Glamourös. Mondän. Einzigartig. Dies sind die Adjektive, die den Concorso d’Eleganza Villa d’Este wohl am besten beschreiben. Vor der Kulisse des Grand Hotels Villa d’Este im italienischen Cernobbio trafen sich die Besitzer der automobilen Haute Couture im Wettbewerb um die begehrte Coppa d’Oro Villa d’Este
Bereits 1929 veranstaltete der Automobilclub von Como gemeinsam mit dem Grand Hotel Villa d’Este den ersten internationalen Concours d’Elegance für Automobile. Allerdings kürte man nicht den schönsten Klassiker, sondern das modernste Design. Den ersten Wettbewerb gewann übrigens ein Isotta Fraschini mit einer Sala-Karosserie. Kurze Zeit später wurde die Marke Opfer der „Großen Depression“.
Im Concours-Jahr 1931 sorgte die Vorstellung der „Flying Star“–Versionen des Alfa Romeo 6C 1750 GS für Furore – sie gewann den begehrten, goldenen Pokal. Den Siegerwagen fuhr eine gewisse Josette Pozzo. Am letzten Wochenende, fast 76 später, kehrte der weiße Alfa Romeo zurück zum Platz seines großen Erfolges. Heute gehört der „Flying Star“ Arturo Keller aus Mexiko. Die Rückkehr wurde mit dem Publikumspreis der „Trofeo BMW Italia“ belohnt. Der Besitzer des diesjährigen Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2007 Siegers stammt ebenfalls aus Übersee, es ist der Amerikaner James A. Patterson. Sein Bugatti 57 C mit einer Karosserie von Voll & Ruhrbeck überzeugte die siebenköpfige Jury, zu der übrigens auch Goodwood Hausherr Lord March zählte. Das Chassis des 57 C wurde von dem deutschen Bugatti-Importeur Noll an Voll & Ruhrbeck mit der Vorgabe geliefert, eine aerodynamische Karosserie zu fertigen. Später ging der Wagen in den Besitz der Olympiasiegerin im Eiskunstlauf Sonja Hennie über. Dies erklärt wohl auch die Clubplakette des Berliner Schlittschuhclubs.
Beim Flanieren zwischen diesen vielen wunderschönen Automobilen in dieser traumhaften Szenerie gerät man als Besucher schnell ins Träumen und es beginnt eine wahre Zeitreise in die glorreiche Geschichte des Automobilbaus. Vor dem Bootssteg am Ufer des Comer Sees parkt ein Aston Martin DB4 GT Zagato. Sein Besitzer Peter Read sitzt entspannt neben seinem Schmuckstück und beginnt etwas über die Geschichte seines Traumwagens zu erzählen. Es sei schon immer sein Traum gewesen, einen Aston Martin zu besitzen und nun ist dieser Traum wahr geworden. Lediglich 19 DB4 Zagato Exemplare wurden gebaut. Entworfen hat ihn Ercole Spada, dessen Sohn Paolo übrigens in seine Fußstapfen getreten ist und zusammen mit seinem Vater und zwei Partnern die Firma SpadaConcept gründete und mit einer beeindruckenden Studie in diesem Jahr auf sich aufmerksam machte. Im Jahr 2001 fand Peter Read den Aston in Australien, wo ihn dessen Besitzer aktiv in Rennen nutzte. Nach einigen Restaurierungsarbeiten erscheint der Wagen heute in seinem ursprünglichen Glanz.
Ein paar Schritte weiter, vor einem Nebengebäude der Villa, lacht den Besucher ein ganzer Reigen sehr extravaganter Automobile an. Darunter ein Bizzarini 5.300 GT Strada, er stammt aus der Sammlung des Uhrenmagnaten Dr. Gino Macaluso, oder ein schöner Ferrari 250 GT SWB aus dem Besitz des Amerikaners Peter S. Kalikow. Das besondere an diesem Modell ist seine für Ferrari ungewöhnliche Lackierung in Blu Inverno – eine Farbe, die eigentlich von Alfa Romeo stammt. Passend zu seinem Besitzer trägt der Wagen die New Yorker-Kennzeichen „PK-1“. Gerne würde der Autor über jedes einzelne der ausgestellten Modelle etwas schreiben, doch leider soll man ja aufhören wenn es am schönsten ist.
Es müssen nämlich auch die Klassiker von morgen Erwähnung finden. Denn seitdem die BMW Group das Patronat für den Concorso d'Eleganza Villa d'Este vor neun Jahren übernahm, bemühen sich die Münchner auch die Bedeutung für die Innovationen, die in Konzeptstudien stecken, hervorzuheben. Noch im letzten Jahr gelang dieser Spagat nicht so recht, aber man hat gelernt und die Studien waren ebenso angesehen wie die Klassiker. Das lag nicht zuletzt an der ausgezeichneten Auswahl. Die Mehrzahl der Studien war zwar schon bekannt, doch ist es etwas Besonderes, diese vereint auf der Terrasse der stilvollen Villa d’Este zu betrachten. Erstmals zeigte die italienische Designschmiede seine neueste Kreation, den Maserati GS Zagato. Der erste Wagen wurde auf Kundenwunsch für den Möbeldesigner Boffi gebaut. Dr. Paolo di Taranto verriet Classic Driver, dass es nicht bei einem Einzelstück bleiben soll. Bereits jetzt nimmt Zagato Bestellungen entgegen. Allerdings sollen nur neun GS-Modelle produziert werden.
Für großes Interesse unter den Teilnehmern sorgte das Ferrari P4/5 Einzelstück, das Pininfarina für den amerikanischen Unternehmer James M. Glickenhaus gebaut hat. Trotz geschäftigem Treiben rund um seinen Traumwagen beantwortete Glickenhaus mit einer Coolness, wie sie nur Amerikaner besitzen, alle Fragen und öffnete immer wieder Türen und Hauben seines „One-Off-Ferraris“.
Während sich die Tore des Concorso d'Eleganza am Samstag nur für geladene Gäste öffneten, konnte sich am Sonntag jeder Enthusiast von der Schönheit und Eleganz der gezeigten Automobile persönlich überzeugen. Aus Platzgründen wechselte der Schauplatz für den Concours auf das riesige Areal der Villa Erba. Schon am frühen Sonntagmorgen stand eine lange Schlange vor dem Eingang und wartete ungeduldig auf den Einlass. Der Besucheransturm war gewaltig und es dürfte sich dabei um den größten in der Geschichte des Concorso gehandelt haben.
Überhaupt waren die Besitzer, Fachleute und Journalisten davon überzeugt, dass die diesjährige Ausgabe des Concorso d’Eleganza Villa d’Este aufgrund der Vielzahl an einzigartigen Automobilen zu einem der Besten in der jüngeren Geschichte zählt. Am Sonntag lud die Kulturkommunikation der BMW Group zu einem weiteren Höhepunkt: Unter der Überschrift „Sketch the dream! Visualizing car design“ diskutierten Designer über die Möglichkeiten und Probleme im Prozess der ersten Visualisierung einer Idee. Die Teilnehmer waren: Automobildesigner Fabrizio Giugiaro, Design Entrepreneur Carl Gustav Magnusson, Umweltdesigner Ross Lovegrove, Verena Kloos Leiterin von Designworks USA, Phil Patton Autor und Journalist und der aus Singapur stammende Spielzeugdesigner Ban Y.J.. Trotz einer gewissen Wärmeentwicklung folgten die geladenen Gäste interessiert den Gesprächen und beteiligten sich rege.
Der Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2007 war eine rundum perfekte Veranstaltung mit vielen Facetten. Die Mischung aus Klassik und Moderne, die vielen extravaganten Persönlichkeiten, die traumhafte Kulisse, all das macht den Concours zum schönsten Classic-Meeting in Europa.
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Text: J. Philip Rathgen
Fotos: Nanette Schaerf / BMW
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