Alle Welt feierte 2011 den 50. Geburtstag des Jaguar E-Type. Doch so lange noch Korken zum Knallen da sind, findet Classic-Driver-Autor Steve Wakefield, sollte man auch einen Toast auf den zweiten britischen Klassiker aussprechen. Denn längst ist der Range Rover Classic, der 1971 als Dreitürer debütierte, das Maß aller Dinge für geländegängigen Luxus.
Als Land Rover kürzlich ins Versuchsgelände von Eastnor Castle einlud, um neue und klassische Modelle der Marke zu testen, hatte ich das Glück, auch am Steuer des wahrhaft beeindruckenden Range Rover Classic zu sitzen: ein wunderbar erhaltenes Exemplar, natürlich in Lincoln Green, das erst dreimal den Besitzer gewechselt hatte. Mit gerade mal 84.000 Kilometern auf dem Zähler und in makellosem – übrigens unrestauriertem – Zustand, blieben wir vorsorglich auf den befestigten Privatstraßen des Landsitzes Eastnor. Meine letzte Erfahrung mit einem Ur-Range war ein Campingurlaub in Irland 1979. Dieser fühlte sich sogar noch besser an, als der senffarbene RR, der uns vor über dreißig Jahren beförderte.
Wie beim E-Type war auch hier der erste Entwurf so überzeugend, dass spätere Modifikationen und Facelifts nie wieder die perfekten Proportionen des Originals erreichten: Die hohe, steile Windschutzscheibe, die sachlich-kantige, nie massige Silhouette, und die leicht zum Heck abfallende Linie. Im Innenraum hat zwar der Zahn der Zeit hier und dort kleine Risse in die Vinyl-Polsterung genagt, aber insgesamt ist alles in gutem Zustand. Heute wären Vinyl und Gummi als Materialien in einem großzügigen Geländewagen für gehobene Ansprüche geradezu undenkbar.
Aber schon als er seinerzeit vorgestellt wurde, galt der Range mit Preisen ab 2.000 Pfund als Premiumfahrzeug, das „den Komfort einer Luxuslimousine mit exzellenter Straßenlage, dem Platzangebot eines Kombis und den Offroad-Genen eines Land Rovers“ verband. Die Werbekampagnen setzten damals auf kunstvoll körnige Aufnahmen von Bootsanhängern, vornehmen Jagdgesellschaften und Herren im Smoking. Auf der ganz normalen Landstraße überzeugt der von Buick gebaute V8 noch immer. Das Getriebe ist leichtgängig, wenngleich nicht so präzise wie wir das heute erwarten. Die Bremsen und die Lenkung hingegen genügen auch 30 Jahre später noch den Ansprüchen. Der aktuelle Besitzer steuert seinen Klassiker beispielsweise auch zu weiter entfernten Zielen wie Le Mans. Und ja, der Range Rover schwankt tatsächlich ein wenig, aber bei geschmeidiger Fahrweise und einem achtsamen Blick auf die Fahrbahnbeschaffenheit lässt sich diese Neigungsfreude ganz gut in den Griff bekommen.
Der Kraftstoffverbrauch hat sich indes seit meinem Irlandurlaub nicht verändert. Der Durst des Range ist ruinös: der Beschleunigungstest von 0 auf 100 km/h saugt den Tank förmlich leer. Mich hat die viertürige Version nie überzeugt, auch nicht die eher schwachbrüstige Automatik, die ebenfalls eingeführt wurde. Keine Frage, der klassische, dreitürige Handschalter ohne Metallic-Anstrich ist der einzig Wahre. Mit Recht hat die Marketingabteilung damals von „Fortbewegung in einer neuen Dimension“ geschwärmt. Dieses Modell in Lincoln Green, das ich bewegen durfte, zählt zu den Besten dieser legendären Generation.
Den Range Rover Classic finden Sie im Classic Driver Marktplatz.
Text: Steve Wakefield (aus dem Englischen von Alexandra Felts)
Fotos: Land Rover / Peter Robain