Es ist schwer, sich heute noch eine Welt vorzustellen, in der sich zwei Automarken zusammentun, um unterm Strich mehr Fahrzeuge verkaufen zu können. Wenn, dann nur im Kleinwagen-Segment, wo die Margen knapp sind. Die Autobranche ist hart umkämpft. Jeder Hersteller versucht, seine Konkurrenten zu übertrumpfen, was zu einem nicht enden wollenden Wettlauf um den schnellsten, sparsamsten, sichersten oder – in manchen Fällen – wildesten Wagen führt. Sicher, wir haben erlebt, wie sich der neue GR Supra von Toyota die Plattform und alle Hauptkomponenten mit dem aktuellen BMW Z4 teilt. Aber das ist eher die ruhmreiche Ausnahme. Wenn wir jedoch die Uhren 20 Jahre und noch länger zurückdrehen, passierte es etwas häufiger, dass zwei Big Player zusammenkamen, um Großartiges zu schaffen. Hier sind drei Beispiele für gelungene Koproduktionen.
Audi RS2 – als Ingolstadt auf Stuttgart traf
Wir beginnen unsere Reise in die Vergangenheit mit dem alltagstauglichsten und praktischsten Modell auf unserer Liste. Ein geschichtsträchtiges Auto, das zu Recht als eines der begehrtesten und beliebtesten in der Geschichte von Audi gilt. In den frühen 1990er-Jahren sagten die Ingolstädter dem frisch auf den Markt gebrachten M3 von BMW den Kampf an. Dazu suchte man den Ratschlag von Porsche Engineering, einer Tochtergesellschaft der Porsche AG. Doch statt für eine Limousine entschied man sich für einen Kombi, produziert in exklusiver Auflage in Zuffenhausen. Auf Basis des Audi S2 in der Avant-Ausführung entstand so der RS2 mit quattro-Antrieb, als erster Vertreter des neuen Segments „Hochleistungs-Kombi“.
Der RS2 Avant war bei seiner Markteinführung im Jahr 1994 sowohl der schnellste Kombi der Welt als auch der erste Audi, der die 250-km/h-Marke überschritt – eine beachtliche Leistung, die ohne Porsche kaum möglich gewesen wäre. Denn die Stuttgarter Entwicklungsabteilung steigerte die Leistung des aufgeladenen Audi-20V-Fünfzylinders dank eines größeren Laders und vieler Detailmodifikationen von 230 auf 315 PS. Kümmerte sich daneben auch um die Fahrwerksabstimmung und spendierte dem RS 2 Außenspiegel, Blinker und Felgen der Porsche 911-Baureihen 964 und 993. Das Ergebnis war ein Audi Avant, den viele dank seiner mühelosen Präsenz und seines Understatements bis heute für einen der besten Kombis aller Zeiten halten. Mit nur 2.891 produzierten Exemplaren ist er auch ein seltenes und umso begehrteres Familienmobil! Wie dieses in der Schweiz offerierte Modell Baujahr 1995 aus erster Hand und mit einer Laufleistung von 78.000 Kilometern!
Mercedes-Benz SLR McLaren – Talking about my (new) generation
Kaum zu glauben, dass dieser ungewöhnliche Supersportwagen schon 21 Jahre alt ist. Er entstand in Erinnerung an die scheinbar unzertrennliche Formel-1-Allianz zwischen Mercedes-Benz und McLaren sowie als ultimatives Straßenauto zweier Partner, die mit dem damaligen Hoffnungsträger Mika Häkkinen erfolgreich gegen Ferrari antraten. Das Design des 1999 in Detroit zunächst als Konzeptstudie gezeigten Vorläufers „Vision SLR“ orientierte sich neben den modernen Silberpfeilen aus Woking an ikonischen Fahrzeugen aus der Geschichte von Mercedes-Benz – allen voran am legendären Uhlenhaut-Coupé und dem 300 SL Flügeltürer.
Die 2003 erschiene Serienversion gehört zu den Supercars, die den Test der Zeit gut überstanden haben und selbst in den Supercar-Hotspots der Städte weiter erfolgreich für Staus sorgen können. McLaren montierte den Zweisitzer in einem eigens errichteten Werk in Portsmouth – mit dem Herzstück des in Frontmittelmotor-Bauweise installierten und 650 PS starken V8-Kompressors von AMG. Der SLR, den es während seines Lifecycles auch als SLR 722, GT und zuletzt SLR Stirling Moss gab, war auf 3500 Einheiten konzipiert, am Ende wurden aber nur 2157 Exemplare ausgeliefert. Das hier gezeigte Modell von Mechatronik stammt aus dem Jahr 2008, ein schwarzer SLR Roadster mit beigem Leder-Interieur.
Vauxhall Lotus Carlton – Catch me if you can
Während sich der Name dieser Superlimousine aufgrund einiger eher illegalere Geschäfte, auf die wir gleich näher eingehen werden, tief in die britische Folklore eingegraben hat, war der Vauxhall Carlton (als Linkslenker bekannt als Lotus Omega) vielleicht das unwahrscheinlichste Auto, das jemals in den heiligen Hallen von Lotus veredelt wurde. Für die intern als Typ 104 geführte Limousine bohrten die Briten zunächst den serienmäßigen 3,0-Liter-Reihensechszylinder aus dem Opel Omega A 3000 24V auf 3,6 Liter auf. Im zweiten Schritt schlossen sie zwei Garrett-Turbo an, wodurch die im Serientrimm brav wirkende Familienkutsche zu einer heißblütigen Rakete mit 377 PS unter der Motorhaube mutierte. Dank zusätzlicher Handling-Upgrades und Verbesserungen direkt aus dem Lotus-Werk Hethel konnte der in Handarbeit gebaute Carlton (Omega) sogar die schnellsten Autos der 1990er-Jahre in die Schranken weisen. Er galt nach dem BMW Alpina B10 Bi-Turbo als schnellste Limousine der Welt.
Doch es waren nicht nur konkurrierende Supercars, die er abschütteln konnte, sondern auch die Polizei. Im UK bis heute legendär ist die berüchtigte „40 RA“-Geschichte, bei der 1993 ein Lotus Carlton gestohlen und anschließend für verschiedene Raubüberfälle verwendet wurde. Dabei gelang es selbst den besten Polizeibeamten der West Midlands nicht, während einer Verfolgungsjagd in die Nähe des Fluchtfahrzeugs zu gelangen. Es war eine wahre Achterbahnfahrt, aber laut Vauxhall prangt das Kennzeichen 40 RA inzwischen auf einem anderen Lotus Carlton und gehört sogar genau demselben Besitzer, dem damals sein Auto gestohlen wurde - wie cool ist das denn! Statt 1100 geplanten Exemplaren baute Lotus am Ende 950 Einheiten, darunter dieses Modell Baujahr 1991 aus zweiter Hand und mit knapp 58.000 Kilometern auf der Uhr.
Es gibt noch viele andere Koproduktionen, die wir für diesen Artikel auf die Shortlist gesetzt hatten – aber die heben wir uns für einen anderen Tag auf. Für den Moment schauen Sie doch mal im Classic Driver Markt nach weiteren potentiellen Traumwagen.