Gentlemen Express
Text & Fotos: Mathias Paulokat
Der Aston Martin DB4 zählt zu den frühen und mondänen Stars der britischen Sportwagenlegende aus Newport Pagnell. Er bereitete den Weg für die späteren Erfolgsfahrzeuge DB5 und DB6. Classic Driver skizziert die Modellentwicklung von frühen 2+2 Sitzern hin zum Gran Turismo. Und ordnet den DB4 als einen äußerst eleganten Meilenstein unter der Ägide von David Brown ein.
Diven auf dem Asphalt. „Zu komplex, zu teuer, zu unvernünftig“, hört man hierzulande öfter hinter vorgehaltener Hand – gerade, wenn es um klassische Fahrzeuge aus der Ära von David Brown geht. Gut so! Denn mit derart kolportierten Urteilen werden Legenden gebildet. Und Sportwagen von Aston Martin sind Legenden. - Längst, denn Ihre betörend rassigen Formen, kraftvolle Motoren, exklusive Stückzahlen, Erfolge auf der Rennstrecke und nicht zuletzt tragende Rollen in verschiedenen James Bond Filmen machten sie schnell zu begehrten Liebhaberobjekten der Gentlemen Driver rund um den Globus. Der DB4, unmittelbarer Vorfahr der berühmten Modelle DB5 und DB6, darf neben den Aston Martin 2/4 Modellen als Wegbereiter der begehrten GT's gelten. Es ist der erste komplett unter David Brown entwickelte Aston.
Ahnenforschung: Vor dem zweiten Weltkrieg trugen die Sportwagen von Aston Martin noch Bezeichnungen nach ihrer Hubraumgröße. Der TwoLitre Vierzylinder von 1948 wurde später dann als DB1 bezeichnet. Mit diesem Fahrzeug begann die Ära unter David Brown. 1950 folgte der DB2, der bereits die stilbildende Aston Karosserieform mit langem Vorderwagen und elegant auslaufendem Heck aufwies. Unter der Haube ging hier erstmals ein Sechszylinder Reihenmotor mit 2,6 Litern Hubraum, Doppelnockenwellen und 105 PS ans Werk. Der DB2 mauserte sich schnell als erfolgreicher Sportwagen auf den Rennstrecken. Er wurde bis 1953 gebaut.
Gußeisen oder Leichtmetall
In einer Weiterentwicklung kam er als DB2/4 auf den Markt. Diese Wagen gab es von 1953 bis 1957 mit den nochmals überarbeiteten Varianten Mk II (von 1955 bis 1957) und Mk III (von 1957 bis 1959). Diese 2+2 Sitzer hatten nun 2,9 Liter Hubraum und die Leistung wuchs von 125 PS auf 140 PS im Mk II und immerhin 162 PS im Mk III an. Zudem gab es Girling Scheibenbremsen und optional auch ein Automatikgetriebe. Der Kühlergrill wurde zur sogenannten „droop snoot“ entwickelt. Bemerkenswert: der DB2/4 war das erste Sportcoupé mit großer Heckklappe. Aston experimentierte zu der Zeit noch an unterschiedlichen Motorkonzepten: gußeiserner Motorblock oder das neue Leichtmetall stand zur Debatte.
Letztlich sollte ein Leichtmetallmotor zum Einsatz kommen, den David Brown höchstpersönlich im Sommer 1957 im ersten DB4-Prototyp bis in den Grenzbereich scheuchte. Der Motor hielt. Doch die De-Dion Hinterachse und das Differenzial bereiteten noch Sorgen und unstandesgemäße Laufgeräusche. Also kam hinten eine konventionelle Starrachse zum Einsatz, vorn eine Doppelquerlenker-Achse mit Schraubenfedern und integriertem Armstrong-Teleskopstoßdämpfern plus Querstabis. Auf die Achsen wurden rundum Scheibenbremsen von Dunlop montiert.
So weit, so gut. Doch als 1958 der DB4 auf der London Motor Show präsentiert wurde, bereitete immer noch der Motor Kopfzerbrechen. Beim Warmlaufen veränderte sich das Lagerspiel, sodaß es zum kurzzeitigen Abriß des Schmierfilms kam. Ein unhaltbarer Zustand, der endlich mit mehr Öl, höherem Öldruck und einem separaten Ölkühler abgestellt werden konnte. Der DB4 war startklar für die Boulevards und Rennstrecken dieser Welt.
Italienische Leidenschaft: Touring Milano
Richtig frisch wirkte der DB4 vor allem aufgrund seines äußerst eleganten Blechkleids. Dies kam nicht von ungefähr, denn der DB4 hatte einen italienischen Schneider. Die Firma Touring aus Mailand gestaltete die formvollendete „Superleggera“ Karosserie. Plötzlich hielt im Königreich der Gran Turismo Stil Einzug. Cabriolets des DB4 gab es zwar auch, sie sind äußerst selten und dafür stets gesucht, doch sportlich engagierte Fahrer mögen die typische und verwindungssteifere Coupéform des DB4 bevorzugen. Damit wirkte der GT bereits im Stand wie das britisch perfekte Pendant zu Ferrari Sportwagen.
Wie erst mußte sich dieser Wagen fahren? „Grandios!“ Und das noch heute: Der silberne DB4 von Steenbuck-Automobiles zeigt am Drehzahlband auf- und ablaufend, daß er noch kerngesund ist. Es handelt sich um ein späteres DB4-Modell von 1962. Heute immerhin auch schon 45 Jahre alt. Und knapp 90.000 Meilen weiter: Sein Sechszylinder mit zwei oben liegenden Nockenwellen röhrt immer noch metallisch, will ehrgeizig nach oben raus drehen. Spontan nimmt er das Gas an und setzt es ohne Zögern in Vortrieb um. Das Vierganggetriebe schaltet präzise. So angespornt eilt der Wagen schnell davon und man ist gut beraten, das dünne Lenkrad, das hier rechts angeschlagen ist, fest im Griff zu halten.
Das empfiehlt sich im DB4 schon deshalb, weil die Lenkung wunderbar taktil das mechanische Leben des Vorderwagens überträgt. Die SU-Doppelvergaser schlürfen gierig am hochoktanen Elixier und verfeuern den Kraftstoff unverzagt in den halbkugelförmigen Brennräumen. Dazu trompetet die Edelstahlauspuffanlage mit doppelten, aber arg dünnen Endrohren wie kirre gemachte Blechbläser in William Waltons zackigsten Märschen. Aston Martin verkündete bei der Vorstellung des DB4, daß der Wagen in weniger als 30 Sekunden aus dem Stand auf 160 km/h beschleunigen würde und wieder auf Null herunter gebremst sei. Die Höchstgeschwindigkeit wurde bei über 220 km/h ausgefahren. Das sagt einiges. Ein paar Jahrzehnte später: Beim festen Tritt aufs Gas geht der Aston hinten in die Knie, die Reifen scharren hörbar, der DB4 prescht voraus. Gleichwohl ist das Fahren eine Spur entspannter als in dem Vorgängermodell 2/4.
Dreams to drive: DB4GT, Zagato & Co
So nahm auch der Verkauf des DB4 schnell Fahrt auf – trotz eines Preises, der vielen astronomisch hoch erschienen sein muß. Der DB4 kostete tatsächlich weitaus mehr als die Stuttgarter Legende in Gestalt des Mercedes-Benz 300 SL. Und der erhob Anspruch auf den Titel, das teuerste deutsche Auto seiner Zeit zu sein. Doch der DB4 profitierte auch von den Rennerfolgen des DBR 1/300. Dieses Fahrzeug gewann 1959 die Weltmeisterschaft.
Die Aston Martin Motorsporterfolge jener Zeit sind immer auch das Ergebnis potenter Motoren gewesen. Nicht anders beim DB4: schon der Serienmotor mit seinen 3,7 Liter Hubraum soll laut Werk bis zu 245 PS aus den sechs Zylindern geholt haben. Die spätere und sehr rare GT Touring Variante des DB4 mit einem um 127 mm verkürztem Radstand brachte es mit drei Weber-Doppelvergasern und geschärften Nockenwellen auf sogar 302 PS. Diese Fahrzeuge hatten Girling-Bremsen und Borrani-Räder. Über die Jahre wurden noch zahlreiche Veränderungen am Serien-DB4 vorgenommen. Fahrzeuge ab 1960 wurden zur Unterscheidung daher auch als „Series 2“ tituliert. Ihre Motorhaube war jetzt vorne angeschlagen und das Ölreservoir für den Motor stieg von 8,5 auf beachtliche 11,9 Liter an. Ein Ölkühler war optional erhältlich, genauso wie Overdrive-Getriebe und elektrische Fensterheber.
Extrem selten und entsprechend begehrt sind die GT Modelle von Zagato. 19 Coupés wurden insgesamt gebaut und kein Fahrzeug gleicht dem anderen. Diese Aston Martin Sportwagen dürfen aufgrund ihrer atemberaubend eleganten wie sportlichen Form und enormer Kraft als einzigartige Höhepunkte der Automobilgeschichte im Sportwagendesign bezeichnet werden. Diese Ikonen sind unbezahlbar, ein korrekter DB4 indes sollte derzeit zwischen 150.000 und 200.000 Euro den Eigentümer wechseln; sicher immer noch ein Preisniveau, welches für viele auf die Legendenbildung einzahlt. Doch nüchtern betrachtet sind gut gewartete Aston Martin Sportwagen mit sauberer Historie eine sehr vernünftige Investition. Schließen wir die Retrospektive mit einer Mutmaßung: Vielleicht sind die Briten ja doch nicht so spleenig, sondern einfach nur clever, wenn sie sich einen Aston in die Garage stellen? Sollte man nicht also auch? Nein, man müßte sogar gerade jetzt nach einem guten DB4 Ausschau halten?
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