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Diese 10 Auto-Ikonen sollte man 2016 im Auge behalten

Das Interesse an klassischen Automobilen ebbt nicht ab. Enthusiasten, Sammler und Händler versuchen, möglichst früh Trends zu erspüren und den nächsten Star auf der Auktionsbühne auszumachen. Wir haben zehn anerkannte Auktions-Experten nach ihren Favoriten für 2016 befragt.

2014 und 2015 stellten wir bereits solche „Best of“-Listen auf. Sie brachten sehr hohe Klickzahlen und bewiesen die hohe Treffsicherheit der Experten. Unisono sagten sie zum Beispiel den schnellen Aufstieg von Klassikern wie Lamborghini Countach, Ferrari Testarossa/BB, BMW M3 E30 oder diversen Porsche 911-Varianten voraus.

Bevor wir in die Glaskugel schauen, redet Marktexperte Simon Kidston Klartext: „Es gibt keine Investments-Tipps. Über den Großteil des Jahrzehnts hat uns der boomende Markt verdorben. Leichtes Geld ließ uns glauben, Investment-Genies zu sein. In Wirklichkeit waren wir nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Kräfteverhältnisse haben sich inzwischen von den Verkäufern zu den Käufern verlagert. 99 Prozent aller Autos sind nur ein weiterer Flügeltürer, Carrera RS oder F40. Nur wenn Sie ein wirklich einzigartiges Modell, das „best of breed“ einer Marke oder Baureihe anbieten, können Sie noch Verkaufsgespräche auf Augenhöhe führen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf, legen wir mal los... 

Der 1950er-Jahre Sportwagen für Events 

Die wachsende Beliebtheit von Events wie Le Mans Classic, Mille Miglia oder Goodwood Revival treibt automatisch die Nachfrage nach dort startberechtigten Sportwagen in die Höhe. Am unteren Ende der Erschwinglichkeitsskala sieht Rutger Houtkamp von The Houtkamp Collection den Jaguar XK im Kommen. „Wir sind die Mille Miglia fünf Mal mit einem XK140 OTS gefahren. Ein wunderschönes Auto mit perfektem Handling, phantastischem Sound und viel Power. Die gesamte Jaguar XK Palette ist unterbewertet und noch immer relativ erschwinglich – doch ich bin mir nicht sicher, wie lange das noch anhalten wird.“ Simon Kidston sieht Potential für den Lancia Aurelia B20 GT, sei es als Rennsportgerät oder GT für die Straße. „Dieses Meisterwerk von Pinin Farina ist in Kurven schneller als ein Ferrari aus der gleichen Epoche. Für die Spyder America-Version werden leicht über eine Million Dollar aufgerufen; dagegen ist das Coupé noch günstig. Vielleicht kein Modell für Angeber, aber fahrwerkstechnisch der Konkurrenz um Jahre voraus.“

Am anderen Ende der Skala scheint es die richtige Zeit zum Erwerb eines Ferrari-Sportwagens zu sein (wenn Sie über das nötige Budget verfügen). Denn das Angebot an erstklassigen Modellen ist größer als in den letzten Jahren. RM verkaufte Ende 2015 einen 290 MM für $ 28 Millionen, doch stehen demnächst auf der Rétromobile Artcurials 335 S und auf Amelia Island Goodings 166MM/195 S Berlinetta Le Mans zum Verkauf.

Die weniger beliebten Aston Martins

Es gibt Aston Martins, die – aus oft nicht nachvollziehbaren Gründen – weniger geliebt werden als andere. Doch wie sagt das Sprichwort: „Ein blindes Hund findet auch mal ein Korn“. Genau das sagt Bonhams Jamie Knight dem Virage aus den 90er-Jahren voraus: „Diese Modelle wurden in kleinen Stückzahlen noch weitgehend per Hand in Newport Pagnell montiert – wie ein tolles schwarzes Modell, das wir im letzten Mai verkauft haben. Sie waren die Nachfolger der V8-Modelle und ich denke, ihre Zeit wird kommen.“ Kidston sieht dagegen steigende Kurse für einen der schrillsten Luxuswagen der 80er-Jahre, den Lagonda. „Bitte lachen Sie nicht, nein, ich bin nicht nach Moskau oder Dubai gezogen! Für mich ist das ein überkandideltes, gleichwohl in jene Zeit passendes Design-Statement, ein viertüriges Pendant zum Countach. Aber kaufen Sie nur den Besten, sonst treibt sie die erste Inspektion gleich in den Ruin.“ 

Die großen sperrigen Bentleys

Es überraschend kaum, dass Simon Kidston – Neffe des „Bentley Boys“ Glen – auch Modellen aus Crewe für 2016 gute Chancen einräumt. „Ich besitze ein Continental Cabriolet und zweifle, ob er nur gebrauchte Luxuskutsche oder schon Klassiker ist. Doch wenn ich hinterm Steuer sitze und meine Schuhe in diese Lammwoll-Teppiche versenke, wundere ich mich, wie man so viel handgefertigte Exklusivität für so wenig Zaster kaufen kann? Für mich ein künftiger Klassiker, ebenso wie die Bentley S1/2/3 Continental Flying Spurs. Eigentlich stießen sie mich immer ab: Es sind rollende Herrenhäuser, sündhaft teuer zu restaurieren und politisch sehr inkorrekt. Vielleicht ist es eine Frage des Alters. Immer mehr sehe ich solch einen Spur als eleganten Spaßwagen für die Familie – doch es scheint, dass ich beim letzten Punkt überstimmt worden bin.“ 

Eine Special Edition des Defender

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir so schnell noch einmal einen Defender-Verkauf für 400.000 Pfund erleben werden. Doch angesichts der bald auslaufenden Serienproduktion scheint steigendes Interesse an Land Rovers langgedientem Pensionär garantiert. „Es gibt in Europa eine Reihe von für Sammler sehr wertvollen Varianten, wie LXV, Heritage, Autobiography, Adventure, das zweimillionste Exemplar“, sagt Stu Carpenter von Copley Motorcars in Massachusetts. „Und bis zum endgültigen Auslauf werden ja auch noch ein paar Exemplare gebaut. Hier in den Staaten wurde der letzte Defender schon 1997 offiziell importiert, und es gibt keine Chance, auf legalem Weg einen Neuen zuzulassen. Daher ist die Zahl der hier noch fahrenden Modelle überschaubar. Doch die Tatsache des Produktionsstopps wird jedes gut erhaltene Auto in Zukunft für Sammler noch begehrenswerter machen.“ 

Der straßenzugelassene Supersportwagen

Das Label „Rennwagen für die Straße“ klingt sehr abgedroschen – ein unter Automobil-Journalisten überstrapazierter Begriff. Wobei es eine Reihe von Autos gibt, denen dieser Titel gebührt. Wie dem Mercedes-Benz CLK-GTR und dem Porsche 911 GT1. Simon Kidston: „Beide kommen mit einem nur mühsam für die Straße gezähmten Styling. Sie signalisieren: Ich habe keinen Platz für Dich und Dein Gepäck, keine Sicht nach draußen und ein sperriges, für den Autoalltag ungeeignetes Getriebe. Im Vergleich zu modernen Supersportwagen sind sie nicht mal sehr schnell, doch dafür setzten die von diesen Homologationsmodellen abgeleiteten Rennversionen in Le Mans zu Höhenflügen an: Im Falle des Mercedes sogar im wörtlichen Sinne....Und sie sind extrem rar.“ James Cottingham von DK Engineering sagt: „Ich denke, 2016 könnte das Jahr für Fahrzeuge werden, die eine scheinbar unmögliche Herausforderung meisterten – wie der McLaren F1 GTR, der Le Mans gewann. Ich ziehe da eine Parallele zu Ferraris Daytona, 288 GTO oder F40: Auch sie waren ihrer Zeit weit voraus, die Konkurrenz brauchte Jahre, um aufzuholen.“

Manfred Hering vom deutschen Porsche Experten Early 911s sagt derweil steigendes Interesse an 911 Cup-Modellen voraus; speziell jene der 964- und 993-Generationen. „In den meisten Ländern ist es nicht allzu schwierig, sie für gelegentliche Einsätze auf der Straße umzurüsten. Wenn man sich zutraut, sie dann auch zu bewegen. Sie sind deutlich günstiger als ein Carrera RS aus der gleichen Baureihe, zehn Mal seltener und besitzen alle eine eigene Rennsporthistorie. Aus meiner Sicht gehört ein solches Exemplar in jede seriöse Porsche-Sammlung – auch dann, wenn man einen solchen Cup-Elfer einfach so lässt wie er ist.“ 

Der moderne Bugatti

James Cottingham traut dem Bugatti Veyron einen großen Sprung auf der Popularitätsskala zu. „Nun, da seine Produktion ausgelaufen ist und der Nachfolger startbereit ist, wird der Veyron für Sammler attraktiver. Als er vor zehn Jahren erschien, setzte er neue Performance-Bestmarken, denen sich die Konkurrenz erst jetzt annähert. Max Girardo und Simon Kidston stimmen zu. Kidston: „Es gibt zwei Denkschulen. Eine sagt: Sie bauen keine mehr, also klettern die Preise. Schauen Sie sich den F1, den Enzo und andere an: Keiner kostet heute weniger als zum Zeitpunkt der Neueinführung. Andere sagen, der neue Chiron würde den Veyron überschatten. Doch er kostet auch doppelt so viel. Daher folge ich der ersten Gruppe.“ Unser Tipp: Finden Sie ein gutes „Standard“-Exemplar statt eines der am Ende immer kitschigeren Sondermodelle. Die Erfahrung zeigt, dass langfristig puristische Modelle die begehrtesten sind – siehe Serie 1 Jaguar E-type oder „Periscopica“ Countach.

Bonhams James Knight hat auch ein wachsames Auge auf den Veyron-Vorgänger EB110: „Warum wird er übersehen? Er war der erste Vertreter einer neuen Rasse von Bugatti-Supersportwagen, noch aus der Vor-VW-Ära. Ich denke es wird Zeit, sich dieser Phase der neueren Bugatti-Geschichte endlich intensiver zu widmen....“

Der moderne Supersportwagen mit geringer Laufleistung

„Mit zunehmend jünger werdenden Sammlern verzeichnen wir eine stärkere Nachfrage nach berühmten und ikonischen Supercars“, weiß David Bryan von Gooding & Company. „Viel Sammler streben nach einer regelrechten Ahnengalerie. So suchen Porsche-Fans nach einem 959, 911 GT1, Carrera GT und 918; Ferraristi träumen von einer Palette zwischen 288 GTO und LaFerrari. Steigendes Interesse gibt es auch an Modellen wie einem 360 Challenge Stradale oder 911 GT3 RS – Autos, die die Optik und die Leistung eines echten Supersportwagens bieten, doch selbst in fast neuwertigem Zustand nur einen Bruchteil kosten.“

Die Gruppe B-Homologations-Helden

Die Supersportwagen aus den 1980er-Jahren haben fraglos einen geradezu stratosphärischen Beliebtheitsschub erlebt. Doch ist sich Max Girardo von RM Sotheby’ sicher, dass einige Kraftwerke aus jener Zeit noch ihrer Entdeckung harren. Und dabei denkt er speziell an jene Autos, die als Homologationsmodelle für die Gruppe B-Rallyemonster auf Kiel gelegt wurden.  Wie der Ford RS 200 – dessen Bezeichnung auf die zu bauende Mindeststückzahl von 200 hinwies. Klar war das Mittelmotor-Auto in punkto Verarbeitung schlechter als jeder Mondeo, doch selbst in der Straßenversion phänomenal schnell. Was auch auf den Peugeot 205 Turbo 16 zutraf. Girardo: „Persönlich ziehe ich einen lupenreinen Rallye-Wagen mit Historie vor, doch stehen die Modelle mit Straßenzulassung mehr Menschen offen – Menschen, die sich bald 30 Jahre nach dem Ende der Gruppe B einen Kindheitstraum erfüllen wollen.“ 

Die Gruppe C-Legende

2016 wird es erstmals eine offizielle Serie für Gruppe C-Sportwagen geben – organisiert von Peter Auto, der Organisation, die auch die Tour Auto und Le Mans Classic organisiert. In sechs Rennen, darunter natürlich Le Mans, treten Ikonen dieser unvergessenen Ära des Langstreckensports gegeneinander an – Porsche 956/962, Sauber- Mercedes C9/C11, Silk Cut-Jaguar XJRs und der ohrenbetäubende Mazda 767. „Aus meiner Sicht wird die neue Serie die Preise für jedes gut erhaltende Gruppe C-Auto stark in die Höhe treiben“, sagt Jan B. Lühn voraus. „Mein persönlicher Favorit wäre ein später Porsche 962, mit komplett wassergekühltem Motor und Motronic 1.7 Motormanagement-System. Ein toller Allrounder, mit guter Teileversorgung, unschlagbarem Adrenalin-Faktor und  - in den Händen des richtigen Fahrers - guten Chancen auf Gesamtsiege.“ Vor diesem Hintergrund wirken die im letzten Jahr in Pebble Beach für den Le Mans-Siegerwagen von 1983, dem 956-003, gezahlten zehn Millionen Dollar fast wie ein Schnäppchen.   

Das amerikanische Muscle Car alter Schule

Graeme Hunt, den wir einmal Londons „most gentlemanly car dealer“ tauften, gab Classic Driver einen Geheimtipp: „Lasst uns doch auf die tiefsten Wurzeln unserer Autoverrücktheit zurückgehen. Und dabei bei einer C3 Corvette landen. Wen schert es, was sie morgen wert ist. Hör nur dieses tiefe Grummeln des V8, bring die Räder im dritten Gang zum Durchdrehen, beobachte die verblüfften Gesichter, während Du die King’s Road entlang cruist. Ein Auto, das mit seiner Taille in Form einer Coke-Flasche kaum amerikanischer sein könnte und mit blubberndem V8, knackiger Schaltung, seitlich austretenden Auspuffrohren und straffem „Gymkhana“-Fahrwerk auch die Apollo 12-Astronauten (Foto) begeisterte. Auch wenn das Handling mit europäischen Konkurrenten nicht mithalten konnte – geradeaus ging es in der Vette immer zügig voran. Frühe Modelle mit Chromstoßstangen sind die besten, doch selbst abgasentgiftete L48 350-Typen von Mitte der 70er-Jahre beschleunigen noch in unter sieben Sekunden von 0 auf 100 km/h. Diese schönen Autos spenden Dir viele Emotionen für vergleichsweise wenig Geld.“ 

Fotos: Classic Driver Market / Bonhams / Gooding / RM Sotheby's / Steve Hall / Bugatti / Land Rover / GM