24 h von Le Mans im Jahr 1972 die interessanteste Platzierung ist.

Rudolf Schraml (Autor) am Steuer seines Ferrari Dino 246 GT bei der Ennstal Classic 2001,
bei der sein Team den Gesamtsieg erzielen konnte.
Mit dem Ende der Sechzigerjahre ist die damit die Erfolgsgeschichte der Dino-V6-Motoren nach 14 Jahren auf den Rundstrecken und Rennpisten zu Ende gegangen - für ein als reinen Rennmotor konzipiertes Aggregat geradezu ein Methusalemalter. Ein Beweis dafür, welches hohe Potenzial in diesem faszinierenden Motor von Anfang an steckte. Die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte der Dinos und des Dino-Motors wird der Inhalt des nächsten Berichtes sein.
Text: Rudolf Schraml
Fotos: Rudolf Schraml / Heinz Swoboda