Die Mitarbeiter der Quattro GmbH drücken in dieser Vorweihnachtszeit eifrig die Daumen. Bald soll entschieden werden, ob das Audi Quattro Concept Realität wird. Nach unserer ersten Fahrt mit dem rasanten Rallye-Revival drücken wir mit, bis die Daumen glühen!
Der weiße Renner mit den dicken Backen brüllt und pfeift, als sei es um ihn geschehen. Die nächste Kurvenkombination links-rechts-links schmeckt dem agilen Quattro Concept besonders gut. Stephan Reil, technischer Leiter der Quattro GmbH mahnt: „Hier aufpassen. Die nächste Kehre ist eng und die Lenkung darf nicht voll eingeschlagen werden. Ist eben ein Prototyp.“ Der brummige Allrad-Sportwagen wieselt die Bergstrecke des Decker Cayons nördlich von Malibu hinauf, als sei es die Abschlussprüfung der Rallye Monte Carlo. Noch ist das sehenswert bullige Quattro Concept ein Einzelstück. Doch kaum einer im Hause Audi dürfte in der Vorweihnachtszeit nicht regelmäßig beide Daumen drücken, dass Vorstand und Finanzabteilung das Projekt abnicken. Dann könnte das Rallyekonzept, das gekonnt mit Genen und Aussehen des Ur-Quattro von 1984 spielt, innerhalb der nächsten zwei Jahre in Kleinserie gehen.
Bereits der Prototyp schlägt sich in den Bergen des San Bernadino Valleys eindrucksvoll. In den engen Kurven heißt es allein, weit außen anzufahren, denn beim Lenkeinschlag sind aktuell gerade einmal 60 Prozent drin. Den Rest regeln Fahrer, 408 PS und der Allradantrieb. „Auch das Fahrwerk ist noch nicht komplett abgestimmt“, entschuldigt sich Stephan Reil, „ist bisher nur eine Grundabstimmung, damit der Wagen fahren kann.“ Bei dieser Grundabstimmung würden andere Entwicklungsabteilungen Tränen in den Augen bekommen. Denn von der neuen Leichtigkeit des Audi-Seins kann sich jeder Pilot einfach überzeugen. Selbst der Vergleich zum alles andere als unsportlichen Audi RS 5, der als Basis für das Quattro Concept diente, ist mächtig.
Der Radstand des RS 5 wurde um 15 Zentimeter verkürzt und die Kotflügel wie beim Ur-Quattro mutig ausgestellt. So hat das Kurzmodell einen Radstand von 2,60 Metern und eine Gesamtlänge von 4,28 Metern – fast Golf-Format. Zudem glänzt das Quattro Concept optisch mit eigenständigem Design, futuristischer Front und besonders scharfem Heck. Nettes Detail am Rande sind die eingestanzten vier Ringe in der C-Säule und das Markenlogo auf der Motorhaube aus Kohlefaser. Die Karosserie des Zukunfts-Quattros besteht aus Aluminium; Hauben und Klappen aus Karbon. Im Fitnessstudio Neckarsulm hat der Kurz-Quattro so mächtig abgespeckt. „Der aktuelle Prototyp hat noch etwas mehr, aber ein etwaiges Serienmodell würde rund 1.300 Kilogramm wiegen.“ Das sind rund 400 Kilogramm weniger als das aktuelle Aushängeschild Audi RS 5. Das spürt der ambitionierte Pilot in jeder Kurve und nicht zuletzt auf der Bremse. Vielleicht wird mit so einem Serienauto für die Ingolstädter auch wieder die Teilnahme an der Rallye-WM ein Thema. Der Wettbewerb könnte es brauchen.
Doch Allrad, Leichtbau und sportliche Designgene sind das eine. Unter der bauchigen Motorhaube des Quattro Concept arbeitet der aufgeladene Fünfzylinder aus dem TT RS bzw. dem brandneuen RS 3 Sportback. „Für mich muss ein Motor zu dem ganzen Fahrzeugkonzept passen“, unterstreicht Stephan Reil, „für diesen Wagen ist der Fünfzylinder mit Turboaufladung ideal.“ Im Vergleich zu den anderen Modellen ist das 2,5 Liter große und gerade einmal 190 Kilogramm schwere Triebwerk im Quattro Concept längs eingebaut.
An den Leistungsdaten des bullig brummenden Fünfzylinders wurde kräftig gedreht, so dass dieser Audi mit 408 PS die kurvige Bergpiste heraufbläst. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 300 km/h. Von Null auf 100 km/h beschleunigt das Quattro Concept dank eines maximalen Drehmoments von 480 Nm in weniger als vier Sekunden. Trotz aller Sportlichkeit soll sich der Kurvenräuber mit 8,5 Litern Super auf 100 Kilometern zufrieden geben. Spektakulärer als ein Blick auf die Verbrauchsanzeige des Bordcomputers dürfte für die meisten Piloten jedoch das Navigationssystem sein, in das wie bei einem Rallyefahrzeug eine Gebetsbuchfunktion eingearbeitet ist. Die Lenkung ist präzise, die Handschaltung eine Versuchung und die Designdetails im Innenraum, wie etwa die Plakette mit den deutschen Nationalfarben und der Fahrzeugproduktionsnummer eins, sind äußerst gelungen. Jetzt nur noch die Daumen drücken, dass dieser Sportler auch Wirklichkeit wird. Ist ja bald Weihnachten.
Text: Stefan Grundhoff
Fotos: Audi