Glanz und Gloria im Park des Grand Hotel Villa d’Este am Comer See. Im Jahre 1929 als Schönheitswettbewerb für Automobil-Neuerscheinungen ins Leben gerufen, nahm der Concorso d’Eleganza Villa d’Este im Vergleich mit anderen Veranstaltungen dieser Art von Anfang an eine herausragende Stellung ein. Nach 20 Jahren fand 1949 der letzte Concours als Schaulauf automobiler Novitäten am Ufer des Lago di Como statt. Nach kurzen aber erfolglosen Wiederbelebungsversuchen Mitte der 80er Jahre und zwischen 1995–1997 erlebte der Concorso 1999 unter dem Patronat der BMW Group seine wahre Renaissance. Seitdem sammeln sich – dem Grundgedanken der Veranstaltung folgend – Jahr für Jahr historische Schätzchen aber auch fahrbereite Konzeptstudien in der Villa d‘Este.
So auch in diesem Jahr, indem automobile Höhepunkte der letzten 70 Jahre am Concorso teilnahmen. Begleitet von wahrhaft kaiserlichem Wetter, strahlten die Raritäten mit der Sonne um die Wette. Beim Flanieren durch den Garten des Grand Hotels begibt man sich auf eine Zeitreise durch die Automobilgeschichte. Angefangen von einem 1925 gebauten Rolls-Royce Silver Ghost „Pall Mall Tourer“ bis zu dem schwarzen Lamborghini Miura SV aus dem Besitz des Präsidenten der Uhrenmanufaktur Girard-Perregaux Dr. Luigi Macaluso. Der begehrte Hauptpreis, die Coppa d’Oro Villa d’Este wird dem Klassiker verliehen, dessen Zustand und Originalität sowohl das Publikum als auch die Jury überzeugt. Aufgeregt wie Prüflinge vor der Abschlussprüfung warten einige der Besitzer vor ihren Preziosen auf das Erscheinen der strengen Preisrichter.
Die siebenköpfige Jury setzt sich aus Spezialisten der historischen Automobilwelt zusammen. Den Vorsitz führt der Fiat-Chefdesigner Lorenzo Ramaciotti, ihm zur Seite stehen Persönlichkeiten wie Charles Lord March, der mit seinen Veranstaltungen Goodwood Festival of Speed und dem Revival Meeting ein ausgesprochener Kenner der Szene ist. Aufgeteilt in zwei Gruppen, schwärmen die „Gutachter“ aus und nehmen jedes einzelne Detail genauestens unter die Lupe. Geduldig lassen die Teilnehmer das Prüfungsritual über sich ergehen. Gelegentlich erscheint das Aufeinandertreffen der Jury mit den stolzen Automobilbesitzern wie eine TÜV-Abnahme auf allerhöchstem Niveau. In freundlichem Ton bittet Lord March den Besitzer des extravaganten Bizzarrini P 538 Manta: „Könnten Sie uns bitte mit dem Klang des Motors erfreuen?“ „Selbstverständlich!“ lautet die Antwort des Besitzers. Mit elegantem Schwung glitt der aus den USA angereiste Teilnehmer auf den „Center-Seat“ und ohne Anlaufschwierigkeiten erfüllte das Gebrüll des 5,3-Liter-V8-Heckmotors die Luft über dem Comer See. Jedesmal wenn irgendwo das Anlassen eines Motors zu hören war, versammelte sich eine Traube von begeisterten Zuschauern um den Protagonisten.
Höhepunkt am Samstag war die Parade aller teilnehmenden Automobile – auch die der Konzeptstudien – und die Verleihung der Villa d’Este Preise. Moderiert wurde die Parade von Simon Kidston. Der ehemalige Chef der Automobilabteilung des Auktionshauses Bonhams lief wieder einmal zur Höchstform auf. Der Engländer wusste zu jedem Automobil eine Anekdote zu erzählen und dies auch in fließendem italienisch.
Sieger der diesjährigen Coppa d’Oro Villa d’Este (Publikumspreis) ist der 1938 gebaute Mercedes-Benz 540 K „Autobahnkurier“ aus dem Besitz des mexikanischen Mercedes-Benz-Sammlers Arturo Keller. Erdacht wurde das elegante und vor allem schnelle Reisecoupé von Herman Ahrens als adäquates Fortbewegungsmittel für das neugebaute Autobahnnetz. Neben dem am Comer See gezeigten Modell existiert nur noch ein weiterer Autobahnkurier. Der zweite Stromlinien-540K war ein Geschenk an den Schah von Persien und befindet sich – aktuell motorlos – in der iranischen Hauptstadt Teheran. Arturo Keller konnte sich auch über den Klassensieg in der Gruppe „Streamlined - Style and Speed“ freuen. Den Preis der Jury, die „Trofeo BMW Group“, erhielt der Ferrari 166 MM Berlinetta Touring, Baujahr 1949.
Über den Pokal für die weiteste Anreise auf eigener Achse durfte sich Fred Kriz freuen. Er war hinter dem Steuer seines 1959er Bentley S1 Continental 2-door Saloon Mulliner aus Monaco angereist. Wenn es einen Preis für das eindrucksvollste Klangerlebnis gegeben hätte, so wäre dieser zweifelsfrei an den 1930 gefertigten Bentley 4 ½-Liter „Blower“ verliehen worden. Kein Auto verfügt über solch ein tiefes und beeindruckendes Grollen wie dieser Supercharged. Die Einfahrt in das Nachtlager in der hoteleigenen Garage wurde vom Hupen der ausgelösten Alarmanlagen parkender Autos begleitet.
Am zweiten Publikumstag zogen die Automobile um in den riesigen Park der Villa Erba, das ehemalige Anwesen des Regisseurs Luchino Visconti. Dort hatten die zahlreichen Besucher die Möglichkeit, den Favoriten für die „Trofeo BMW Group Italia“ zu wählen. Mit dem Preis wurde der extravagante Delahaye 135 M, Baujahr 1937, ausgezeichnet. Die farbenfrohe, für einen Maharadscha gestaltete Karosserie stammt aus dem Hause Figoni & Falaschi. Den Wagen hat sein aktueller Besitzer, der Amerikaner Peter Mullin, selbst restauriert, der jetzt schon das nächste Delahaye-Projekt in seiner Garage stehen hat
Überraschend gewann der Bugatti Veyron Fbg Hermès den ebenfalls vom Publikum ausgelobten „Concorso d’Eleganza Design Award“. Angetreten waren neben zukunftsweisenden Modellen der großen Hersteller auch Exoten wie das Unterwassermobil Rinspeed sQuba des Schweizer Autovisionärs Frank M. Rinderknecht und das Morgan LIFEcar Coupé, präsentiert von Charles Morgan. Zagato trat mit dem Bentley GTZ an und Touring zeigte die Maserati Shooting Brake Studie Bellagio Fastback. Außer Konkurrenz bot BMW mit der Designstudie CS Concept einen Ausblick auf die eigene Modellzukunft.
BMW nutze den Concorso auch, um das 30. Jubiläum eines der radikalsten und außergewöhnlichsten Modelle der Bayern zu feiern – den M1. Als der Mittelmotor-Sportwagen 1978 in Paris sein Debüt feierte, sorgte die über 100.000 D-Mark teure Rennflunder mit Straßenzulassung für Furore. Gleich acht M1 wurden in Cernobbio gezeigt und – damit nicht genug – am Samstagabend präsentierte der für BMW-Automobile verantwortliche Chefdesigner Adrian van Hooydonk die Studie BMW M1 Hommage. Einen ausführlichen Bericht über das spannende Konzept finden Sie in unserem Auto der Woche.
Der Concorso d’Eleganza Villa d’Este hat sich ein weiteres Mal seine Position als absolute Traumveranstaltung in Europa gesichert. Die Auswahl an Automobilen, der Ort und die Organisation sind einmalig und sollten einen festen Platz in der Reiseplanung 2009 einnehmen.
Große Galerie
Rolls-Royce Sliver Ghost, 1925
Bentley 3 Litre, 1925
Mercedes-Benz 680 S
Isotta-Fraschini 8A, 1928
Bentley 4 ½-Liter "Blower"
Daimler Double Six, 1932
Voisin C 24, 1934
Hispano-Suiza J 12, 1936
Hispano-Suiza H6C, 1927
Mercedes-Benz 680 S, 1928
SS Cars Ltd. SS 90, 1935
Bugatti 57, 1936
Mercedes-Benz 320, 1937
Rolls-Royce Phantom III, 1937
Delahaye 135 M, 1937
Alfa Romeo 6C 2500 SS, 1940
Alfa Romeo 6C 2300 Jankovits, 1935
Bugatti 57 SC Atalante, 1937
Alfa Romeo 6C 2300 B Pescara, 1937
Mercedes-Benz 540 K "Autobahnkurier", 1938
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Delahaye 135 M, 1948
Bentley S1, 1956
Maserati A6 G54, 1956
BMW 507, 1958
Text: J. Philip Rathgen
Fotos: Nanette Schaerf / BMW
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