Mehr Sport wagen
Text & Fotos: Mathias Paulokat
Mit der Vorstellung des neuen BMW M3 Coupé feierte BMW nicht nur das Debüt der mittlerweile vierten M3-Generation, sondern auch das 20-jährige Straßenjubiläum des erfolgreichen Kompaktsportlers. Classic Driver präsentiert in einem Klassiker-Brevier die wichtigsten Stationen der BMW M3-Chronologie.
BMW ohne M-Modelle, das wäre wie Bayern ohne Weißbier und München ohne Oktoberfest. Einfach undenkbar. M-Modelle sind bei der weiß-blauen Marke die sportliche Essenz. Fahrzeuge, die auf die gesamte BMW-Produktpalette abstrahlen und der Marke ihre authentisch sportliche Aura verleihen. Was mit dem legendären BMW M1 begann, zeigte sich bald als renn- und publikumstaugliches Phänomen in Gestalt der BMW M3 Modelle der Baureihe E30 - auf den Straßen dieser Welt seit 1987. Anlässlich der Präsentation des neuen BMW M3 in Marbella öffnet Classic Driver gemeinsam mit BMW PR Kommunikationschef Holger Lapp das Geschichtsbuch der erfolgreichen Allround-Sportler.
Beginnen wir beim „M“. Wofür steht eigentlich der Buchstabe? Holger Lapp gibt Auskunft: „M steht gleichermaßen für Motoren, dem Mittelteil des Firmennamens, für Motorsport, für den Namen einer BMW Tochtergesellschaft und – in Verbindung mit der jeweiligen Baureihenbezeichnung, für die Hochleistungsprodukte unserer M GmbH.“ Als Bayerische Motoren Werke firmiert BMW bereits seit 1917. Im Jahr 1972 beschloß der BMW Vorstand, alle motorsportlichen Aktivitäten in einer eigenverantwortlichen Einheit zu bündeln: Die BMW Motorsport GmbH, aus der später die M GmbH hervorging, war geboren.
Holger Lapp: „Ihr erster Leiter, Jochen Neerpasch, beauftragte seine Mannschaft, einen Sportwagen für den Rennsport zu entwickeln.“ Dieser sollte eine Straßenzulassung erhalten. Daher mußte vor dem Markteintritt ein griffiger, Marketing-tauglicher Name her. „Der exklusive Sportwagen war das erste Produkt der Motorsport GmbH, also wurde er M1 getauft. Dass damit ein neues Fahrzeugsegment begründet wurde, ahnte damals noch niemand.“ Doch der Begriff M Power war seitdem in aller Munde und bekam mit dem Gewinn der F1 Weltmeisterschaft 1983 zusätzliche Bedeutung. Lapp: „Soviel zum stärksten Buchstaben der Welt.“
Vom M1 zum M3
Wie kam es zur Entscheidung für den ersten M3? BMW-Mann Lapp erzählt: „Eberhard von Kuenheim, damaliger Vorsitzender des Vorstandes, fragte Anfang der 80er Jahre Ingenieur Paul Rosche, genannt Nockenpaule, ob er denn einmal über einen besonders sportlichen kleinen BMW nachdenken könne. Paul Rosche beauftragte seine Techniker, das Kurbelgehäuse eines normalen BMW Vierzylinders mit dem Vierventilzylinderkopf des 3,5 l großen BMW Sechszylinders zu kombinieren. Doch der Zylinderkopf war zwei Zylinder zu lang. Kurzerhand wurde er mit der Säge gekürzt und – da die Zylinderabstände bei BMW Vier- und Sechs-Zylinder Motoren identisch waren – mit dem Kurbelgehäuse verschraubt. Die entstandene Öffnung dichtete man mit einer Metallplatte ab.“
Nach 14 Tagen hatte von Kuenheim einen 3er BMW mit dem Vorläufer des später „S14“ genannten Motors vor der Haustür. Montags gab von Kuenheim das Fahrzeug mit den Worten zurück: „ So etwas sollten wir bauen, Herr Rosche!“ Der M3 sollte als Rennwagen entwickelt und anschließend straßentauglich gemacht werden. Lapp charakterisiert das so: „Erst Mr. Hyde und dann Dr. Jekyll – ein damals völlig unüblicher Weg.“ Um entsprechende Fahrwerkskomponenten unterzubringen und aero-dynamische Kräfte nutzen zu können, wurden deutlich sichtbare Änderungen an der 3er Karosserie vorgenommen. Mit Heckbrille, Pausbacken und Spoilern begeisterte der M3 das Publikum bereits 1985 auf der IAA. Die Motorhaube musste jedoch geschlossen bleiben, denn der S14 Motor und andere Komponenten waren erst 1986 kurz vor der Pressevorstellung auf einer Rennstrecke in Mugello in der Toskana fertig geworden.
Das Reglement für Gruppe A Rennwagen mit Anhang J für „Produktionswagen“ schrieb jedoch die Fertigung von 5.000 M3 Fahrzeugen innerhalb von 12 aufeinander folgenden Monaten vor. Die zentrale Frage: „Wohin mit den Fahrzeugen?“ Lapp gibt Auskunft: „Eine Stellfläche im Stadtteil Freimann bot sich an, doch der M3 ja auch in Kundenhand gelangen. Ein M3 Infobus tourte daher durch die Lande. Interessierte erhielten einen Fahrerhandschuh aus, der nach einer Probefahrt durch den zweiten komplettiert werden konnte.“ Ergebnis dieser Roadshow: „Die Fahrzeughalde schrumpfte schneller als erwartet. Am 23. Februar 1987 war es soweit: Die Rennamazone Annette Meuvissen sowie die Rennfahrer Mark Hessel und Roberto Ravaglia schoben den 5.000sten M3 vom Band.“
Erfolge und Modelle
Der erste Renneinsatz des M3 Gruppe A erfolgte am 22. März 1987 in Monza, die erste Weltmeisterschaft für Tourenwagen. Sieben BMW M3 waren unter den ersten zehn Fahrzeugen, die die Plätze eins bis sechs und acht belegten – ein Einstand nach Maß. Aber nur für einen Augenblick. Holger Lapp weiß, warum: „Es kam zum Eklat und zur Disqualifikation aller BMW M3. Der Wettbewerb hatte von abweichenden Blechstärken der Rohkarosse gehört. Die Untersuchungen förderten jedoch keinen Reglementverstoß zu Tage, weil die Blechstärke der Rohkarosse kein Homologations relevantes Kriterium war; und Kunststoff-Anbauteile den FISA Regeln entsprachen. Wegen eines zu spät eingereichten Protestes seitens BMW wurden die Disqualifikationen nach dem ersten Rennen jedoch aufrechterhalten.“
Auf die Weltmeisterschaft 1987 hatte das aber keinen Einfluss: Nach elf Rennen wurden Roberto Ravaglia und der BMW M3 als erste Tourenwagenweltmeister in die Motorsportanalen eingetragen. Bis 1992, seinem letzten Jahr im Werkseinsatz, hatte der BMW M3 Gruppe A mehr als 1.500 Siege bei nationalen und internationalen Rennen eingefahren und mehr als 50 internationale Meisterschaften gewonnen. Weder davor noch danach war ein Renntourenwagen so erfolgreich. Die Produktion des BMW M3 der ersten Generation lief bereits 1991 aus. Insgesamt wurden in München rund 18.000 BMW M3 der ersten Generation produziert. Darunter befanden sich auch 800 M3 Cabriolets, heute gesuchte Sammlermodelle.
Das BMW M3 Cabrio aus dem Jahr 1994 basierte bereits auf der Nachfolgegeneration des ersten BMW M3. Lapp: „Ein Stilwechsel hielt Einzug: Spoiler und Pausbacken passten nicht mehr zu BMW. Mit leichten Änderungen an Front- und Heckschürze sowie aerodynamisch geformten Seitenschwellern und Außenspiegeln kam der zweite M3 vergleichsweise unauffällig daher.“ Zwei zusätzliche Zylinder sollten zudem für mehr Seriosität sorgen. Dazu passt auch das Understatement der 1994 auf den Markt gekommenen viertürigen M3 Limousine als dritte Karosserievariante. Mit 286 PS, später 321 PS war die um ca. 50 Prozent höhere Leistung des Nachfolgers mehr als spürbar. „Anfängliche Skepsis wich schnell purer Begeisterung. Mehrfach erhielt der BMW M3 der zweiten Generation die Auszeichnung „Auto des Jahres“. Auto Plus in Frankreich kürte den BMW M3 sogar zum „Auto des Jahrhunderts“, und in den USA erhielt der M3 als erstes Importauto aller Zeiten die Auszeichnung „Car of the Year“ sowie das Prädikat „Best Handling Car“, berichtet der BMW-Mann.
Die M3 Pretiosen
Frühe Skepsis gab es auch gegenüber dem 1997 eingeführten Sequentiellen M Getriebe (SMG), bei dem die Gangwechsel in einer Ebene ohne manuelle Kupplungsbetätigung durchgeführt wurden. Zum Ende seiner Produktionszeit wurde aber fast jeder zweite M3 der zweiten Generation mit diesem Getriebe geordert. Es gab im Laufe der Jahre auch echte Pretiosen, die separate Erwähnung verdienen. So zum Beispiel ein M3 in der für BMW eher untypischen Farbe British Racing Green. Dieses M3 Coupé trägt den Namen BMW M3 GT. Das Modell wurde 1994/95 nur 350mal gebaut, um es für die IMSA GT-Serie in den USA zu homologieren. Es verfügte in der Strassenversion über 295 PS, hatte einen markanten Heck- und einen vom Fahrer verstellbaren Frontspoiler.
Auch das Thema Gewichtsersparnis stand im Lastenheft des dritten M3 ganz oben. So konnte das Gewicht des Motors um sechs Prozent gesenkt werden, die Verwendung einer Motorhaube aus Aluminium erbrachte ein 40 Prozent leichteres Bauteil. 2003 erschien eine nochmals abgespeckte und leistungsgesteigerte Version: der M3 CSL (Coupé, Sport, Leichtbau). 110 kg konnten eingespart werden. So bestand das im Werk Landshut gefertigte Dach des M3 CSL aus mehreren Lagen kohlefaserverstärktem Kunststoff. Holger Lapp: „Mit dem überarbeiteten Motor, der es auf 360 PS brachte und einem Leergewicht von 1385 kg wurde ein sensationelles Leistungsgewicht von 3,85 kg/PS realisiert. Beim Sprint von 0 auf 100 km/h vergingen nur 4,9 Sekunden.“
Weitere Highlights in der 20jährigen M3 Historie sind die beiden BMW Art Cars. 1989 bemalten die australischen Künstler Ken Done und Michael Jagarama Nelson jeweils einen M3 der ersten Generation. Die Fahrzeuge sind Teil der BMW Art Car Collection, die mittlerweile sechzehn, seit 1975 von namhaften Künstlern gestaltete Fahrzeuge umfasst.