Der Maybach läuft aus, sein Erbe lebt fort: Der erste legitime Thronfolger ist jedoch keine neue Pullman-S-Klasse, sondern eine luxuriöser Van-Studie auf Basis des Mercedes Viano. Premiere feiert der hochkarätige Chauffeurs-Bus auf der Auto China in Peking.
In den klaustrophobischen Millionen-Metropolen Asiens ist privater Raum ein kostbares Gut. Die in China so beliebten, langgezogenen Chauffeurslimousinen sind ein Beispiel für das Bedürfnis der oberen Klassen nach Bewegungsfreiheit – doch es geht auch größer. Während Bentley und Lamborghini auf der Peking Motor Show mit ihren gewaltigen SUV-Studien eine neue Luxus-Dimensionen ausrufen, geht Mercedes-Benz gleich einen Schritt weiter: Die Stuttgarter haben auf Basis des Business- und Familien-Busses Viano einen Van der Superlative auf die Räder gestellt, der seine Insassen mit dem Komfort und Platzangebot eines First-Class-Fluges verwöhnt.
Bei der Gestaltung und Ausstattung hat sich das Entwicklungsteam stark am Maybach orientiert, der in Kürze auslaufen wird. Laut Chefdesigner Kai Sieber dienten aber auch Aspekte asiatischer Kultur als Inspirationsquelle. Die schwarz-weiße Two-Tone-Lackierung zollt also nicht nur dem ehemaligen Daimler-Flaggschiff ihren Tribut, sondern zitiert auch das Yin-und-Yang-Zeichen, das in diesem Fall für eine gesunde Work-Life-Balance stehen soll. Die goldene Trennlinie zwischen beiden Bereichen wurde – ganz im Sinne einer asiatischen Nouveau Riche, der es nicht exaltiert genug sein kann – von dem deutschen Pinstripe-Künstler Tom Plate per Hand aufgemalt. Mit einem Pinsel aus sibirischem Eichhornhaar.
Den Innenraum des „Maybus“ haben Sieber und sein Team zugunsten eines großen Raumgefühls betont minimalistisch eingerichtet: Im Fond sind nur zwei klimatisierte Massagesessel mit ausfahrbarer Fußstütze installiert. Während der Chauffeur in einem Cockpit aus schwarzem Nappaleder sitzt, ist der Passagierbereich porzellanfarben gehalten und mit Dinamica-Leder im Alcantara-Look ausgekleidet. Einen sprichwörtlichen Stein im Brett erhofft sich Mercedes bei den solventen chinesischen Kunden durch die acht Diamanten mit jeweils einem Viertel Karat, die gegenüber der Einstiegstür in einer Zierleiste eingefasst sind. „Die Zahl acht ist in China eine Glückszahl für beruflichen Erfolg“, erklärt Sieber das Detail. Viel Zeit zum Arbeiten werden die Insassen des Super-Vianos jedoch nicht haben – Champagnerkühler, ein ausfahrbarer 40-Zoll-Bildschirm und eine 1.320-Watt-Anlage von Bang & Olufsen dürften die Work-Life-Balance meist zugunsten der Lebens-Seite beeinflussen.
Der Chauffeur darf sich derweil über einen V6-Motor mit 258 PS und 340 Nm freuen, mit dem sich der Van in 9,1 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen lässt – vorausgesetzt natürlich, der Dauerstau von Peking oder Shanghai lässt solche Sprintversuche überhaupt zu. Sollte der asiatische Markt an dem Showcar gefallen finden, wäre die Produktion einer Kleinserie laut Mercedes-Benz nicht ausgeschlossen. Die Spezialisten der Maybach-Manufaktur müssen ja irgendwie beschäftigt werden.
Text: Jan Baedeker
Fotos: Daimler