Wer glaubt, im DeltaWing bloß einen weiteren Raketenwagen für die Salzebenen von Utah zu sehen, der irrt. Der DeltaWing ist ein ambitioniertes Rennsportkonzept des ehemaligen Lola-Chefdesigners Ben Bowlby, das planmäßig in diesem Jahr beim 24h-Rennen in Le Mans starten soll.
Trotz seiner auffälligen Optik ist der DeltaWing, für den Chefentwickler Ben Bowlby bereits beim Race-Tech-Symposium in Oxford zum Aerodynamiker des Jahres gekürt wurde, nur eine halbe Portion. Denn eben durch besondere Leichtfüßigkeit will der amerikanische Projektwagen auf der Rennstrecke Zeit sparen: Der DeltaWing wiegt nur etwa halb so viel wie ein herkömmlicher Le-Mans-Rennwagen – entsprechend benötig die Rakete nur die halbe Leistung. Niedriges Gewicht und eine ausgefeilte Aerodynamik bedeuten weniger Abtrieb, dadurch ist der Reifenverschleiß geringer, und auch der Kraftstoffverbrauch sinkt. Entsprechend kann das Highcroft-Team, das den Start beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen plant, weniger Zwischenstopps einplanen und spart damit Zeit.
Trotz radikalem Sparkurs bietet der DeltaWing auch überzeugende Leistungsdaten: Der 72 Kilogramm leichte 1,6-Liter-Turbomotor im Heck – der Motorenlieferant steht bereits fest, wurde jedoch noch nicht bekanntgegeben – soll den nur 475 Kilogramm schweren Rennwagen (inklusive Fahrer) bis auf 300 km/h beschleunigen. Die Kraftübertragung erfolgt über ein 6-Gang-Getriebe des US-Herstellers EMCO, das nur 30 Kilogramm auf die Waage bringt. Energieeffizient ausgelegt sind auch die Reifenformate, vor allem auf der Vorderachse: Nur zehn Zentimeter messen die Pneus in der Breite – die Reifen eines aktuellen Audi R18 sind beinah viermal so breit. Die ungewöhnlichen Reifen stellt der französische Hersteller Michelin zur Verfügung, der das Projekt DeltaWing mitunterstützt.
Zuletzt hat der Raketenwagen ein intensives CFD-Testprogramm (Computational Fluid Dynamics) absolviert, das laut Bowlby sehr erfolgreich war. „Im Windshear-Tunnel wollen wir dem Fahrzeug den letzten aerodynamischen Schliff geben. Es ist jetzt an der Zeit, dass wir das Auto zum Leben erwecken und den DeltaWing in Original-Größe im Windshear-Tunnel mit einem beweglichen Boden auf Herz und Nieren prüfen.“
Die Chancen stehen also gut, dass der DeltaWing tatsächlich am 16. Juni 2012 auf dem Circuit de la Sarthe ein neues Zeitalter im Motorsport zündet, wenn auch erst einmal außer Konkurrenz. Wir drücken die Daumen und verfolgen das Projekt. Weitere Informationen gibt es vorab unter deltawingracing.com.
Text: Jan Richter
Fotos: DeltaWing Racing Cars