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Darum ist der Pajero Evolution so heiß wie die südafrikanische Sonne

Der aus der Rallye Dakar hervorgegangene Mitsubishi Pajero Evolution zählt zu den wenigen Homologations-Specials, bei dem die Preise noch nicht durch die Decke gegangen sind. Wir sind an die südafrikanische Garden Route gefahren, um ihn selbst zu erleben.

Es ist schon komisch: Während wir den Siegeszug des SUV beklagen, gehören klassische Geländewagen zu den heißesten Gütern auf dem Markt für klassische Fahrzeuge. Vielleicht sind es der Restomod-Wahn und die süchtig machenden Kreationen von Firmen wie Cool & Vintage, die sie wieder ins Rampenlicht rücken. Oder der robuste Charme, den sie im Gegensatz zu den an den Asphalt gebundenen, aufgeblähten und drei Tonnen schweren Monstrositäten, die unsere Städte zu überschwemmen scheinen, entfalten. Was auch immer der Grund sein mag: Diese Offroad-Ikonen der 80er- und 90er-Jahre gehen uns nicht mehr aus dem Kopf. Denn man muss zugeben, dass zum Beispiel ein Land Rover Discovery der Serie 1 mit jedem Tag besser auszusehen scheint. Wenn wir jedoch einen König unter den modernen klassischen SUV krönen sollten, gibt es eigentlich nur einen Anwärter: den mächtigen Mitsubishi Pajero Evolution.

Um herauszufinden, ob der Pajero Evolution das hält, was er verspricht – oder nur ein Bodykit ohne Biss ist – fuhren wir an die südafrikanische Garden Route, genauer gesagt an die wunderschöne wilde Küste zwischen Buffels Baai und Knysna. Dort trafen wir uns mit Milan von Iconic Classic Cars, der gerade selbst einen Pajero Evolution erworben hatte. Der erste Eindruck? Dieser Geländewagen hat wirklich Präsenz auf der Straße: Die ausgestellten Radkästen, der werksseitige Unterfahrschutz, die Lufteinlässe in der Motorhaube, der aggressive Heckspoiler und selbst die signalroten Schmutzfänger lassen sofort erkennen: der Pajero Evo meint es ernst. Der Mitsubishi ist zwar eine imposante Erscheinung, aber im Vergleich zu modernen SUV gar nicht so groß. Mit etwas mehr als vier Metern Länge ist er einen ganzen Meter kürzer als ein Lamborghini Urus Performante, und dazu ist er auch noch rund 20 Zentimeter schmaler.

Beim Einstieg in den Innenraum des Pajero Evo wird seine vergleichsweise geringere Größe etwas deutlicher. Dennoch geht es keineswegs beengt zu, die hübsch gemusterten Recaros sind angenehm bequem und das kleine Lenkrad liegt gut in der Hand, während der Rest des Wagens um einen herum zu schrumpfen scheint. Das einzige nicht angekreuzte Kästchen auf der Checkliste eines Pajero Evo-Sammlers bezieht sich auf das Getriebe: Über 80 Prozent der Fahrzeuge wurden mit einem Automatikgetriebe gebaut, wie auch unser Modell. Wäre dies ein zweisitziger Sportwagen gewesen, wäre das vielleicht der Sargnagel gewesen. Aber wenn es sich um ein Homologationsfahrzeug eines der größten Hersteller in der Geschichte des Rally-Raid-Rennsports handelt, können wir das verschmerzen.

Bevor wir uns auf die Straße begeben und den Pajero Evo auf den Puls fühlen, sollten wir uns seine Abstammung vergegenwärtigen. Denn er hat sozusagen im Gen-Lotto gewonnen. Mitsubishi gilt schon seit Jahrzehnten als extrem erfolgreich, wenn es um schnelles Fahren abseits befestigter Pisten geht. Die Japaner gewannen ihre erste WRC-Rallye 1974, nur ein Jahr nach der Verleihung des WM-Status durch die FIA: Sieg bei der Safari-Rallye durch den in Kenia lebenden Inder Joginder Singh und seinen Beifahrer David Doig auf einem Colt Lancer. 1983, ein Jahr nach der Markteinführung der ersten Pajero-Generation, nahm Mitsubishi zum ersten Mal an der Dakar teil und belegte mit einem fast komplett serienmäßigen Pajero Platz elf unter 385 Teilnehmern – kein schlechter Einstand. Nur zwei Jahre später war es dann schon so weit, doch der Gesamtsieg von Patrick Zaniroli und Francia Jean Da Silva war nur der Anfang. Denn Mitsubishi gewann die Rallye Dakar in nur 32 Jahren (von 1985-2007) zwölf Mal – bis heute ein einsamer Rekord. (Peugeot folgt mit sieben Erfolgen auf Platz zwei).

Man könnte also sagen, dass der Pajero Evolution bei seiner Vorstellung im Jahr 1997 unter Leistungsdruck stand. Würde ein eigens für die Homologation gebauter Wagen nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, wäre das für Mitsubishi sicherlich ein Armutszeugnis gewesen. Doch der Pajero Evo hatte einige Tricks in petto. Wie eine Vierrad-Einzelradaufhängung, eine Aluminium-Haube und natürlich diesen unverschämten Bodykit. Unter der Motorhaube steckte ein 3,5-Liter-MIVEC-V6-Sauger mit – nach Werksangaben  – 276 PS. Dazu muss man wissen, dass ähnlich wie die tiefgelegten japanischen Sportwagen jener Zeit auch der Pajero Evolution an ein Gentleman's Agreement zwischen den japanischen Herstellern gebunden war. Es sah vor, 280 PS nicht zu überschreiten. „Wenn man einen Pajero Evo auf den Prüfstand stellt, wird man feststellen, dass die meisten mehr als 300 PS leisten“, weiß Milan. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis also!

Wie Sie vielleicht schon vermutet haben, hat der Pajero Evo bei der Rallye Dakar dann nicht nur gut abgeschnitten, er hat sie dominiert. Im Jahr seiner Markteinführung gewann er die Wüstenrallye mit Kenjiro Shinozuka am Steuer, dem ersten japanischen Fahrer, dem dies gelang. Vier Jahre später gewann der Pajero Evo die Rallye Dakar 2001, diesmal mit der Deutschen Jutta Kleinschmidt, als bis heute einzige Frau, die die Dakar gewonnen hat. 

Auf der kurvenreichen Straße entlang der südafrikanischen Küste kann man die Brillanz des Pajero Evo spüren. Während andere Geländewagen dieser Ära beunruhigend abgekoppelt von der Straße wirken, fühlt sich der Pajero Evo eng mit ihr verzahnt und neigt sich in Kurven praktisch nicht zur Seite. Dieses Exemplar ist kein junger Hüpfer mehr und trägt eine gesunde Portion Patina. Aber sein V6 fühlt sich immer noch potent an, er gibt einen wunderbaren, aber nicht übermäßig lauten Motorsound von sich, während wir zwischen Dünen und Gischt fahren. Im Segment der modernen Klassiker hat der Pajero Evo viel zu bieten. Er ist ziemlich selten, denn es wurden nur 2.693 Exemplare gebaut. Er fährt brillant, sieht gut aus, und ist derzeit immer noch recht preiswert zu haben. Während andere Homologationsfahrzeuge dieser Ära bereits auf dem Weg zu stratosphärischen Werten sind, können Sie einen anständigen Pajero Evo immer noch für den Preis eines modernen Hot Hatch erstehen.

Wenn Sie jedoch wie wir davon träumen, einen solchen Wagen in Ihre Garage zu stellen, gibt es ein paar Dinge zu beachten. Wie bei vielen Autos aus den 1990er-Jahren ist Rost ein Problem. Daher sollten Sie das Fahrgestell und den Unterboden vor einem möglichen Kauf gründlich untersuchen. Ein weiterer Punkt, auf den man laut Milan achten sollte, ist der Zahnriemen der Nockenwelle, der aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden sollte. Während einige fälschlicherweise annehmen, der 3,5-Liter-V6-Motor des Pajero Evo habe viele Gemeinsamkeiten mit dem Motor des Serien-Pajero, sollten sie wissen, dass nur der Motorblock identisch ist. Und die Sonderteile sind knapp, so dass man wirklich nicht will, dass etwas kaputt geht. Alles in allem sollte der Pajero Evo jedoch ein angenehmes und stressfreies Fahrerlebnis bieten. Wenn Sie also von Mitsubishis Super-SUV aus den 1990er-Jahren überzeugt sind, sollten Sie schnell handeln. Denn wir rechnen nicht damit, dass diese Fahrzeuge lange erschwinglich bleiben werden.

Fotos von Mikey Snelgar für Classic Driver © 2023