• Year of manufacture 
    1962
  • Car type 
    Coupé
  • Chassis number 
    AR10126*00205*
  • Lot number 
    103
  • Reference number 
    HG_Oct24_88
  • Condition 
    Used
  • Location
    Austria
  • Exterior colour 
    Other

Description

Eine von 50 gebauten Giulietta SZ Coda Tronca
Eine von vermutlich zwei in Celeste (AR 301)
Mehrjährige Renngeschichte
Umfangreich dokumentiert
Herausragend restauriert

Zwei Weltmeistertitel, die schnellsten Rennwagen, die teuersten Luxusschlitten, Geld vom Staat. Das motorisierte Schlaraffenland liegt in Mailand, will man meinen. Alfa Romeo steht für Prestige, steht für Glamour. Doch die 1930er-Jahre liegen zwei Jahrzehnte zurück, wir schreiben die frühen 50er, die Welt ist eine andere geworden, und nicht nur die oberen Zehntausend wollen motorisiert werden. Das faschistische Regime als Sponsor ist auch Geschichte, und plötzlich verlangt Vater Staat, dass Geld, das man ausgibt, auch verdient werden will. Mit Rennfahren gelingt das nicht.

Das Werksteam ist damit passé, doch die sportliche Tradition will man sich bewahren, und so schickt Alfa Romeo mit dem 1900 einen flotten Mittelklassewagen ins Rennen um Marktanteile. Die Stückzahlen erreichen erstmals eine Größenordnung, die eine Serienproduktion erahnen lässt, und mit extravagant geschneiderten Coupés und Cabriolets bedient man auch das Klientel von früher. Damit lässt es sich überleben, mehr schlecht als recht, denn was es wirklich braucht, ist ein Alfa Romeo für jedermann. Giulietta ist geboren.

Erstmals stellt ein Alfa Romeo am Heck nicht seine Potenz zur Schau, sondern trägt den Namen eines Mädchens. Das weckt Emotion wie Begehrlichkeit, nur eben anders. Marketing auf Italienisch. Obendrein ist Giulietta ein überaus hübsches Mädchen geworden, und weil man doch immer noch Alfa Romeo ist, steckt unterm adretten Blechkleid Rennsporttechnik im Kleinformat. 1300 Kubikzentimeter, ein Motor ganz aus Aluminium, zwei Nockenwellen, hemisphärische Brennräume – Zutaten, von denen der gemeine Fiat- und Volkswagenfahrer nur träumen kann. Doch ehe es so weit ist, geht wieder einmal das Geld aus. Giuliettas selbsttragende Karosse ist nicht steif genug, die Präsentation verzögert sich. Kreativität ist gefragt, in zweierlei Hinsicht. In finanziellen Angelegenheiten zählt sie ohnehin zu den ur-italienischsten Eigenschaften.

Alfa Romeo verlost Berechtigungsscheine an den ersten 1.000 Giuliettas und hält sich damit über Wasser. Als Schachzug No. 2 präsentiert man 1954 einfach erst das Coupé, von Bertone gezeichnet, Sprint getauft und mit ausreichend Steifigkeit ausgestattet. Und um nicht in Produktionskapazitäten investieren zu müssen, hängt man Bertone auch gleich die Montage um. Schon 1955 steht eine kleine Armada von Giulietta Sprints am Start beim Rennen aller Rennen, der Mille Miglia. Das Ergebnis? Ernüchternd. Platz 32 insgesamt, das Gros scheidet aus und in der 1300er-Klasse sieht man die Porsche nur von hinten. Giuliettas Fahrwerk ist zwar überragend, doch ist sie zu schwer bzw. fehlt es ihr an Leistung bzw. beides. Zwei Weber-Vergaser, eine schärfere Nockenwelle und höhere Verdichtung später steigt die Leistung von 65 auf 90 PS, dank Plexiglas, Aluminium und nur dem Nötigsten im Innenraum sinkt das Gewicht von 880 auf 770 Kilo. Klingt flott, ist es auch, heißt es auch, nämlich Giulietta Sprint Veloce.

Bei der Mille Miglia 1956 holt Giulietta die ersten drei Klassenränge und lässt sogar die Königswellen-Porsche hinter sich. Die Nummer 127 sieht das Ziel jedoch nicht. Nach einer unfreiwilligen Drehung um die Längsachse sind die Brüder Salvatore und Carlo Leto di Priolo froh, halbwegs unversehrt auszusteigen. Ihre neue Giulietta Sprint Veloce ist jedoch übel zugerichtet. Die Zeit für den Schrottplatz sehen die beiden Brüder aber noch nicht gekommen. Sie bringen ihre Giulietta zurück nach Mailand um die Falten zu glätten, doch nicht zu Bertone, sondern zu Elio Zagato, jenem extravaganten Schneider, der sich ganz dem Gewicht und der Aerodynamik verschrieben hat. Dort zaubert man Giulietta ein knappes, flaches und windschlüpfriges Kleid an den Leib, ganz ohne Ecken und Kanten, Haute Couture statt Prêt-à-porter. Und Giulietta ist mit einem Mal noch flotter, kratzt gar an den magischen 200. Die Kunde von dieser Giulietta Sprint Veloce Zagato, kurz SVZ, macht schnell die Runde und weitere Besitzer havarierter Wagen klopfen an Zagatos Tür.

Gleichzeitig erweist sich Bertones Gegenentwurf, die Giulietta Sprint Speciale, die eigentlich die Veloce hätte ablösen sollen, als zu lahm. Sie sieht schneller aus, als sie ist, und kann den Zagatos nicht das Wasser reichen. Alfa Romeo schickt die Sprint Speciale 1958 dennoch in Serie, Erfolg wird sie keiner.

Weil man auf den Rennstrecken aber erfolgreich bleiben will, wendet sich Alfa Romeo an Zagato und gibt eine Kleinserie in Auftrag. Nach etwa 20 SVZ-Einzelstücken, von denen keines dem anderen gleicht, verfeinert Zagato 1959 seinen Entwurf, kürzt das Fahrgestell, glättet und erleichtert die Karosse weiter und macht Giulietta so noch einmal schneller. Sie läuft nun über 200 und heißt ganz offiziell Alfa Romeo Giulietta Sprint Zagato. Und sie gewinnt – auf allen Berg-, Rallye- und Rundstrecken weit und breit. Targa Florio, Tour de France, Nürburgring, Coupe des Alpes u.v.m., die Geschichten ihre Siege füllen ganze Bücher. Nach etwa 170 Sprint Zagato überarbeitet Zagato den Wagen ein letztes Mal, verlängert die Überhänge und schneidet das Heck ab, ganz nach Wunibald Kamms Aerodynamik-Lehre. Stück für Stück tastet er sich an das Optimum, immer mit einem Test auf der Autostrada dazwischen. Und wieder wird sie schneller, doch weil Alfa Romeo in Gedanken schon beim 1600er-Nachfolger ist, entstehen bis 1962 nur knapp 50 weitere dieser SZ Coda Tronca.

Massimo Carnovali, ein junger Bursch aus Mailand in seinen frühen Zwanzigern, kauft sich 1962 eine Giulietta Sprint Zagato um damit die Pisten dieser Welt zu erobern. Am 10. August ist sie fertig gebaut, zwölf Tage später nennt Carnovali sie sein Eigen. Sie ist hellblau wie der Himmel, oder Celeste wie der Italiener dazu sagt. Vermutlich nur zwei dieser Giuliettas durften ursprünglich diese Farbe (AR 301) tragen. Später wird sie Carnovali in einem dunkleren Blauton lackieren und ihr dann noch einen Streifen verpassen, um sie zumindest optisch noch schneller zu machen. Mit ihrer Chassisnummer jenseits der 200 gehört sie zu den späten SZ mit dem Coda Tronca, dem langen Heck, und damit ist sie ohnehin eine der ganz Schnellen.

Noch im selben Jahr steht Carnovali mit seiner Giulietta in Brescia bei der Trofeo Lumezzane am Start. Ein paar Wochen später jagt er sie bei der Coppa d‘Autunno durchs Autodrom von Monza. Danach pausiert die Rennfahrerkarriere für ein Jahr, nicht freiwillig, sondern weil das Vaterland es mit der Wehrpflicht so will. Erst 1964 steht wieder Rennfahren am Programm und die Ergebnisse können sich tatsächlich sehen lassen. Nach ganz oben schafft Carnovali es mit seiner Giulietta nie, aber für die nächstbeste Stufe am Podest reicht es gleich ein paar Mal. 1965 will es Carnovali einmal noch wissen. Wieder schlagen sich die beiden beachtlich, bevor sich die Wege schließlich trennen und damit eine Karriere endet, die der Giulietta, nicht die des Piloten. Der bleibt bis ins fortgeschrittene Alter der Rennfahrerei treu.

Für die Giulietta folgen nun Wanderjahre, von einem Besitzer zum nächsten, doch war sie scheinbar immer gut aufgehoben. FIA-Papiere aus den 1990ern zeigen eine Giulietta die mittlerweile rote Farbe trägt, und sie zeigen auch, dass sie noch bei bester Gesundheit war. Den letzten Besitzerwechsel in Italien hätte man ihr hingegen ersparen sollen, denn der stellte sie in etwas ab, wozu der Österreicher „Schupfen“ sagt und das die westlichen Nachbarn Schuppen nennen. Dort schlummert sie zwei Jahrzehnte vor sich hin, ehe sie wiederentdeckt und vom Einbringer nach Österreich geholt wird. Dann beginnt sogleich einer der begnadetsten Meister des Leichtmetalls mit einer Restauration, die sich über zwei Jahre erstrecken wird. Am Ende aber steht die Giulietta heute wieder vor uns wie einst vor Massimo Carnovali. Und man versteht auf Anhieb, wie der sich damals in sie verliebt haben muss, weil es einem selbst keinen Deut anders geht.


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