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15 Sekunden automobilen Ruhm feiern auf dem Laufsteg des Pebble Beach Concours d‘Elegance

Am letzten Sonntag rollten 216 Autos aus 18 Ländern auf die makellos manikürten Rasenflächen des Pebble Beach Concours d’Elegance. Unter allen Stars, welche die größten Momente der Automobilgeschichte repräsentierten, ragten für uns diese Modelle ganz besonders heraus.

Der Besuch des Pebble Beach Concours d'Elegance kann sich ein wenig wie ein Besuch der Oscar-Verleihung anfühlen. Wohin man auch schaut, schreitet ein weltberühmter automobiler Star über den roten Teppich und lächelt für die Paparazzi, nur um von einem noch größeren Star beiseite geschoben zu werden, der auch seinen 15-Sekunden-Ruhm beansprucht. Zwar werden in Monterey Zahnputzgel und Botox durch beste Motoröle und hochwertige Autopolituren ersetzt, doch bewegen sich die Versicherungssummen in Pebble Beach sicherlich auf gleichem Niveau wie in Hollywood.

 

Wenn sich über 200 Klassiker am frühen Sonntagmorgen auf dem berühmten Golfplatzes von Pebble Beach aufreihen – allesamt A-Prominente, die ihre Marken und Karosseriebauer repräsentieren – kann es schwierig werden, sich auf einzelne Autos zu konzentrieren, geschweige denn einen Favoriten auszuwählen, bevor er in der Zuschauermenge verschwindet. Zum Glück hat der Pebble Beach Concours d'Elegance 160 Juroren rekrutiert, die die konkurrierenden Autos begutachten und vergleichen. Um am Ende ein Siegerauto zu küren, das sich dann ein Jahr lang das bemerkenswerteste Automobil der Welt nennen kann.

Mit Blick auf die diesjährige Ausgabe hatte die automobile Community spekuliert, ob der Concours wohl mit seiner Tradition brechen würde – sprich erstmals ein Nachkriegsmodell mit der höchsten Auszeichnung zu prämierenen. Doch die Juroren blieben ihrer Linie treu und nominierten vier wertvolle Vorkriegsfahrzeuge für den Titel „Best of Show“: Ein Mercedes-Benz 710 SS Special Roadster von 1930 aus der Auriga Collection in Deutschland, ein Mercedes-Benz 540K Special Roadster von 1937 aus dem Besitz von Jim Patterson aus Kentucky, ein leuchtend blaues Alfa Romeo 8C 2300 Corto Figoni Cabriolet von 1932 aus einer britischen Privatsammlung, das von Gregor Fisken nach Kalifornien gebracht wurde, und ein Delahaye 165 Figoni et Falaschi Cabriolet von 1939 aus der Peter Mullin Automotive Museum Foundation in Oxnard, Kalifornien. Zum „Best of Show“ wurde schließlich jener 540 K Special Roadster ernannt, der einst dem letzten König von Afghanistan, Mohammad Zahir Shah, gehörte. Um ihn während des Zweiten Weltkriegs in Sicherheit zu bringen, versteckte der König den Mercedes in der afghanischen Botschaft in Paris, wo er bis 1948 blieb. Für Besitzer Jim Patterson war es bereits der dritte Gesamtsieg in Pebble Beach. Entsprechend groß seine Freude: „In Kentucky träumt man im Pferderennsport vom Gewinn des Derbys und der Triple Crown. Dies ist heute auch eine Triple Crown für mich.“

Der „Best of Show“-Sieger war nicht der einzige bemerkenswerte Mercedes-Benz im Teilnehmerfeld: In zwei Sonderklassen wurden die mächtigen Mercedes-Benz S, SS und SSK aus den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren gefeiert, von den einst berühmten Karosseriebauern Barker, Gangloff, Gläser und Murphy auf den Geschmack ihrer extravaganten Besitzer zugeschnitten. Einer der talentiertesten und kreativsten Couturiers der Vorkriegszeit war jedoch Joseph Figoni. Er schuf zwischen 1923 und 1937 einige der elegantesten Karosseriestile aller Zeiten, ehe er sich mit Ovidio Falaschi zusammenschloss.

Zu den bemerkenswertesten Fahrzeugen, die aus Anlass der Hundertjahrfeier von Figoni nach Kalifornien gebracht wurden, gehörten ein atemberaubend schönes Figoni et Falaschi Teardrop Coupé auf Basis Talbot-Lago T150 C-SS von 1937, ein fantastisches Figoni Alfa Romeo 6C 1750 Gran Sport Coupé von 1933 und der bereits erwähnte Delahaye aus dem Mullin Museum. Und während die Duesenberg, Packard und Rolls-Royce, für die Pebble Beach so berühmt ist, um das grellste Rampenlicht konkurrierten, war es ein Bugatti Type 57SC Atalante von 1937 aus Fritz Burkards Pearl Collection, der uns (und die Jury) unter den Vorkriegsautos am meisten begeisterte. Irgendwie wirkte die Aura des Bugatti im typischen Morgennebel des Pazifiks noch verführerischer und betörender. Oder war es der Zigarettenqualm von Fritz Burkard?

Wer auf Ferrari aus den 1950er-Jahren steht – und wer tut das nicht? – für den ist Pebble Beach der richtige Ort. Heuer haben wir uns in drei besondere Autos verliebt: In das Ferrari 212 Inter Vignale Coupé von 1953, in die silberne Ferrari 250 GT Scaglietti Berlinetta aus 1957 und in das 1961 gebaute Ferrari 400 Superamerica Pininfarina Coupé Aerodinamico.

Doch im Gegensatz zu anderen Jahren gehörte den tänzelnden Pferden aus Maranello diesmal nicht die uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Denn es gab noch andere Akteure, die ein Stück vom Kuchen abhaben wollten: So wurde zum Beispiel die berühmte spanische Marke Pegaso mit einer Sonderklasse bedacht, in der ein mehr als seltener Pegaso Z-102 Tibidabo Touring Spyder von 1952 den Sieg davontrug.

Unter den Sportwagen der Nachkriegszeit fiel uns das Aston Martin DB2/4 Bertone Coupé von 1954 ins Auge – mit seinem rechteckig geformten Kühlergrill schien das Einzelstück fast die Designsprache von Newport-Pagnell aus den 1970er-Jahren anzudeuten. Ein seltener Anblick war auch der 1957er Maserati 200SI Fantuzzi Spyder, der von Jonathan & Wendy Segal aus San Diego an die Küste gebracht wurde.

Und natürlich gab es auch den 75. Geburtstag von Porsche – und könnte es einen besseren Ort als Kalifornien geben, um dieses Jubiläum zu feiern? Während der schwarz-gelbe Porsche 906E, 1967 bei den 12 Stunden von Sebring von Ed Hugus und John Cannon gefahren, sicherlich das auffälligste Auto des Concours war, überzeugten die Juroren andere Fahrzeuge aus Stuttgart, darunter ein Porsche 916 Karmann Coupé von 1972 und ein Porsche 911 Carrera RS Touring von 1973. Der Klassensieg aber ging verdientermaßen an Alois Ruf für den Porsche 901 Prototyp „Quickblau“ von 1963, den er von seinem Vater als Geschenk zum 18. Geburtstag erhielt und den er seitdem behalten hat.

Derweil wurde das 60-jährige Bestehen von Lamborghini mit einer Reihe beeindruckender Stiere aus Sant'Agata gefeiert. Und wie kaum anders zu erwarten war es ein Miura, den viele für das schönste jemals gebaute Auto halten, der den Klassensieg davontrug. Besitzer des siegreichen P400 ist Raphael Gabay aus Philadelphia, während der zweite Platz an einen Espada der Serie 2 aus Wisconsin ging, mit einem leuchtend blauen Diablo SE30 aus New York als Dritten. Doch der seltenste Stier von allen war sicherlich der Lamborghini 3500 GTZ Zagato.

1963 war auch das Jahr, in dem der Neuseeländer Bruce McLaren seine Firma gründete. Bei der zu seinem Gedenken und zum 60-jährigen Jubiläum zusammengestellten Ausstellung waren einige der wildesten Autos zu sehen, die jemals den Rasen von Pebble Beach befuhren. Egon & Birgit Zweimüller aus Österreich brachten sogar einen McLaren M1A von 1965 mit, der einst von Bruce McLaren selbst pilotiert wurde. Die Klasse gewann aber ein McLaren M6A Can-Am-Renner von 1967 aus Washington, gefolgt von einem McLaren MP4/4-2 Formel 1 von 1988 von Mouse Motors aus Chicago und einem McLaren F1 von 1995 aus dem Besitz von Chris & Ann Cox aus North Carolina. 

Die ausgefallensten Autos waren jedoch in der Klasse zu finden, die den speziell angefertigten „American Dream Cars of the 1950s“ gewidmet war. Und obwohl ein Kurtis Sorrell SR-100 Roadster, ein Edwards America Convertible oder ein Fageol Pataray Roadster vielleicht nicht so berühmt und ikonisch sind wie ein Ferrari 250 GTO oder ein Mercedes-Benz 540K, so sind auch diese skurrilen Autos integraler Bestandteil der amerikanischen Autokultur – und es ist einfach toll, dass sie in Pebble Beach inmitten der ganzen Blue-Chip-Klassiker ebenfalls den ihnen gebührenden Beifall erhalten. 

Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2023