Mehr Leistung, weniger Verbrauch, noch mehr Fahrspaß! Dass der Porsche 911 Turbo von Generation zu Generation nicht durstiger, dafür aber stärker, schneller und auch fahrbarer wird, hat in Zuffenhausen seit über 30 Jahren Tradition. Warum der jüngste „Turbo“ gegenüber seinem Vorgänger auf der eisigen Teststrecke des Porsche-Zentrums Weissach erneut Zeit gewinnt, wurde Classic Driver im Rahmen eines Technik-Workshops erläutert.
Rein konzeptionell betrachtet, unterscheidet sich der neue 911 Turbo kaum von seinem Vorgänger: 3,6 Liter Boxermotor, Allradantrieb, zweigeteilter Heckspoiler für optimalen Abtrieb – um nur einige Gemeinsamkeiten zu nennen. Trotzdem verraten allein die Leistungsdaten, dass unter der Hülle des „Turbos“ große Fortschritte gemacht wurden. So leistet das Triebwerk in der jüngsten Evolutionsstufe beachtliche 480 PS, liefert bis zu 620 Nm Drehmoment und beschleunigt das Auto in minimalen 3,7 Sekunden (Tiptronic) von Null auf 100 km/h. Gleichzeitig bleibt der Durchschnittsverbrauch von 12,8 (manuell geschaltet) bzw. 13,6 Liter in Verbindung mit dem Automatikgetriebe unverändert niedrig.
Erreicht wurde dies durch eine weitere Pionierstechnik, die im Bereich der Abgas-Turboaufladung zum Einsatz kam – schon 1974 hat Porsche mit der ersten der mittlerweile sechs Turbo-Generationen eine Weltneuheit präsentiert: den ersten Seriensportwagen mit Turbotriebwerk. Beim 2006er-Modell wird nun erstmals die variable Turbinengeometrie im Abgasturbolader angewandt. Bisher war diese Technik den Dieselmotoren vorbehalten, da sie eine geringere Abgastemperatur erzeugen. Für die bis zu 1000 Grad heißen Gase des Benzintriebwerks waren die filigranen Bauteile einfach nicht ausgelegt.
Durch die Verwendung ‚geheimer’ Werkstoffe, wurde das Temperaturproblem bewältigt, die neue Technik integriert und damit die Effizienz des Turboladers enorm gesteigert. Der Motor gibt jetzt auf Kommando bzw. schon bei niedrigsten Drehzahlen ein kraftvolles Feedback, keine Spur von einem Turboloch. Zwischen 2.000 und 5.000/min liefert der Boxermotor zudem konstant über 600 Nm Drehmoment. Wem der Überholvorgang trotzdem zu lang andauert, schaltet einfach einen Gang runter oder leitet per Knopfdruck den Overboost ein. Über die Sporttaste neben dem Schalthebel verfügt der 911 Turbo allerdings nur in Verbindung mit dem optionalen ‚Sport Chrono Paket Turbo’. Bei Betätigung wird der Ladedruck für zehn Sekunden um 0,2 bar gesteigert und somit weitere 60 Newtonmeter freigesetzt.
Im Praxistest auf der teilweise vereisten Teststrecke stehen die Turbo-Generationen „996“ und „997“ Seite an Seite. Der Porsche-Chauffeur ist entschlossen, mir einen klaren Eindruck von der Performance des neuen 911 Turbo zu vermitteln. Motorstart: Hinter mir beginnen 480 PS zu brüllen, als der Pilot den Kanonenstart vorbereitet. Während er mit dem linken Fuß die Bremse kraftvoll durchtritt, treibt er mit dem eigentlichen Brems-/Gasfuß die Drehzahl in die Höhe. Jetzt nur noch loslassen – und peng. Klar hat der Vorgänger hier das Nachsehen, fehlen ihm doch 60 PS zum neuen Turbo. Aber auch im Kurvensektor, der teilweise mit Eisschollen bepflastert ist, gewinnen wir Zeit. Hierbei profitiert der 997 von dem neu entwickelten Porsche Traction Management, das den Vorderachsantrieb über eine elektromagnetisch betätigte Visco-Lamellenkupplung in reaktionsschnellen 0,1 Sekunden steuert. Je nach Fahrsituation wird somit die Kraftverteilung an Vorder- und Hinterachse geregelt. Mit eingeschaltetem PSM und der aktiven Luftfederung PASM lässt sich der 911 Turbo dann endgültig nicht mehr aus der Spur bringen.
Zurück im Workshop werde ich noch ausgiebig über die Fortschritte im Bereich Aerodynamik und Karosserie-Leichtbau informiert: Um auch jenseits der 300-km/h-Marke geschmeidig durch den Fahrtwind zu tauchen, wurde beispielsweise der Unterboden des neuen 911 Turbo nahezu komplett verkleidet. Der im Vergleich zum Vorgänger um 23 Prozent vergrößerte Heckflügel erzeugt in der Grundstellung nur einen minimalen Luftwiderstand, ausgefahren erzielt er bei maximalen 310 km/h eine zusätzliche Abtriebskraft von 273 Newton auf der Hinterachse. In punkto Leichtbau kommen vor allem die neuen Aluminium-Seitentüren, der –Frontflügel und der aus Kunststoff gefertigte Heckdeckel zum tragen. So konnten letztendlich – mit 1.585 kg Gesamtgewicht – fünf Kilogramm gegenüber dem Vorgänger eingespart werden.
In etwa einem Monat folgt die offizielle Fahrpräsentation. Dann wird Ihnen Classic Driver mehr Details und Fahreindrücke des Porsche 911 Turbo liefern. Vorab erhalten Sie weitere Informationen in unserem ‚Auto der Woche’.
Text: Jan Richter
Fotos: Jan Richter / Porsche
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