Wer hat nicht auch schon einmal davon geträumt: Gasgeben im Dienste der Sicherheit? Und zwar nicht im silberblauen Peterwagen durch die innerstädtische Rushhour, sondern auf einem eigens angelegten Erwachsenenspielplatz am Steuer eines potenten Sportwagens. Dazu gibt’s – unter vier Augen – wertvolle Tipps vom besten Rallyefahrer aller Zeiten. Für Classic Driver ist der Traum wahr geworden: die Realität ein Winterfahrtraining, der Spielplatz das Fahrsicherheitsgelände des ÖAMTC Saalfelden, das Auto ein Porsche Targa 4S und die Motorsportikone das Rallyeass Walter Röhrl!
Lektion 1: Querbeschleunigung für Fortgeschrittene
Auf dem schneebedeckten Rundkurs heißt es driften, aber bitte kontrolliert. Also erstmal Vollgas und dann schauen was kommt? Nein! Denn auf Grund des milden Sommers reicht die Schneegrenze dieses Jahr nicht bis runter auf das in 800 Meter über Normalnull gelegene Areal. Die Piste wurde künstlich beschneit und gleicht einem riesigen Donut. Wer vom Rand des Tellers rutscht, landet 30 Zentimetern tiefer im nassen Gras – Endstation.
Die erste Instruktion von Walter Röhrl: Bei Linkskurve rechts einlenken. Klingt komisch, ist aber so richtig. Der Meister macht’s vor – wie vom Zirkel geführt treibt er den Targa im Querdrift um den Rundkurs, die Vorderräder stets entgegengesetzt der Fahrtrichtung. Der Nächste bitte. Mechanisch den Anweisungen Walter Röhrls folgend, zeigt mein meteormetallicgrauer Targa 4S viel Eigeninitiative. Nach einigen Runden gewinne ich die Herrschaft über das Auto und lege das Schwabenblechle mit leichten Gasstößen in die stabile Seitenlage. „Sehr gut!“ lobt eine Stimme aus dem Walkie Talkie. Es ist Walter Röhrl, der mir gerade ein Kompliment gemacht hat. „Das merke ich mir!“ antworte ich.
Wer bremst, gewinnt.
Mit Fingerspitzengefühl schlängelt sich die Porscheparade im nächsten Fahrprogramm über den eisglatten Schmierfilm der Kunststoffbahn. Ruckartige Bewegungen bestraft der Slalomparcours gnadenlos mit einem Schleudertrauma, mit oder ohne eingeschaltetem Stabilitätsprogramm (PSM). Gleiches gilt für den präparierten Viertelkreis, auf dem der Allrad-Porsche wie eine Prinzessin auf der Erbse balanciert werden möchte. Nach soviel Feingefühl erfordert die nächste Übung – Schleuderplatte bei 50 km/h – eine derartig ruppige Motorik, als würde man mit einer Planierraupe bei 100 km/h ein W in den Asphalt walzen.
Gebremst wird erst zum Schluss – im Hindernisparcours. „Bleifuss & Bodenblech“ klingt nach rasanter Beschleunigung, also ein Kinderspiel mit 355 PS unter der Haube. Gemeint ist aber das Gegenteil, nämlich in die Eisen und nicht auf den Pinsel treten. Das kostet Überwindung. Gleichzeitig gilt es, vorausschauend zu fahren und Hindernissen auszuweichen. „Des woar’s auch schon“, schallt die Stimme des österreichischen Programmleiters aus dem Lautsprecher.
Das Beste zum Schluss.
Alles, was wir an diesem Tag gelernt haben, dürfen wir am Ende auf der gesamten Teststrecke ausgelassen anwenden. Mal ehrlich: Darauf hat doch jeder den ganzen Tag nur gewartet, manche – so scheint es – schon ihr ganzes Leben lang. Als Beifahrer fühle ich mich heute allerdings nur neben Walter Röhrl sicher, der mir eine Demonstrationsrunde in Röhrlscher Manier spendiert. Danach sprinte ich zurück in meinen Targa, die Reifen sind noch warm, 355 PS sind zum Abschuss bereit. Fünf Runden schaffe ich noch, dann scheucht uns die gelbblaukarierte ÖAMTC-Flagge von der Spielwiese. Im Vorbeifahren verspreche ich dem ÖAMTC Mitarbeiter noch eine Erwähnung im Classic Driver Magazin. Aus persönlicher Überzeugung dieser Fahrveranstaltung halte ich mein Wort und empfehle: Klicken Sie auf www.oeamtc.at.
Text: Jan Richter
Fotos: Nanette Schärf / Porsche
Video: Georg J. Lutz / Jan Richter
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