Jeder, der einen Allrad-Wagen einmal ernsthaft im Gelände begegt hat, kennt die Situation: Auf einmal fährt das Gerät, dass seinen Fahrer theoretisch überall hinbefördern sollte, plötzlich nirgends mehr hin! Diese Erkenntnis stieg mir vor einigen Tagen wieder in den Sinn, als eine einfache Feuerholz-Fahrt in den nächsten Wald in einem Desaster endete: Außer Gefecht gesetz wurde mein treuer Land Rover Series IIA von nichts Dramatischerem als einer feuchten, grasbewachsenen Böschung. Als wäre die Schmach nicht genug, blieb nicht nur der Jeep Cherokee, den ich zum Abschleppen organisiert hatte, stecken – sondern auch der im Anschluss verständigte Defender Pick-Up mit Offroad-Bereifung. Alles in allem ein Kapitel, dass ich gerne schnell vergessen möchte.
Wie einfach wäre doch alles gewesen, hätte ich nur einen Big Foot zur Hand gehabt. Und zwar nicht einen dieser Hinterhof-Bastelbuden mit aufgebocktem Fahrwerk und aufgeblasenen Reifen, sondern einen von zwei offiziellen Big Foot Defenders. Land Rover Special Vehicles, die interne Alles-ist-möglich-Abteilung des britischen Herstellers, hatte die beiden Ausnahme-Defender ursprünglich gebaut, um die Pressevorstellungen anderer Modelle in exotischen Gegenden wie Island oder Marokko zu begleiten – und bei Markenveranstaltungen für den gewissen Wow-Effekt zu sorgen.
Bisher war es nur wenigen Menschen außerhalb des Land-Rover-Experience-Teams vergönnt, das Steuer eines Big Foot in die Hand zu nehmen – umso größer war die Freude, als ich dazu eingeladen wurde, die beiden Monster Trucks in den verschneiten Weiten Finnlands einmals selbst auzuprobieren. Trotz seiner imposanten Erscheinung ist der Big Foot jedoch, so wurde mir einleitend erklärt, keinesfalls unstoppable – bei Glatteis etwa wird es brenzlig. Dennoch ist es schwierig, sich auf den gewaltigen Mickey-Thompson-Reifen im Format 395/70 nicht unbesiegbar zu fühlen.
Unter der Haube kommen die bekannten Land-Rover-Diesel-Motoren zum Einsatz, nur das Getriebe wurde überarbeitet und durch eine Ashcroft-Getriebeuntersetzung für Geröll- und Gletscherfahrten ergänzt. Zusammen mit einem Satz pneumatischer Differentialsperren und einer Anti-Stall-Anfahrhilfe wird der Big Foot zu einem Alleskönner, der auch solches Terrain bezwingt, das „normale“ Allrad-Geländewagen zum Aufgeben zwingt.
Um die Räder und Kompressoren der Differentialsperren unterzubringen, musste das Team von Land Rover Special Vehicles das Defender-Chassis deutlich modifizieren. Durch die größeren Reifen wächst natürlich auch der Wendekreis, was das Manövrieren im Gelände nicht einfacher macht. Zu den weiteren Extra-Features gehören Langstrecken-Dämpfer, Querstabilisatoren, Querstreben, Schnorchel, Winde, Überrollkäfig, Standheizung, GPS und Satelitentelefon. Angesichts der Arbeitszeit, die in einen Big Foot gesteckt wurde, müsste man für die Modifikation rund 60.000 Euro investieren. Allerdings wurde uns versichert, dass es bei den beiden Exemplaren dieser seltenen Spezies bleiben soll.
Fotos: Land Rover