Direkt zum Inhalt

Magazin

Jaguar XKR-S: Jagzeit

Der 550 PS starke Jaguar XKR-S ist der neue britische Zeitjäger im Revier der Supersportwagen. Und ganz nebenbei ein unerwartet komfortabler Reise-GT. Unser Urteil: Ein hoch dynamisches Coupé für Gentlemen Driver, mithin ein Jaguar für Jäger und Sammler.

Die Jagdsaison auf den Rennstrecken des Sportwagengeheges geht in eine neue Runde. Mit dem Jaguar XKR-S bringt die britische Marke nun eine nochmals erstarkte Serienversion des vormals auf 200 Exemplare limitierten XKR-S und des ebenfalls limitierten und vor einem Jahr vorgestellten Jaguar XKR 75 an den Start. Der Neue legt die Messlatte auf dem Leistungsprüfstand noch ein Stückchen höher: Die R-S Kompressor-Version leistet nun 550 PS. Der aufgeladene 5,0-Liter-V8 entwickelt ein Drehmoment von 680 Nm und beschleunigt den Jaguar in 4,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Noch Fragen? Aber ja! Wo bitte gibt es die Zündschlüssel?

Jaguar XKR-S: Jagzeit Jaguar XKR-S: Jagzeit

Derzeit nur in Faro, Portugal. Dort haben wir die ersten Serienfahrzeuge des neuen Athleten auf Geheiß der Jaguar-Entwickler auf wenig befahrenen Nebenstraßen und dem neuen Rundkurs in Portimao, dem Autodromo Internationale Algarve, einer Zähmung unterzogen. Das diese alles andere als widerspenstig ausfiel, hat uns dann letztlich doch etwas erstaunt – und zwar positiv! Schließlich handelt es sich beim Aggregat des neuen XKR-S um Jaguars kraftvollsten Serienmotor, den die Marke je angeboten hat.

Jaguar XKR-S: Jagzeit Jaguar XKR-S: Jagzeit

Doch vorweg eine ganz andere Tatsache: dieser Tage sind selbst portugiesische Sommer nicht das, was sie einmal waren. Vermutlich im Zuge der raumgreifenden Wirtschaftskrise in der Mittelmeerregion leidet dort nämlich jetzt auch das Wetter mit. Anders kann ich mir die regelmäßig aufziehenden und auf uns herein brechenden Wolkenbrüche nicht erklären. Beinahe ein knappes Dutzend Mal sind wir mit dem Öffnen und Schließen des Cabrioverdecks des grauen XK beschäftigt. Exakt so sieht ein Belastungstest aus! Gut, man könnte natürlich auch den Fahrtwind nutzen. Doch das Prinzip funktioniert bei offenen Himmelsschleusen zuverlässig erst ab 180 km/h aufwärts und das wollen wir dann doch nicht gleich strapazieren. Schließlich dient das neue XK-Cabriolet ja „nur“ als mondänes Shuttle, das uns sagen soll, dass die Baureihe ein paar kleine optische Retuschen außen wie innen erhalten hat – die ihr übrigens gut stehen: neue Stoßfänger, neuer Grill, LED-Tagfahrlampen, eleganteres Heck und luxuriöseres Interieur.

Der eigentliche Star wartet an der Rundstrecke von Portimao, die im Oktober 2008 eröffnet wurde: der neue Jaguar XKR-S. Doch bevor der freigelassen wird, zügeln wir unser Temperament zunächst mit ein paar flotten Runden im neuen XJ S/C Supersport, Jaguars große Limousine mit dem wohl mutigsten Design der Oberklasse. Die Supercharged-Variante geht mit ihren 510 PS schon bemerkenswert gut und ist aufgrund von elektronischem Begrenzer maximal 250 km/h schnell.

Jaguar XKR-S: Jagzeit Jaguar XKR-S: Jagzeit

Doch richtig flink geht es erst im XKR-S zur Sache. Die durchaus fahrbare Höchstgeschwindigkeit liegt hier bei 300 km/h. Dafür haben sich die Ingenieure einiges einfallen lassen: Das adaptive DSC wurde überarbeitet, genauso wie das voll in die Bordelektronik integrierte sperrende Hinterachsdifferential nebst dynamischer Stabilitätskontrolle. So streift der XKR-S stets sicher durchs Revier. Motor, Getriebe und Auspuff sind ebenfalls modifiziert. Das Ansprechverhalten fällt nun nochmals reaktionsschneller aus und der Motorklang wirkt souveräner als zuvor, nicht mehr so lauthals bollernd wie üblich im V8-Zirkus. Fein gemacht, Jaguar! Passend dazu verziehen sich die Wolken. Sonnenschein und blauer Himmel – na bitte, es geht doch!

Jag' ins Blaue: Auf der 4,65 Kilometer langen Strecke von Portimao zeigt der XKR-S seine wahren Renntalente. Es geht extrem druckvoll, dabei sehr spurtreu und verlässlich nach vorn und durch die Kurven. Auf der langen Geraden zahlt sich der um 26 Prozent reduzierte Auftrieb aus, in den Kurven macht sich vor allen Dingen das überarbeitete Fahrwerk positiv bemerkbar. Der S-Jag liegt zehn Millimeter enger am Asphalt als der XKR. Das Auto erfreut zudem mit weniger Nicken und Rollen.

Jaguar XKR-S: Jagzeit Jaguar XKR-S: Jagzeit

Die bessere Kontrolle der Karosseriebewegungen wird umgehend in schnellere Rundenzeiten gemünzt. Für weniger Massenspiel sorgen auch leichte Felgen und besondere Reifen, die an einer überarbeiteten Radaufhängung montiert sind. In Kombination mit der härteren Abstimmung, fest zupackenden Bremsen, die Fading nicht zu kennen scheinen, ergibt das ein sehr ernst zu nehmendes Sportgerät für die Rundstrecke.

„Grace, Space, Pace and yet Value for Money“ forderte ehemals Sir William Lyons von seinen Großkatzen. Die Fahrt auf der Rennstrecke im neuen XKR-S legt eine leichte Variation des Mottos nahe: „Grace, Pace, Race and Power for Money“ – so fühlt sich der R-S an. Und so fährt er auch, insbesondere im „TrackDSC“ Modus , in welchem das Sicherheitsnetz weitmaschiger gespannt ist und auch kontrollierte Drifts bei hohem Tempo zulässt. Hierbei wird auch maximale Beschleunigung ermöglicht. Aus dem Stand auf 160 km/h geht es dann in nur 8,6 Sekunden. Die Start-Ziel-Gerade durchfliegt der französisch blaue Jaguar mit über 270 km/h. Die Drehmomentabgabe wird nochmals erhöht, im manuellen Modus liegen die Gänge bis zum roten Drehzahlbereich an, Gangwechsel erfolgen schneller, das aktive Auspuffventil schaltet auf permanenten Durchzug. Dieser Jaguar ist ein Zeitjäger.

Jaguar XKR-S: Jagzeit Jaguar XKR-S: Jagzeit

Doch auch abseits der Rennstrecke beweist der XKR-S willkommene Talente. Er bietet dank höherer Federraten einen für seine Leistungsklasse erstaunlichen Komfort und an Bord beinahe üppigen Luxus. Alle üblichen Helfer sind im Cockpit versammelt. Die Kanzel ist vollklimatisiert, die Rennsitze elektrisch in alle Richtungen (16-Wege) verstellbar, Material und Verarbeitungen erfreuen die Sinne (Dachhimmel in Poltrona Frau Farbe Jet), lediglich die Navigation scheint den Sprung in die Neuzeit verpasst zu haben, intuitive Benutzerführung sieht mittlerweile doch etwas anders aus. Nun denn, wenn es nicht mehr zu mäkeln gibt. Bleibt die Frage nach dem Kaufpreis? Die schnelle Antwort lautet: Ab 129.900 Euro starten Sie durch.

Wobei das „ab“ nicht erschrecken muss – die Liste der zu ergänzenden Sonderausstattungen (adaptives Kurvenlicht, Rückfahrkamera, Garagentoröffner, DAB-Radio) ist kurz. Unser Tipp: nicht noch ein paar Euros an der Ausstattung sparen, sondern gleich die maximal Ladung wählen. So motorisiert, hat man ein leistungsstarkes und erstaunlich vielseitiges Sportgerät auf dem Hof, welches Gentlemen Driver nicht nur im Süden Portugal ausführen können. Jag-Reviere gibt es viele. Und mit dem XKR-S ist man schnell vor Ort. Und notfalls auch wieder weg.

Text: Mathias Paulokat
Fotos: Jaguar (Car2Car) / Mathias Paulokat