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Die rasante Geschichte des Jaguar-Testfahrers Norman Dewis

Beim Goodwood Festival of Speed vor zwei Jahren hatte Classic Driver-Redakteurin Charis Whitcombe das große Glück, neben Norman Dewis, dem legendären Testfahrer bei Jaguar, zu sitzen. Und da es mal wieder eine Rennpause wegen eines technischen Defekts auf der Strecke gab, kam man ins Gespräch...

Der Name Norman Dewis ist untrennbar verbunden mit der Entwicklung Jaguars von 1952 – zu diesem Zeitpunkt fing Dewis an, bei Jaguar zu arbeiten – bis 1985, als er in den Ruhestand ging. Jetzt könnte man annehmen, dass sich eine kleine Plauderei mit dieser bedeutenden Persönlichkeit über alles, außer Jaguar, eventuell schwierig gestalten würde. Doch ganz im Gegenteil. Fast ein Stunde lang sprach der legendäre Norman am Rande des Festival of Speed mit einer wunderbaren Mischung aus Bescheidenheit und Begeisterung über Themen wie die Tücken des Goodwood-Bergrennens, die Kopfbedeckung einer glamourösen Festival-Besucherin, die auf High Heels vorbeistöckelte, und natürlich auch über Jaguar. Eine gute Portion Humor und die Gabe, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, sind Eigenschaften, die Norman Dewis regelmäßig nachgesagt werden. Aber laut seines Biographen Paul Skilleter war das nicht immer so. „Während seiner Arbeit damals war er geschäftsmäßig, geradezu brüsk“, hält der Autor in der Einleitung seines Buchs „Norman Dewis of Jaguar” fest. Kein Wunder bei den Herausforderungen, die dem jungen Testfahrer und Ingenieur noch bevorstanden.

Vom Kanonier zum Testfahrer

Es war allein schon eine Leistung, den Krieg zu überleben, denn Dewis war Heckschütze in den Bombern der Royal Air Force. In Friedenszeiten wurde er zunächst leitender Prüfer bei dem Automobil- und Motorradhersteller Lea-Francis, ehe er 1952 zu Jaguar wechselte. Er wurde mit der Entwicklung aller Renn- und Straßenfahrzeuge betraut und war damit für die nächsten 33 Jahre wesentlich an den Erfolgen der berühmtesten Modelle wie XK140 und 150, C-Type und D-Type,  Mk2-Limousine, E-Type, XJ13, Xj-S und vieler anderer mehr beteiligt. Quasi nebenbei schob er auch noch die Entwicklung der Scheibenbremse voran.

Keinen Tag frei

Mit diesen Aufgaben wären wohl die meisten genügend ausgelastet gewesen, aber Norman Dewis war auch noch als Werksfahrer im D-Type weltweit bei allen Top-Events unterwegs. Sein meisterliches Können hinterm Lenkrad war für die Rennstrecke ebenso wertvoll wie bei der Beurteilung von Handling und Leistung im Versuch. Die Summe dessen, was er in seinem Leben erreicht hat, lässt sich kaum aufzählen, aber eine Anekdote bringt die Persönlichkeit dieses Mannes auf den Punkt. Im Jahr 1971 war Dewis für einen PR-Film über den V12 E-Type in einem XJ13 auf der MIRA-Teststrecke unterwegs, als einer der Hinterreifen platzte. Das Fahrzeug überschlug sich mehrmals – Totalschaden. Und Dewis? Erschein am nächsten Tag wie gewohnt an seinem Arbeitsplatz – so, als wäre nichts gewesen.

Jahrzehnte der Hingabe

Seine Bereitschaft, hart und engagiert zu arbeiten, hat er in all den Jahrzehnten seither nicht eingebüßt. An diesem Tag in Goodwood vor zwei Jahren pilotierte Dewis einen Jaguar C-Type über den anspruchsvollen Rennparcours und teilte nach dem Festival of Speed lapidar mit, dass er gleich zu einer Vortragsreise in die USA fliege.  Nicht schlecht für einen 91-Jährigen.

Fotos: © Jaguar Daimler Heritage Trust